Demokratiebildung in der Migrationsgesellschaft

Ein Fachtag zu demokratiepädagogischen Ansätzen angesichts migrationsgesellschaftlicher Diskriminierungsverhältnisse

am 04. Oktober 2023, Heinrich Böll Stiftung, Schumannstraße 8, 10117 Berlin

 

Bewerbungsfrist 15. Mai 2023

 

 

Deutschland ist eine Migrationsgesellschaft, in der Migration faktisch anerkannt ist und prinzipiell eine gesellschaftliche Normalität ist. Jedoch können nicht alle Menschen gleichberechtigt an gesellschaftlichen Prozessen teilhaben, da mit dem Verweis auf „Migration“ weiterhin Unterscheidungen von Gruppenzugehörigkeiten vorgenommen werden. Das stellt die schulische und außerschulische Demokratiebildung vor eine Herausforderung: Wie kann in einer Gesellschaft mit migrationsbedingter Ungleichheit demokratiepädagogische Arbeit gelingen?

Auf dem Fachtag möchten wir diskutieren, welche Ansätze die schulische und außerschulische demokratiepädagogische Praxis in Bezug auf Ausgrenzungen hinsichtlich von Migration anbietet. Dabei wird eine engere Verknüpfung zwischen wissenschaftlicher Theorie und pädagogischer Praxis im Sinne von Handlungsorientierung und Reflexion angestrebt. Organisiert wird der Fachtag von der DeGeDe im Kompetenznetzwerk „Demokratiebildung im Jugendalter.”

Demokratiebildung als Querschnittsaufgabe in der Schule und in außerschulischer Bildung bietet Methoden und – wichtiger – ermöglicht eine kritische Haltung gegenüber Ungleichheiten und Ausgrenzung. Dazu gehören bspw. die Stärkung von Toleranz gegenüber anderen Meinungen sowie Lebensrealitäten, das Erlernen offener Diskussionskulturen und die Befähigung Kompromisse einzugehen. Demokratiebildung bietet einen Ankerpunkt mit dem Verweis auf die Mündigkeit und damit einer kritischen Urteilsbildung gegenüber gesellschaftlichen Ausschlüssen.

Gleichzeitig sind jedoch Migrations- und bildungspolitische Verdichtungspunkte wie die spät erfolgte politische Anerkennung Deutschlands als Einwanderungsland und die Erkenntnisse aus den PISA‐Studien ab den 2000er Jahren mit den anschließenden Debatten um die Reproduktion von Ungleichheit bekannt. Mit der anschließenden stärkeren Verankerung migrationsbezogener Themen in der Bildungspolitik sind jedoch keine eindeutigen Vorgaben bezüglich diskriminierungskritischer Haltung oder migrationsbedingter Diversität einher gegangen. Die hierbei zugrunde gelegten Verständnisse von Migration und migrationsbezogenen Bedarfen sind unterkomplex: Häufig erfolgt ein defizitorientierter Zugang an das Thema oder es werden ausschließlich Herausforderungen verhandelt. Was zudem immer wieder deutlich wird, ist die Konstruktion von „Migrationsanderen“ und damit die Zuschreibung der Rolle der „Anderen“ in der Gesellschaft. Dieser Zuschreibung können diskriminierende Praxen folgen. Das Feld Migration ist an sich äußerst komplex so wie auch die Migrationsgesellschaft divers ist.

Ein umfassendes Verständnis von Demokratiebildung sieht alle Mitglieder der Gesellschaft als potenzielle Zielgruppe und orientiert sich grundsätzlich an den Anforderungen der Arbeit mit heterogenen Gruppen. Eine wichtige Zielgruppe sind junge Menschen, die in unterschiedlichen sozialen Räumen zur Teilhabe befähigt werden – vor allem in schulischer- und außerschulischer Bildung. Jedoch sind Schulen „Sorting Machines“, die nicht nur nach Leistung unterscheiden, sondern auch nach sozialen Kategorien, wodurch Ungleichheiten festgeschrieben werden. Gleichzeitig können Bildungsangebote außerschulischer Jugendbildung nicht langfristig wahrgenommen werden, da die Angebote für begrenzte Zeit gelten und die jungen Menschen situativ und sporadisch zusammenkommen, was nicht nachhaltig genug ist, um gegen Ungleichheiten und Ausgrenzung vorzugehen.

Braucht nun die Demokratiebildung eine konzeptionelle Schwerpunktsetzung hin zu mehr kritischer Haltung gegenüber Ungleichheitsverhältnisses, Diskriminierung und Ausgrenzung? Am Beispiel von migrationsgesellschaftlichen Ungleichheitsphänomenen widmet sich dieser Fachtag demokratiepädagogischen Auseinandersetzungen in Bildungspraxis und -wissenschaft.

Wir laden daher Beiträge ein, die sich mit folgenden Themenfeldern beschäftigen:

  • Außerschulische Demokratiebildung im Jugendalter mit Fokus „Migrationsgesellschaft“
  • Der Kontext Schule, Demokratiebildung und Migrationsgesellschaft
  • Diversitätssensible Demokratiebildung jenseits der Integrationsdebatte: “Angebote” für geflüchtete Menschen
  • Intersektionale Perspektiven in der Demokratiebildung
  • Demokratiebildung mit diskriminierungskritischem Schwerpunkt

Wir begrüßen unterschiedliche gesellschaftliche Perspektiven von (Nachwuchs-)Wissenschaftler*innen, zivilgesellschaftlichen Akteur*innen, Aktivist*innen, Praktiker*innen aus dem Feld der Demokratiebildung, Lehrkräften sowie pädagogischen Fachkräften. Zudem laden wir Schüler*innen und junge Menschen ein, sich aktiv an den Diskussionen auf dem Fachtag zu beteiligen.

Im Anschluss an die Fachtagung ist eine Publikation der Beiträge geplant.

Bewerbung

Wir bitten Sie, Abstracts für Workshop-Formate (max. 2000 Zeichen) bis zum 15.05.2023 per E-Mail an Uğur Elhan ugur.elhan@degede.de zu senden. Die Auswahl der Beiträge für die Fachtagung wird von der Arbeitsgruppe „Demokratiepädagogische Forschung“ der DeGeDe im Rahmen des Kompetenznetzwerkes – Demokratiebildung im Jugendalter im Mai erfolgen. 

 

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