Das Berliner Bildungssystem bildungsgerechter gestalten

Die Deutsche Gesellschaft für Demokratiepädagogik e.V. (DeGeDe) ist ein Netzwerk von Akteur*innen aus Erziehungs- und Bildungspraxis, erziehungswissenschaftlicher Forschung sowie Bildungsadministration und Bildungspolitik, das sich zum Ziel gesetzt hat, nationale und internationale Diskurse zur Demokratiepädagogik zu fördern, zu bündeln und Impulse zu setzen.
Das Bildungssystem soll die Schüler*innen befähigen, eine faire Chance zur (auch) selbstbestimmten Teilhabe an der Gesellschaft ergreifen zu können, was voraussetzt, dass die Schüler*innen aufgrund natürlicher und sozialer Merkmale nicht benachteiligt werden, ihre Potentiale und Fähigkeiten optimal gefördert werden und jede(r) einzelne sich anerkannt fühlen kann.
„Daraus entstehen Konsequenzen für Ziele, Inhalte, Methoden und Umgangsformen in jedem Unterricht und für die Leistungsbewertung. .., er schließt die Forderung ein, Mitwirkung und Teilhabe in den verschiedensten Formen und auf den verschiedensten Ebenen des Schullebens und der schulischen Gremien zu erproben und zu erweitern und verlangt die Anerkennung und Wertschätzung von Aktivitäten und Leistungen, mit denen sich die Schüler- und Lehrerschaft über die Schule hinaus an Aufgaben und Problemen des Gemeinwesens beteiligen.“ (Magdeburger Manifest vom 26. Februar 2005)

 

Die Antworten der Parteien sind angefragt. Bereits erhaltenen Antworten sind online.

 

1. Wahlprüfstein:

Ausgleich coronabedingter Lernrückstände für alle Schüler*innen der Berliner Schule

Das Ausmaß der durch Schulschließungen und ungenügenden Wechselunterricht bedingten Lernrückstände ist noch nicht bekannt....(mehr))

Das Ausmaß der durch Schulschließungen und ungenügenden Wechselunterricht bedingten Lernrückstände ist noch nicht bekannt. Forschungsergebnisse und Experten weisen auf erhebliche Folgen für die betroffenen Schüler*innen und die Gesellschaft als Ganzes hin. Ihre Lebenschancen, ihre Teilhabefähigkeiten und -möglichkeiten sind gefährdet. Nach ersten Untersuchungen der OECD sind besonders Schüler*innen betroffen, die nicht gelernt haben, selbständig zu lernen, eher Lernschwache und Schüler*innen mit sogenanntem bildungsfernem Hintergrund.
Die bildungsökonomische Forschung prognostiziert aufgrund älterer vergleichbarer Untersuchungen für die Lernrückstände ein lebenslanges niedrigeres Erwerbseinkommen, für die Gesellschaft ein niedrigeres BSP und eine Verstärkung der Ungleichheit.
Nach dem Jugendhilfemonitor 2021 leidet jedes dritte Kind im Alter von 11-17 Jahren coronabedingt unter psychischen Auffälligkeiten und 80% fühlen sich durch die Pandemie äußerst oder ziemlich belastet.
Dies alles trifft Berlin in besonderer Weise, weil eine Schwäche des Berliner Schulsystems darin liegt, sozio-ökonomisch Benachteiligte und Lernschwache nicht optimal fördern zu können.
In der Öffentlichkeit werden diverse Vorschläge gemacht, die aber noch nicht zu einem stimmigen Konzept verbunden wurden, dass den Schulen auch spezifische und kreative Lösungen ermöglicht. Notwendig ist ein differenziertes Konzept, das über einen reinen Lernausgleich hinausgeht. Ein bundesweit diskutiertes Konzept ist das Hamburger Programm „Anschluss“, in dem Lehramtsstudierende längerfristig den betroffenen Schüler*innen als Mentoren zur Seite stehen sollen, bis diese die Lernrückstände aufgeholt, Selbstwirksamkeit erfahren und so zum Lernen motiviert sind. Die OECD weist in ihrem aktuellen Ländervergleich noch andere Ansätze aus, z.B. Anreizprogramme für Lehrkräfte und andere Pädagog*innen zur individuellen Förderung kleiner Schülergruppen. Ein solches Förderprogramm wird nach Auffassung vieler Expert*innen insgesamt länger als ein Schuljahr laufen müssen.
Berlin hat viele gut ausgebaute Ganztagsschulen. Diese verfügen über die Rahmenbedingungen und Strukturen für die Förderung und Stärkung der Kinder und Jugendlichen, für den Ausgleich von Lernverlusten und die Bearbeitung von Krisenerfahrungen. Im Ganztag könnten die Programme ansetzen und von dort aus auch koordiniert werden.
Das Abgeordnetenhaus hat beschlossen, dass Schüler*innen dieses Schuljahr freiwillig wiederholen können. Nach Aussagen einiger Schulleiter*innenverbände ist dies von den Schulen nicht organisierbar, zum anderen schiebt dieser Beschluss die Verantwortung für die Lernrückstände einseitig den Schüler*innen zu. Zudem werden durch eine Klassenwiederholung nach allen bekannten Untersuchungen Lernrückstände nicht aufgeholt und sind viel teurer als zusätzliche Fördermaßnahmen.
Eine besonders betroffene Gruppe sind die geflüchteten Kinder und Jugendlichen und Menschen in engen Wohnverhältnissen
Für diese Gruppe fehlen die Grundvoraussetzungen, um zuhause am Unterricht teilzunehmen. In den Gemeinschaftsunterkünften fehlen die technischen Voraussetzungen und die personelle Unterstützung. Dies gilt auch für unbegleitete Minderjährige und junge alleinstehende Volljährige in betreuten Jugendunterkünften.

Fragen:
• Welches Konzept für den Ausgleich coronabedingter Lernrückstände und Krisenerfahrungen von Schüler*innen verfolgen Sie?
• Welche Voraussetzungen und Unterstützungsmaßnahmen sind dafür notwendig?
• Was muss getan werden, dass sich die Kreativität der Lehrkräfte und Pädagog*innen für eine umfassende individuelle Förderung entfalten kann?

Antworten der SPD, CDU, Die Linke, Bündnis 90/ Die Grünen und FDP

Antwort der SPD

Welches Konzept für den Ausgleich coronabedingter Lernrückstände und Krisenerfahrungen von Schüler*innen verfolgen Sie?

Die SPD steht für einen klaren Dreiklang aus konsequenten Lernstandserhebungen, zusätzlichen Unterstützungsangeboten und einer Verschlankung der Rahmenlehrpläne.

Die verpflichtenden Lernstandserhebungen dienen uns als Instrument, das wahre Ausmaß der Krisenfolgen in Erfahrung zu bringen und die Nachholbedarfe der Schüler*innen zu kennen. Auf der Grundlage dieser Bedarfe müssen wir passgenaue Unterstützungsangebote bereitstellen. Dazu helfen uns die vom Bund bereitgestellten Sondermittel, mit denen wir zurzeit unsere Programme ergänzen. Ohne diese zusätzlichen Programme wird das Aufholen nicht möglich sein. Schließlich müssen wir den Stoffumfang reduzieren, damit die Schulen Freiräume haben, passgenaue Angebote zu machen. Dazu stehen wir zu der Idee der Mindestrahmenlehrpläne,1 damit Lehrkräfte wissen, wie sie den Stoff am besten reduzieren können und ein Aufholen möglich machen.

Welche Voraussetzungen und   Unterstützungsmaßnahmen sind dafür notwendig?

Die entscheidende Stellschraube sind die zusätzlichen Bundesmittel, mit denen wir zusätzliche Unterstützungsangebote bereitstellen können. Es ist wichtig, dass die Programme nicht im luftleeren Raum hängen. Daher braucht es eine Verzahnung zwischen den regulären schulischen Angeboten, den durch Lernstandserhebungen festgestellten Bedarfen und dem Freiraum, den wir durch einen Mindestrahmenlehrplan schaffen. Die Abstimmung der verschiedenen Instrumente ist das A und O unseres Aufholprogramms nach der Pandemie.

 

Antwort der CDU

Welches Konzept für den Ausgleich coronabedingter Lernrückstände und Krisenerfahrungen von Schüler*innen verfolgen Sie?

Beginnend mit Grundschülerinnen und -schülern mit pandemiebedingt erhöhtem Förderbedarf soll die Bereitstellung von Bildungsgutscheinen das Aufholen von Lernrückständen ermöglichen. Bei einer Programmlaufzeit von einem Jahr sollen die Gutscheine für wöchentlich zwei Nachhilfestunden von den Schülerinnen und Schülern bei anerkannten privaten Bildungsträgern eingelöst werden. Die Feststellung des Förderbedarfs erfolgt durch die Lehrkräfte unter Berücksichtigung des derzeitigen Lernstandes der Kinder sowie ihrer Unterrichts- und Prüfungsleistungen. Ausgehend von bis zu 34.000 teilnehmenden Grundschülerinnen und -schülern, die aufgrund der pandemiebedingten Schulschließungen einen erheblichen Förderbedarf aufweisen, sowie einem Aufwand von 15 Euro pro Kind und Stunde, ergibt sich ein Mittelbedarf in Höhe von 58 Millionen Euro.

Wir werden dauerhaft freiwillige Ferienschulen für alle Jahrgänge einführen, um Schülerinnen und Schülern während der Ferien die Möglichkeit zu bieten, Lernrückstände aufzuholen.

Was muss getan werden, dass sich die Kreativität der Lehrkräfte und Pädagog*innen für eine umfassende individuelle Förderung entfalten kann?

Lehrkräfte kennen die Herausforderungen ihrer Schüler*innen am besten. Wir müssen ihnen deshalb zutrauen, eigenständige Lösungen für ihre Schützlinge zu finden und ihnen dabei den Rücken freihalten. In der Corona-Pandemie standen wir häufig in dem Zwiespalt, wie viel wir zentral regeln und wie viel wir den Schulen überlassen. Die SPD glaube an die eigenständige Schule und an Lehrkräfte, die in der Lage sind, die passgenauen Lösungen selbst zu finden. Dafür aber brauchen sie Zeit und ein Team, das wir ihnen an die Hand geben wollen. Auf der Steuerungsebene benötigen wir einen Paradigmenwechsel im Umgang mit der Kontrolle der eigenständigen Schule. Es wird weniger um eine Inputkontrolle gehen, sondern um die erzielten Ergebnisse, um den Output. Endscheidend ist daher welchen Output wir messen – woran erkennt man eigentlich gute Bildung. Diese verbindlichen Zielvereinbarungen in Verbindung mit mehr Freiraum bei der Umsetzung ist die entscheidende Stellschraube für Schulleitungen und vor allem Schulaufsichten, die immer wichtiger wird je eigenständiger die Schule wird.

 

Die LINKE

Welches Konzept für den Ausgleich coronabedingter Lernrückstände und Krisenerfahrungen von Schüler*innen verfolgen Sie?

DIE LINKE Berlin ist davon überzeugt, dass viele Schüler:innen in den beiden Corona-bestimmten Schuljahren auch Erfahrungen gesammelt und Kompetenzen erworben haben, die sie – bei entsprechender Unterstützung – stark fürs Leben machen. Diese Schuljahre sind nicht „verloren“, auch wenn das in der Öffentlichkeit immer wieder so dargestellt wird. Insbesondere Schüler:innen, die in den letzten beiden Schuljahren ihre Abschlüsse geschafft haben, haben Besonderes geleistet. Das müssen wir ihnen und der Gesellschaft vermitteln. Darüber hinaus gilt es, auch die Anstrengungen der Eltern sowie die Leistungen von Schulleitungen, Lehrkräften, Erzieher:innen und Schulsozialarbeiter:innen, Schulhelfer:innen, Pädagogischen Unterrichtshilfen, IT-Fachkräften, Hausmeister:innen und Reinigungskräften, also allen an Schulen Beschäftigten, öffentlich zu würdigen. Sie alle haben in den vergangenen anderthalb Jahren Enormes geleistet, oft sogar bis an die individuelle Belastungsgrenze.

Um negativen Auswirkungen der Pandemie zu begegnen – insbesondere für Kinder, die in Armut aufwachsen und/oder zu Hause nur wenig Unterstützung erfahren – müssen aus Sicht der LINKEN die folgenden Schritte unternommen werden:

  • Es muss weiterhin alles dafür getan werden, dass Schule für alle Lehrenden und Lernenden ein sicherer Arbeits- und Lernort wird. Um Ausbrüche an Schulen zu verhindern, müssen den Beschäftigten und Schüler:innen bis zur möglichen Impfung Masken und Tests in ausreichender Menge zur Verfügung gestellt sowie die zusätzlichen Tagesreinigungen beibehalten werden. Zusätzlich müssen Luftfilteranlagen zur Grundausstattung jeder Schule gehören. Die rot-rot-grüne Koalition wird die dafür notwendigen Mittel zur Verfügung und die Geräte bis zum Herbst allen Schulen zur Verfügung stellen.

Wir müssen Impfangebote für Oberschulen schaffen, über die Angebote an den OSZ hinaus. Eltern, die ihre Kinder impfen lassen möchten, ist bei Bedarf eine gute Beratung im Vorfeld zu ermöglichen. Schüler:innen ab dem 12. Lebensjahr und ihren Eltern soll über Impfbusse eine Impfangebot vor Ort an den Schulen gemacht werden oder ein Shuttle zu zentralen Impforten eingerichtet werden. Dieses Angebot soll auch von noch ungeimpften Beschäftigten genutzt werden können.

  • Schüler:innen und pädagogisches Personal brauchen Zeit, um zu lernen, zu wiederholen, zu üben, Zeit für Projekte und individuelle Förderung. Deshalb sind Mindeststandards aus dem gemeinsamen Rahmenlehrplan für jedes Fach und jeden Jahrgang, die im laufenden und kommenden Schuljahr erreicht werden müssen, durch den Senat festzulegen. Nur auf dieser Grundlage können Lehrkräfte und ihre Gremien entsprechend ihrer individuellen Situation die schulinternen Curricula überarbeiten und ein angepasstes Nachholen und Fördern planen. Je nach Situation sollten dafür bis zu zwei Jahre Zeit gelassen werden.
  • Für einen erfolgreichen Unterricht und ergänzende Förderung und Betreuung brauchen Schu- len ein personelles Unterstützungssystem. Daher sind zusätzliche Lehrkräfte, Erzieher:innen und weiteres Personal nicht für zwei Jahre begrenzt, sondern langfristig einzustellen.
  • Für dauerhafte und temporäre Projekte im Rahmen des Ganztags sollen Künstler:innen und außerschulischen Bildungs-, Kultur- und Freizeitpartnern, z.B. Sportvereine, Bibliotheken, Thea- ter, Museen, Galerien und Gedenkorten, Möglichkeiten geboten werden, in- und außerhalb von Schulen mit Kindern und Jugendlichen zu arbeiten. Außerschulische Lernorte sind zu erhalten und zu stärken. Aus ihrer Mitte sollte verstärkt unterstützendes Personal gewonnen werden.
  • Für Lehramtsstudierende im Master soll weiterhin die Möglichkeit bestehen, Schulen per- sonell zu unterstützen. Die geleistete Arbeit soll für das Praxissemester angerechnet werden.
  • Der Ausbau der IT-Infrastruktur mit Breitbandanschluss und WLAN muss in beschleunigtem Tempo erfolgen. Bis dahin muss weiterhin mobiles WLAN für alle Unterrichtsräume zur Verfü- gung gestellt werden. Das im digitalem Lernen Erreichte muss gesichert und ausgebaut wer- den. Lernplattformen sind auszubauen und mit mehr Personal auszustatten. Zusätzlich sind datenschutzrechtlich gesicherte Positivlisten zu erstellen und zu erweitern.
  • Es braucht zeitnah eine Fort- und Weiterbildungskampagne für digitales Lehren durch das LISUM und die regionalen Fortbildungsstellen, auch in Zusammenarbeit mit den Hochschulen und Universitäten.
  • Kreative Lösungen unserer Schulen und schulautonome Entscheidungen müssen generell und insbesondere in Krisenzeiten rechtlich gesichert ermöglicht werden. Die im Rahmen des Senatsprogramms “Stark trotz Corona” vorgesehenen Schulbudgets, mit denen die Schulen eigenständig Maßnahmen zum Abbau von Lernrückständen sowie schulinterne Förderangebo- te zur psycho-sozialen Förderung von Schüler:innen finanzieren können, begrüßt DIE LINKE deshalb ganz ausdrücklich! Die besondere Lage geflüchteter Kinder und Jugendlicher gilt es dabei vor Ort, in den jeweiligen Schulen in erforderlichem Umfang zu berücksichtigen.
  • Bildung entsteht durch Lernen, nicht durch Prüfen! Für das beginnende Schuljahr sollten ähnlich wie in Brandenburg Klassenarbeiten und Klausuren weiterhin in Anzahl und zeitlichem Umfang reduziert werden können. In Krisenzeiten muss auch ein vollständiger Verzicht darauf möglich sein und die Zeugnisbewertung zum Jahres- bzw. Semesterende auf Basis der sonstigen Bewertung erfolgen können. Zudem sollten PISA- und VERA-Tests ausgesetzt werden können.

Welche Voraussetzungen und Unterstützungsmaßnahmen sind dafür notwendig?

DIE LINKE Berlin sieht an dieser Stelle den Bund deutlich stärker in der Pflicht, denn einmalig Geld auszuschütten, reicht bei weitem nicht aus und baut keine Lernrückstände ab. Der Staat muss dauer- haft sicherstellen, dass in jedem Bundesland gleich gute inklusive Lernbedingungen herrschen. Wir wollen deshalb das Kooperationsverbot abschaffen und dafür sorgen, dass der Bund im Bildungs- bereich finanziell mehr Verantwortung übernimmt. Zudem brauchen wir ein Bildungsrahmengesetz, das gleiche Bildungsstandards für alle Bundesländer setzt.

Grundsätzlich muss der Bund Unterstützung leisten, um in den Schulen eine bessere Personalaus- stattung mit Lehrkräften, Erzieher:innen und Schulsozialarbeiter:innen, IT-Fachkräften, Schulpsycho- log:innen, Schulgesundheitsfachkräften und zusätzlichem pädagogischem Personal sicherzustellen. Wir dürfen nicht nur von multiprofessionellen Teams reden – wir müssen sie endlich ermöglichen!

Der Digitalpakt muss so erweitert und verlängert werden, dass daraus auch digitale Endgeräte und Whiteboards für alle Schulen und alle Schüler:innen angeschafft werden können.

Was muss getan werden, dass sich die Kreativität der Lehrkräfte und Pädagog*innen für eine umfassende individuelle Förderung entfalten kann?

Wie bereits dargestellt, braucht es insbesondere Zeit, um individuell und kreativ auf die Stärken und Schwächen jeder/-s einzelnen Schülerin/-s eingehen zu können. Auch darüber hinaus müssen die Arbeitsbedingungen der Berliner Pädagog*innen verbessert werden, denn gute Bildungsqualität setzt gute Arbeitsbedingungen voraus. Konkret schlagen wir in unserem Wahlprogramm u.a. die folgenden Maßnahmen vor:

  • feste Stundenanteile für mittelbare pädagogische Arbeit, über die für Erzieher:innen beste- hende Regelung hinaus und auch bei freien Trägern, Arbeitsplätze, digitale Endgeräte mit WLAN-Zugang, Diensttelefone, eindeutige Stellenbeschreibungen, eine Stärkung des Arbeitens in multiprofessionellen Teams z.B. durch verbindliche, fest verankerte Teamstunden und ein personelles Unterstützungssystem, einen deutlich besseren Personalschlüssel im eFöB- Bereich (1:15 statt derzeit 1:22);
  • es braucht eine Vertretungsreserve von 10 Prozent, für Unterricht und eFöB sowie pers- pektivisch eine Reduzierung der Unterrichtsverpflichtung für Lehrkräfte und kleinere Klassen;
  • außerdem braucht es eine Ausbildungsoffensive für Lehrkräfte, aber auch für Erzieher:innen, Integrationsfacherzieher:innen und Sozialarbeiter:innen. Die entsprechenden Studien-/Ausbil- dungsplätze sind deutschlandweit bedarfsgerecht zu erhöhen. Die Anzahl der Lehramtsstudienplätze muss deutlich ausgeweitet werden. Darüber hinaus müssen Bedingungen geschaffen werden, die einen erfolgreichen Studienabschluss befördern.

 

Antwort der Bündnis 90/ Die Grünen

Welches Konzept für den Ausgleich coronabedingter Lernrückstände und Krisenerfahrungen von Schüler*innen verfolgen Sie?

Schüler*innen leiden besonders unter der Pandemie. Monatelang fand kein regulärer Unterricht statt. Sie mussten von zu Hause lernen, besuchen die Schule nur an wenigen Tagen in der Woche oder nur wenige Stunden jeden Tag. Schüler*innen kommen mit dieser Herausforderung sehr unterschiedlich zurecht. Insbesondere dort, wo die Eltern nicht über die notwendige Zeit, Ruhe und Geduld verfügen, um Lernen zu begleiten und schulische Defizite auszugleichen, führt dies unweigerlich zu Lernrückständen und Wissenslücken. Hierzu initiiert der Bund unterschiedliche Programme, die es nun in den Berliner Schulen umzusetzen gilt. Hierfür darf nicht nur einmalig Geld zur Verfügung gestellt werden, sondern es bedarf einer gemeinsamen Anstrengung über die nächsten Jahre hinweg. Wichtig ist hierbei insbesondere, Infrastruktur auszubauen und Personal in Berlin zu halten, um Bedarfe vor allem in der psychosozialen Versorgung von Kindern und Familien abzudecken. Zentral ist hierzu und darüber hinaus die Umsetzung des erst kürzlich verabschiedeten Familienfördergesetzes und des Jugendfördergesetzes. Die Institutionen müssen hierzu mit zusätzlichem Personal ausgestattet werden und sich möglichst sozialräumlich orientieren.

Beim Abbau von Lernrückständen mit einer Fokussierung auf die Kernfächer und Kernkompetenzen spielen Feriencamps und Lernwerkstätten eine große Rolle, um Kinder individuell zu fördern. Zudem müssen aber auch unterrichtsbegleitende Maßnahmen in den Kernfächern erfolgen, um passgenau Lernlücken zu schließen. Dies soll mit zusätzlichen Lehrkräften aber auch mit freien Trägern der Jugendhilfe oder mithilfe von Bildungsinitiativen erfolgen. Ein direkter Austausch mit der Schule ist ebenso wichtig, wie eine Vernetzung im Sozialraum.

Viele Kinder und Jugendlichen haben durch die Pandemie ihre gewohnten Abläufe und Bindungen verloren. Insbesondere Kinder und Jugendliche in schwieriger Lage benötigen vielfältige Unterstützung, um Bindungen wieder aufzubauen und soziale Kompetenzen weiter zu stärken. Dies soll durch Mentor*innenprogramme umgesetzt werden, aber auch durch die Stärkung der Freiwilligen Dienste an Schulen sowie eine Ausweitung der Sozialarbeit an Schulen.

Um die Entfaltung von Kreativität der Lehrkräfte und Pädagog*innen für eine umfassende individu elle Förderung zu ermöglichen, benötigen Fachkräfte Zeit und Freiräume. Nur so können sie angepasste Angebote für ihre Schüler*innen entwickeln, diese ausprobieren und umsetzen. Auch scheitern und neu versuchen braucht Zeit. Hierfür wäre ein breiterer offener Diskurs mit den Akteur*innen im Bildungsbereich wünschenswert, der weniger top-down-Entscheidungen für alle vorgibt, sondern das Gespräch zulässt und Vertrauen in die einzelnen Institutionen gibt. Auch die kritische Betrachtung des Lehrplans, mögliche Änderungen, Streichungen etc. ist notwendig. Wir können mit Blick auf die Pandemiesituation nicht erwarten, dass der bisherige Lehrplan von Schüler*innen und Pä- dagog*innen vollumfänglich abgearbeitet wird, sondern müssen hier etwas Flexibilität erlauben.

Zudem ist eine kritische Überprüfung und Anpassung des Lehrplans an die Erfordernisse und Möglichkeiten des 21. Jahrhunderts dringend nötig. Dort, wo es früher wichtig war, Wissen und Fakten zu vermitteln, stehen neben den Basiskompetenzen heute ergänzende Kompetenzen wie z.B. Digital Literacy und Medienkompetenzen.

Nur durch kontinuierliche Fort- und Weiterbildung des pädagogischen Personals kann eine hohe Unterrichtsqualität gesichert werden. Dazu müssen einerseits die Voraussetzungen geschaffen wer- den, dass alle Lehrkräfte sich kontinuierlich fort- und weiterbilden können, zum anderen muss diese Möglichkeit aber auch regelmäßig und nachvollziehbar wahrgenommen werden. Wir wollen Pädagog*innen ermutigen, praktische Ideen zur Verbesserung des Schulsystems und der Schulorganisation, Konzepte zur Unterrichtsentwicklung oder neue Unterrichtsmaterialien zu entwickeln und der Allgemeinheit zur Verfügung zu stellen. Dafür wollen wir die nötigen Voraussetzungen und Freiheiten schaffen.

 

Antwort der FDP

Welches Konzept für den Ausgleich coronabedingter Lernrückstände und Krisenerfahrungen von Schüler*innen verfolgen Sie?

Die FDP im Abgeordnetenhaus von Berlin hat vor der Sommerpause ein Hausaufgabenheft für die Bildungssenatorin in die parlamentarische Beratung eingebracht, das Voraussetzungen für die Wiederaufnahme des Unterrichts nach den Schulferien beschreibt: https://pardok.parlamentberlin.de/starweb/adis/citat/VT/18/DruckSachen/d18-3807.pdf

Zur Behebung der Lernrückstände leisten die Angebote der Sommerschulen einen wichtigen Beitrag, der freilich einer noch größeren Schülerzahl zur Verfügung stehen sollte. Schon in der Pandemie hat das Projekt Lernbrücken wichtige Dienste für den unverzichtbaren Kontakt mit besonders anleitungs- und förderbedürftigen Schülern geleistet. Wir haben das begrüßt und werten die dort gemachten Erfahrungen aus, um die richtigen Schlüsse für die Fortsetzung und Vertiefung geeigneter Maßnahmen zu ziehen.

Schon im November 2020 hat die FDP im Abgeordnetenhaus einen Antrag zu “Lehren und Lernen aus und nach der Pandemie” in die parlamentarischen Beratungen eingebracht, der auch die Erschließung zusätzlicher Räume für Schülerinnen und Schüler ohne eigenen Platz zum konzentrierten Lernen zuhause einfordert. Sie sollten in den Schulen und deren Umfeld (in Vereinsheimen, Kirchengemeinden etc.) erschlossen werden. Die Vorteile und Möglichkeiten der Digitalisierung müssen für alle im Bildungsbetrieb (Lehrerinnen und Lehrer, Schülerinnen und Schüler, Sozialarbeiterinnen, Sozialarbeiter, Verwaltungskräfte) für das angeleitete Lernen aus der Distanz, aber auch den Präsenzunterricht zugänglich sein und damit fruchtbar gemacht werden.

Die Lehrkräfte und Pädagogen (m/w/d) müssen sich auch ihre pädagogische Kernkompetenz konzentrieren können und z.B. bei administrativen Aufgaben stärker entlastet werden. Dazu brauchen wir multiprofessionelle Teams an den Schulen (für Unterricht, Sozialarbeit, psychosoziale Begleitung, IT-Betreuung, Administration). Jede Schule soll neben der Schulleitung eine Verwaltungsleitung bekommen.

Diese „Schulmanager“ und „Schulmanagerinnen“ sollen die Lehrkräfte und die pädagogische Schulleitung von Verwaltungsaufgaben entlasten. Durch diese Trennung erreichen wir eine klare Fokussierung auf die jeweiligen Aufgaben und eine höhere Gesamtqualität in beiden Bereichen.

 

 

 

2. Wahlprüfstein:

Sicherung der sprachlichen und mathematischen Basiskompetenzen aller Schüler*innen der Berliner Schule

Sprachliche und mathematische Kompetenzen gelten unstrittig als Querschnitts-bzw. Basiskompetenzen für die Teilhabe an der Gesellschaft...(mehr)

Sprachliche und mathematische Kompetenzen gelten unstrittig als Querschnitts-bzw. Basiskompetenzen für die Teilhabe an der Gesellschaft. Aufgabe der Schule ist es, alle Schüler* innen in diesen Kompetenzbereichen auf ein Niveau zu bringen, das den Mindeststandards entspricht und sie zur Teilhabe befähigt.
Alle vorliegenden Studien zeigen, dass eine große Gruppe Berliner Schüler*innen nicht mal die mit den Mindeststandards verbundene Leistung erreicht. Nach den aktuellen IQB-Bildungstrends betrifft dies in Mathematik ca. 34% aller Schüler*innen der 9. Klassen, in Deutsch ca.20% der 4. Jahrgangsstufe.
Bundesländer mit vergleichbarer Zusammensetzung der Schülerschaft und gleichen bzw. geringeren personellen und finanziellen Mitteln erreichen höhere Leistungsniveaus. Das zeigt, dass das Berliner Schulsystem ein erhebliches Effizienzproblem hat.
Eine von der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie eingesetzte Expertenkommission hat im Oktober 2020 Vorschläge u.a. für die Qualitätssteigerung des Mathematik- und Deutschunterrichts vorgelegt.
Berlin hat laut Gutachten gute unterrichtsnahe Förderkonzepte, die aber bei den Schulen nicht ankommen. Auch zusätzliche Stellen würden nicht in vollem Umfang zweckentsprechend eingesetzt. Es wird eine Strategie vorgeschlagen, verbindliche Maßnahmen bei Kompetenzdefiziten einzuleiten, die nach einem systematischen und datenbasierten Verfahren festgestellt wurden.

Fragen:
• Welche Maßnahmen halten Sie für notwendig, damit alle Schüler*innen über die zur gesellschaftlichen Teilhabe notwendigen Basiskompetenzen verfügen?
• Welche Ziele halten sie in der kommenden Wahlperiode für erreichbar?
• Wie können offensichtliche Effizienzprobleme des Berliner Bildungswesens verringert oder sogar beseitigt werden?

Antworten der SPD, CDU, Die Linke, Bündnis 90/ Die Grünen und FDP

Antwort der SPD

Welche Maßnahmen halten Sie für notwendig, damit alle Schüler*innen über die zur gesellschaftlichen Teilhabe notwendigen Basiskompetenzen verfügen?

Wir brauchen einen stärken Fokus auf die Schlüsselkompetenzen Lesen, Schreiben und Mathe. Berlin stellt rund 1.300 Stellen für die Sprachförderung bereit, die teils unmittelbar für die schulische Sprachförderung genutzt werden und teils in zusätzliche Lerngruppen fließen. Allerdings stellen wir fest, dass rund zwei Drittel der bereitgestellten Mittel nicht zweckentsprechend verwendet werden.2 Die Mittel versickern zu häufig im System. Wir benötigen hier ein systematisches Controlling. Der Einsatz der Mittel muss künftig mit einer Feststellung der Lernstände der Schüler*innen und einer Feststellung des Fortbildungsbedarfs der Lehrenden gekoppelt werden.3 Erfolge müssen messbar werden. Die entsprechenden Fortbildungsangebote müssen beim zu errichteten Berliner Landesinstitut für Schulen gebündelt und zentral organisiert werden.4 Das gleiche gilt im Bereich Mathematik. Mittelfristig muss der Anteil des fachfremd unterrichteten Deutsch- und Matheunterrichts dann spürbar reduziert werden.5

Welche Ziele halten Sie in der kommenden Wahlperiode für erreichbar?

Die Stärkung der Schulverträge, also die Verknüpfung der eingesetzten Mittel mit messbaren Erfolgen, erachten wir für notwendig und realistisch. Das gleiche gilt für die Errichtung des Berliner Landesinstituts für Schulen als zentrale Unterstützungseinrichtung im Bereich der Fortbildungen. Besonders freuen wir uns in der kommenden Legislatur auf eine hohe Anzahl von Berliner Lehramtsabsolvent*innen, die endlich zu einer spürbaren Entlastung des Fachkräftemangels beitragen werden. Das sind auch Früchte der seit 2016 von uns erwirkten Erhöhung der Lehramtsplätze an den Berliner Hochschulen. Damit können wir u. a. den Anteil des fachfremd unterrichteten Deutsch- und Matheunterrichts reduzieren. Natürlich hoffen wir, dass sich die ganzen Maßnahmen auch in den Ergebnissen der Vergleichstest widerspiegeln und sich daran auch eine Verbesserung der Schulqualität und ein Rückgang der Risikogruppen ablesen lässt. Allerdings befürchte ich, dass wir zumindest im nächsten Jahr viel Energie darauf verwenden müssen, die Corona-bedingten Lernrückstände auszugleichen, die sich gerade im sprachlichen und mathematischen Bereich manifestiert haben dürften.

Wie können offensichtliche Effizienzprobleme des Berliner Bildungswesens verringert oder sogar beseitigt werden?

Das zentrale Instrument zur Erfolgskontrolle der eingesetzten Mittel sieht die SPD in den Schulverträgen. In diesen vereinbaren die Schulaufsichten mit den Schulen messbare Ziele. Im Kern geht es dabei darum den Output messbar zu machen und anhand dessen eine Mittelzuweisung vorzunehmen. Im Gegenzug lassen wir den Schulen den Freiraum über das „wie“ der Mittelverwendung frei zu entscheiden. Wenn es uns darüber hinaus gelingt, die vielen Parallelstrukturen und Angebote zu bündeln und organisatorisch zusammenzufassen, sind wir auf einem guten Weg zur effizienteren Schulverwaltung

 

Antwort der CDU

Welche Maßnahmen halten Sie für notwendig, damit alle Schüler*innen über die zur gesellschaftlichen Teilhabe notwendigen Basiskompetenzen verfügen?

Wir wollen die Klassengrößen an Grundschulen auf 20 Schülerinnen und Schüler begrenzen, um eine individuelle Förderung zu ermöglichen.

Wir werden die Sprachförderung mit dem Beginn der Kita über die gesamte Bildungslaufbahn hinweg systematisch stärken. Entwicklungs- und Sprachdefizite müssen frühzeitig erkannt und behoben werden. Vor Eintritt in die Schule ist ein vorschulischer Test durchzuführen. Dieser muss neben einem Sprachtest auch einen Motoriktest umfassen. Bei erkannten Defiziten sind verpflichtende Fördermaßnahmen durchzuführen. Eltern müssen über die individuellen Fördermöglichkeiten von Förderzentren informiert werden.

Wir werden die bewährte und gut angenommene Vorschule wieder einführen, um Kinder behutsam und altersangemessen an den Schulalltag heranzuführen. Die Vorschulklassen bieten die gute Möglichkeit, Sprachdefizite gezielt abzubauen und motorische Fähigkeiten zu fördern. Vorschulklassen haben eine gute schulvorbereitende Wirkung, ohne die Kinder zu überfordern. Wir wollen die Kitas zu echten vorschulischen Lernorten machen.

Wir werden sicherstellen, dass mehr Unterrichtszeit als bisher verpflichtend in das Erlernen dieser Grundfertigkeiten fließt. Leistungserwartungen beispielsweise beim Wortschatz oder beim Schrifterwerb müssen gehoben statt gesenkt werden. Dazu gehört für uns auch das Erlernen der verbundenen Schreibschrift.

Wir werden dafür sorgen, dass unseren Kindern die Lese- und Rechtschreibkenntnisse der deutschen Sprache ab der ersten Klasse beigebracht werden. Fehler in Grammatik und Rechtschreiben sind von Anfang an kenntlich zu machen und zu korrigieren. Wir wollen, dass diagnostische Tests die Regel werden und die Durchführung und Auswertung dieser Tests transparent erfolgen.

Um Defizite zu erkennen und entsprechende Fördermaßnahmen einzuleiten, müssen die Leistungsstände frühzeitig und für Eltern und Schüler transparent erfasst werden. Dies kann durch die Einführung berlinweit einheitlicher Vergleichsarbeiten mit einheitlichen Korrektur- und Bewertungsvorgaben gewährleistet werden. Solche Vergleichsarbeiten tragen auch zu einer stärkeren Angleichung der Standardisierung der Berliner Grundschulen bei.

Ziel muss sein, dass alle Berliner Grundschüler mindestens die von der KMK gesetzten Regelstandards erfüllen.

 

Antwort die Linke

Welche Maßnahmen halten Sie für notwendig, damit alle Schüler*innen über die zur gesellschaftlichen Teilhabe notwendigen Basiskompetenzen verfügen?

Sichere (Bildungs-)Sprachkenntnisse in Deutsch haben nachhaltigen Einfluss auf den Bildungsweg und die Teilhabechancen jeder/-s einzelnen Schülerin/-s. Das gleiche gilt für das mathematische Grundverständnis. Die rot-rot-grüne Koalition hat deshalb in der laufenden Wahlperiode große Anstrengungen unternommen, um insbesondere diese Basiskompetenzen zu steigern. Mit dem Qualitätspaket hat der rot-rot-grüne Senat im Januar 2019 einen tiefgreifenden Prozess zur Steigerung der Bildungsqualität insbesondere in diesen beiden Feldern in Gang gesetzt:

Im Rahmen der “Qualitätsoffensive Deutsch” wurde die Stundentafel im Fach Deutsch für die Klassenstufen 1 bis 4 um jeweils eine Wochenstunde erhöht. Außerdem wurden konkrete methodi- sche Festlegungen getroffen, um die Unterrichtsqualität zu steigern (verbindliche Lese- und Schreib- flüssigkeitstraining sowie Rechtschreibgespräche). Die Schulen erhalten dafür Qualifizierungsan- gebote und Materialien vom Zentrum für Sprachbildung.

Im Rahmen der „Qualitätsoffensive Mathematik“ wurden neue Programme entwickelt und bestehende Programme erweitert. Insbesondere die beiden Programme „Mathematik wirksam fördern“, das die Diagnose- und Förderkompetenz von Lehrkräften an Grundschulen stärkt und das Programm „Mathematik sicher können“, das Lehrkräften ein Fortbildungsangebot mit konkreten Unterrichtsmaterialien unterbreitet, wurden zum Schuljahr 2021/22 noch einmal deutlich ausgeweitet.

Wir sind davon überzeugt, dass mit diesen Maßnahmen ein wichtiger Grundstein für die Steigerung der Basiskompetenzen Berliner Schüler:innen in Deutsch und Mathematik gelegt wurde. Die empirische Bildungsforschung geht von Wirkungszeiträumen von drei bis vier Jahren aus, bis die Wirkungen von Innovationen bewertet werden können. Angesichts der tiefgreifenden Auswirkung- en, die die Pandemie für den schulischen Alltag mit sich gebracht hat, dürfte sich dieser Zeitraum tendenziell noch verlängern. Diese Zeit sollten wir uns nehmen, ehe wir die Maßnahmen abschlie- ßend beurteilen und ggfs. Anpassungen vornehmen oder gänzlich neue Instrumente entwickeln.

Wichtig ist uns an dieser Stelle auch der Hinweis, dass DIE LINKE eine einseitige Fokussierung auf Mathematik und Deutsch, wie sie in der bildungspolitischen Diskussion der letzten Jahre wiederholt zu beobachten war, ablehnt. Bildung soll allen die Möglichkeit geben, ihren Anlagen entsprechend lernen zu können und das bezieht sich auf alle Fächer der Stundentafel. Auch historische, demokratische, naturwissenschaftliche, musische und kulturelle Bildung gehören dazu, um unseren Schüler:innen die Entwicklung zu eigenständigen Persönlichkeiten zu ermöglichen.

Welche Ziele halten sie in der kommenden Wahlperiode für erreichbar?

Grundsätzlich sehen wir beim Thema Unterrichtsqualität und Sicherung von Basiskompetenzen den Fachkräftemangel und die Belastung der Berliner Pädagog:innen als zentrale Herausforderungen an. Die von Ihnen angesprochenen Sprachförderstunden etwa werden erst dann flächendeckend bei den Schüler:innen ankommen, wenn es die Grundausstattung der Schulen erlaubt, kurzfristige Ausfälle anderweitig aufzufangen – sprich: eine ausreichend große Vertretungsreserve besteht. Wir streben eine verbindliche Reserve von 10 Prozent an – und zwar für den Unterricht und den eFöB- Bereich. Auch fachfremder Unterricht und der Einsatz von Quereinsteiger*innen in der Schuleingangsphase kann nur dann eingedämmt werden, wenn genug ausgebildete Lehrkräfte zur Verfügung stehen.

Die rot-rot-grüne Koalition hat sich mit der Erhöhung der Lehramtsstudienplätze im Rahmen der letzten Hochschulverträge deshalb auf den Weg gemacht. Jetzt müssen wir dafür sorgen, dass diejenigen, die ein Lehramtsstudium beginnen, dies auch erfolgreich zu Ende bringen. Die Arbeitsbedingungen an unseren Schulen müssen dringend verbessert werden. Da der Fachkräftemangel ein bundesweites Problem ist, das Berlin nur schwer allein auf Landesebene lösen kann, schlagen zudem vor, eine Bundesratsinitiative für mehr Studienplätze im Lehramt zu initiieren und einen Staatsvertrag zur Deckung des Lehrkräftebedarfs abzuschließen.

Parallel müssen wir die Ausbildungsbedingungen im Quereinstieg verbessern. Quereinsteiger*innen sind keine fertig ausgebildeten Lehrkräfte. Diese zum Großteil hochmotivierten und engagierten Kolleg:innen brauchen selbst Zeit, um zu lernen – und dementsprechend gerade zu Beginn ihrer Ausbildung eine geringere Unterrichtsverpflichtung. Zudem müssen Mentor:innenstunden und eine individuelle Betreuung verbindlich abgesichert werden. Auch die Q-Master-Studiengänge wollen wir weiter ausbauen. Und wir müssen Wege finden, nicht voll ausgebildete Lehrkräfte gleichmäßiger zu verteilen. Konkret wollen wir die Castingverfahren abschaffen und stattdessen eine zentrale Bewerbung (unter Angabe von Wunschschulen) und Verteilung der Bewerber:innen ermöglichen. So werden auch Schulen in sozialen Brennpunkten mehr gut ausgebildete Lehrkräfte erhalten.

Wie können offensichtliche Effizienzprobleme des Berliner Bildungswesens verringert oder sogar beseitigt werden?

Bildung folgt nicht in erster Linie der Effizienz einer ökonomischen Verwertungslogik. Die Berliner Gemeinschaftsschule kann z.B. nachweislich (siehe die Berichte der wissenschaftlichen Begleitung) bessere Lernergebnisse erzielen und arbeitet mit einem bildungsreformerischen Ansatz, der für uns die Schule der Zukunft markiert. Solche Ansätze werden wir weiter unterstützen und ausbauen.

 

Antwort der Bündnis 90/ Die Grünen

Welche Maßnahmen halten Sie für notwendig, damit alle Schüler*innen über die zur gesellschaftlichen Teilhabe notwendigen Basiskompetenzen verfügen?

Wichtig für die Sicherung der sprachlichen und mathematischen Basiskompetenzen ist die Qualität von Bildung. Die beginnt mit der Lehrkräfteausbildung an den Hochschulen, die die Lehrkräfteausbildung ebenfalls an die Anforderungen des 21. Jahrhunderts anpassen müssen. Gut ausgebildete Lehrkräfte müssen den Dreiklang aus Methodik, Didaktik und Diagnostik in die Schulen und für ihre Schüler*innen einbringen. Basiskompetenzen zu vermitteln, muss außerdem früh beginnen. Da reichen nicht nur die Institutionen, sondern die Familien müssen mitgenommen und Eltern empowert werden. Ein Beispiel dafür ist das Programm der Elternbegleiter*innen für welches wir Bündnisgrüne gekämpft haben und das in Neukölln und Spandau an einzelnen Grundschulen auch bereits gestartet wurde.

Die Köller-Kommission, die von der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie (SenBJF) ein- gesetzt wurde, hat einen Bericht zur Qualitätssteigerung in den Berliner Schulen vorgelegt. Dieser sollte weiter diskutiert werden.

Das Konzept der Sprachkitas hat sich bewährt. Diese wollen wir weiter ausbauen. Auch dafür muss die Fachkräfteausbildung in Richtung frühkindliche Bildung verstärkt werden.

Die meisten Entscheidungen zum Schulablauf, insbesondere auch während der Pandemie, werden per Verordnung durch die Senatsverwaltung in die Schulen hineingetragen. Vielerorts entstehen so Missverständnisse, Unzufriedenheit und Unsicherheit. Ziel muss es sein, einen Diskurs mit allen Akteur*innen, die im Bildungssystem arbeiten zu starten, um Erfahrungen auf breiter Ebene auszutauschen und darauf aufbauend Maßnahmen zu entwickeln. Ein wichtiger Baustein diesbezüglich ist die Prüfung und gegebenenfalls Veränderung von Strukturen und Maßnahmen in der SenBJF mit dem Ziel transparenter Arbeitsprozesse und einer höheren Beteiligung.

 

 

Antwort der FDP

Welche Maßnahmen halten Sie für notwendig, damit alle Schüler*innen über die zur gesellschaftlichen Teilhabe notwendigen Basiskompetenzen verfügen?

Wir nehmen den Rat wissenschaftlicher Studie, z.B. der Köller-Kommission zur Qualität in der Bildung sehr ernst. Wir wollen allen Kindern schon ab der Kita den bestmöglichen Platz zur Förderung ihrer kognitiven, motorischen, sozialen, sprachlichen, musischen und mathematischen Fähigkeiten bereitstellen. Wir setzen uns dafür ein, dass in jeder Kita ab dem ersten Tag eine Sprachförderung stattfindet. Die Finanzierung der Sprachförderung muss unabhängig von einer normierten Quote sein. Wir fordern die besondere Stärkung der Schuleingangsphase mittels einer Untermauerung der Entwicklungsdiagnostik für Sprachfähigkeit, Rechenfähigkeit und Selbstregulation. Dafür bedarf es verbindlicher Sprachstandardtests für alle Kinder im Alter von drei bis vier Jahren. Die Teilnahme an diesen Erhebungen ist verpflichtend, da Jahr für Jahr Hunderte Kinder durch das Raster fallen, weil die Teilnahme an den Tests nicht nachgehalten wird. Dies werden wir abstellen.

Wir wollen die Schulpflicht durch ein qualifizierendes Schulvorbereitungsjahr (Vorschule) im Jahr vor der Einschulung ausweiten. Wir wollen dafür sorgen, dass Kinder ein Grundniveau an Fähigkeiten erlangen, die für den Schulbesuch notwendig sind. Neben motorischen Fähigkeiten, wie z. B. dem Halten eines Stiftes, der Benutzung einer Schere und dem Binden einer Schleife, umfasst dies die Stärkung der außerfachlichen Kompetenzen (Soft Skills), der Frustrationstoleranz, der Sprachkompetenz und des sozialen Miteinanders. Diese müssen sich im letzten Kitajahr an eindeutig definierten Lernzielen der Vorschularbeit orientieren. Für eine wirksame Bildungsarbeit mit dem einzelnen Kind ist die Anpassung der jeweiligen Fördermethode an den individuellen Entwicklungsstand unabdingbar. Wir wollen erreichen, dass die mittelbare Arbeit (u. a. Diagnostik, Beobachtungen, Elterngespräche) der pädagogischen Fachkräfte auch vollständig anerkannt wird und vollumfänglich in die Personalschlüssel einfließt.

 

3. Wahlprüfstein:

Sicherung digitaler Basiskompetenzen aller Schüler*innen der Berliner Schule

Wie die sprachlichen und mathematischen sind auch die digitalen Kompetenzen grundlegend für eine Teilhabe an der Gesellschaft....(mehr)

Wie die sprachlichen und mathematischen sind auch die digitalen Kompetenzen grundlegend für eine Teilhabe an der Gesellschaft. Die Coronapandemie hat die unzureichende digitale Ausstattung und die unzureichenden Kompetenzen vieler Pädagog*innen noch einmal offensichtlich gemacht, allerdings sind diese lange bekannt. Die internationale ICLIS-Studie von 2018 (die Studie von 2013 brachte ähnliche Ergebnisse) , die die „computer- und informationsbezogenen Kompetenzen“ der Achtklässler untersucht hat, zeigt für das deutsche Schulsystem weitgehend typische Ergebnisse: die Leistungsstreuung ist hoch, es gibt erhebliche Schulformunterschiede: die Schüler*innen der Gymnasien verfügen über erheblich höhere Kompetenzen in diesem Bereich als die Schüler*innen anderer Schulformen in der Sekundarstufe I, der Anteil der Schüler*innen auf der höchsten Kompetenzstufe ist relativ gering. Die Schule ist auch auf diesem Feld nicht bildungsgerecht und befähigt einen großen Teil ihrer Schüler*innen nicht zur Teilhabe an der Gesellschaft.
Nun haben viele Schulen und viele Pädagog*innen durch das Homeschooling einen „digitalen Sprung“ gemacht. Die Frage ist, wie schnell es Berlin gelingt, drei Aufgaben zu bewältigen: dass alle Schulen eine digitale Infrastruktur bekommen, alle Pädagog*innen fortgebildet sind und im Unterricht und anderen Angeboten der Schule digitale Kompetenzen gefördert werden.
Da die Kompetenzdefizite der Schüler*innen in nicht-gymnasialen Bildungsgängen größer sind, macht es Sinn, Schulen in kritischer Lage und Grundschulen zuerst auszustatten.

Fragen:
• Wie wollen Sie möglichst schnell die Voraussetzungen dafür schaffen, dass die digitalen Kompetenzen aller Schüler*innen gefördert werden können?
• Welche Ziele halten Sie in der kommenden Wahlperiode für erreichbar?
• Welche Organisationsform für diesen Prozess halten Sie für geeignet ( z.B. einen Runden Tisch Digitalisierung) , um die entwicklungshemmenden Strukturen ( Schulverwaltung, Senatsverwaltung, Bezirk) zu überwinden?

Antworten der SPD, CDU, Die Linke, Bündnis 90/ Die Grünen und FDP

Antworten SPD

Wie wollen Sie möglichst schnell die Voraussetzungen dafür schaffen, dass die digitalen Kompetenzen aller Schüler*innen gefördert werden können?

Damit die Digitalisierung der Schulen gelingt müssen drei Perspektiven berücksichtigt werden. Erstens müssen die Rahmenbedingungen, insbesondere die Anbindung der Schulen an das Glasfasernetzt gewährleistet sein. Zweitens müssen wir die Voraussetzungen für digitalen Unterricht in den Schulen schaffen. Dazu braucht es WLAN und ein passives Netz. Drittens braucht es einen zentralen Dienstleister der die Schulen bei der Beschaffung, Instandhaltung und den Umgang mit Hard- und Software unterstützt.

Aber auch die Pädagogik muss sich verändern. Um das zu ermöglichen, streben wir mittelfristig die digitale Lernmittelfreiheit an und entwickeln kurzfristig auf Landesebene ein sozialverträgliches Finanzierungsmodell „Endgeräte als Service“ an, aus welchem Schüler*innen Leihweise Geräte beziehen können. Dafür wollen wir uns auf Bundesebene für eine Weiterentwicklung des Digitalpakts Schule und für seine effiziente Umsetzung im Land Berlin einsetzen. Darüber hinaus erhalten alle Pädagog*innen ein mobiles Endgerät, das sie sowohl für den Unterricht als auch für ihre Verwaltungsaufgaben nutzen können. Wir wollen sowohl datenschutzrechtkonforme und nutzerfreundliche Lernplattformen selber bereitstellen und zugleich die Freiheit der Schulen bewahren sich im Rahmen ihrer Eigenständigkeit für anderen Lösungen zu entscheiden. Dabei unterstützen wir sie in einer datenschutzkonformen Umsetzung. Mit einer Open-Educational-Resources- Strategie und einem attraktiven Anreizsystem motivieren wir Pädagog*innen, sich untereinander zu vernetzen und ihre digitalen Lerninhalte zu teilen. Die digitalen Kompetenzen der Pädagog*innen werden systematisch durch verpflichtende Fortbildungen gestärkt, sodass sie ihren Unterricht an den Ansprüchen einer modernen, digitalen Welt selbständig orientieren können.10 Letztlich müssen digitale Bildungsinhalte in jedem Fach verankert sein und zusätzlich die Informations- und Medienkompetenz gestärkt werden.

 

Welche Ziele halten Sie in der kommenden Wahlperiode für erreichbar?

Die SPD misst ihr Wahlprogramm am Maßstab der Umsetzbarkeit. In der nächsten Legislatur wollen wir über die bereits erfolgten Ausschreibungen einen großen Schritt weiterkommen beim Breitbandausbau der Berliner Schulen und deren Anbindung an das Berliner Landesnetz sowie der Sicherung der passiven Digitalisierungsinfrastruktur. Dies schaffen wir durch eine strukturelle Verzahnung der Schulbau- und Digitalisierungsoffensive. Die Digitalisierung der Pädagogik wollen wir durch ein verpflichtendes Fortbildungsprogramm vorantreiben. Daher wird auch die Errichtung des landesweiten Fortbildungszentrums Priorität haben.

Welche Organisationsform für diesen Prozess halten Sie für geeignet (z.B. einen Runden Tisch Digitalisierung), um die entwicklungshemmenden Strukturen (Schulverwaltung, Senatsverwaltung, Bezirk) zu überwinden?

Die Digitalisierungsoffensive ist wie die Schulbauoffensive eine große gesamtstädtische Aufgabe mit geteilten Zuständigkeiten zwischen Land und Bezirken. Hier können aus den Erfahrungen aus der Schulbauoffensive lernen. Ob das am Ende bedeutet, dass wir eine entscheidungsstarke Taskforce „Schulbau und Digitalisierung einrichten oder auf andere Strukturen zurückgreifen, ist zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht entschieden. Jedenfalls braucht es klare Verantwortlichkeiten, die ein Hin- und Herschieben von Verantwortung verringern. Um die Schulen in ihrer Eigenständigkeit bei der Beschaffung, Instandhaltung und den Umgang mit Hard- und Software unterstützt setzen wir ergänzend auf einen landeseigenen Dienstleister für Digitale Bildung in Berlin.

 

Antwort der CDU

Wie wollen Sie möglichst schnell die Voraussetzungen dafür schaffen, dass die digitalen Kompetenzen aller Schüler*innen gefördert werden können?

Unsere Kinder wachsen in einer Welt auf, die zunehmend vernetzt und digital ist. Der richtige Umgang mit digitalen Angeboten muss daher schon im Kindesalter erlernt werden. Nur so werden unsere Kinder zu gesellschaftlicher Teilhabe befähigt und auf das Arbeitsleben von morgen vorbereitet. Der souveräne Umgang mit Technik und digitalen Lerninhalten gehört im 21. Jahrhundert ebenso zu guter Bildung wie fundiertes Wissen um die Möglichkeiten und Risiken digitaler Techniken.

In den nächsten Jahren müssen wir deshalb vor allem einen Schwerpunkt darauf legen, die Schulen fit für die Digitalisierung zu machen, um die jungen Menschen auf ihr Berufsleben im digitalen Zeitalter vorzubereiten.

Grundvoraussetzung ist, dass alle Schulen über schnelles Internet verfügen. Dazu werden wir in einem ersten Schritt alle Berliner Schulen, Berufsschulen und Volkshochschulen so schnell wie möglich an das Breitbandnetz anschließen.

Allein die Einrichtung der digitalen Infrastruktur an unseren Schulen sorgt jedoch noch nicht für besseren Unterricht und digitale Bildung. Erst wenn die drei Faktoren pädagogisches Konzept, gut ausgebildete Lehrkräfte und zeitgemäße Ausstattung der Schulen ineinandergreifen, kann die Digitalisierung unserer Schulen gelingen und für den Bildungserfolg der Kinder und Jugendlichen einen echten Mehrwert haben.

Digitale Teilhabe muss für jeden Schüler und jede Schülerin in Berlin gewährleistet sein. Deshalb müssen alle Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte entweder ein eigenes digitales Endgerät besitzen oder ein Leihgerät erhalten, um am digitalen Unterricht teilnehmen zu können. Wir werden eine einheitliche Berliner Schulcloud für alle Schulen in Berlin bereitstellen, die virtuelles Lehren und Lernen ermöglicht. Die neue Berliner Schulcloud muss datenschutzrechtlichen Standards entsprechen und somit eine sichere Datenschutzlage für Lehrerinnen und Lehrer, Schülerinnen und Schüler sowie deren Eltern bieten. Zugleich werden wir dafür sorgen, dass virtuelles Lehren und Lernen zum festen Bestandteil der universitären Ausbildung von Lehrkräften gemacht wird und hierfür das Curriculum entsprechend anpassen. Darüber hinaus fordern wir die verpflichtende digitale Fortbildung für alle Lehrkräfte, die mit dem Erwerb eines Digital-Führerscheins abgeschlossen werden soll.

Medienkompetenz ist eine Schlüsselqualifikation in der digitalen Welt. Wir wollen, dass unsere Kinder im Laufe ihrer Schullaufbahn nicht nur altersgerecht Grundlagen des Programmierens erwerben, sondern auch das lernen, was Computer nicht können: Fragen stellen, abwägen und kritisch urteilen. Unsere Kinder müssen in den Schulen besser auf Chancen und Risiken im Umgang mit digitalen Medien vorbereitet werden. Der Vermittlung von Fähigkeiten und Kompetenzen im Umgang mit digitalen Medien gewinnt zunehmend an Relevanz. Der Schule kommt bei der Vermittlung dieser Kompetenzen eine tragende Rolle zu. Denn das Aufwachsen in einer technologisch geprägten Welt führt nicht automatisch zu kompetenteren Nutzern.

 

Antworten Die Linke

Wie wollen Sie möglichst schnell die Voraussetzungen dafür schaffen, dass die digitalen Kompetenzen aller Schüler*innen gefördert werden können?

Digitale Bildung dient der Förderung vernetzten Denkens und dem Erlernen moderner Kulturtech- niken. Sie ist zentral für Teilhabemöglichkeiten in einer digitalisierten Gesellschaft. Die Auseinander- setzung mit den Folgen der Pandemie auf Kinder und Jugendliche zeigt aber auch, was Digitali- sierung nicht leisten kann und welche Gefahren und Herausforderungen mit ihr verbunden sind. Diese Erfahrungen gilt es zukünftig zu berücksichtigen.

In den letzten anderthalb Jahren hat die Digitalisierung der Berliner Schulen einen vorher nicht zu erahnenden Schub erfahren: Der “Lernraum Berlin”, die digitale Schulplattform des Landes, stei- gerte die Zugriffs- und Nutzungsmöglichkeiten von 400 Accounts im März 2020 auf 108.000 Nutzer:innen im Dezember 2020. Serverkapazitäten und personelle Ausstattung des „Lernraums“ wurden entsprechend massiv erhöht. Um auch Schüler:innen, deren Familien sich keine eigenen Endgeräte leisten können, die Nutzung zu ermöglichen, hat Rot-Rot-Grün 51.000 Tablets zur Verfügung gestellt, z.T. mit W-LAN-Sticks. Auch die Berliner Lehrkräfte werden gerade mit Dienst- geräten und Mailpostfächern ausgestattet. Alle OSZ verfügen mittlerweile über einen Breit- bandanschluss. Die Ausschreibung zum Breitbandanschluss für die allgemeinbildenden Schulen durch das ITDZ läuft. Zur Überbrückung hat das Land Berlin in Größenordnungen mobile LTE-Router für die Schulen bereitgestellt.

Diesen Prozess wollen wir in der kommenden Wahlperiode fortführen und die dafür notwendigen Mittel bereitstellen. Außerdem fordern wir, dass die noch offenen Gelder aus dem Digitalpakt Schule tatsächlich abgerufen werden.

Welche Ziele halten Sie in der kommenden Wahlperiode für erreichbar?

Wir wollen die Rolle von Digitalkompetenzen in der pädagogischen Aus- und Fortbildung stärken. Dafür braucht es Professuren für Medienbildung sowie medienpädagogische Fortbildungskonzepte. Gamification und Augmented Reality, wie sie etwa von medialepfade.org verfolgt werden, sind vielversprechende Ansätze dazu. Die Landesplattform für Offene Bildungsressourcen (OER) wollen wir ausbauen, die Erstellung von OER durch Lehrkräfte fördern und auf Dauer ausfinanzieren. In allen Phasen der Lehrkräftebildung sollte ein Fokus insbesondere auf Daten- und Datenschutz- Kompetenzen als Basis für die Auswahl und Anwendung von digitalen Lehr- und Lernmitteln sowie für den Umgang mit Algorithmen und künstlicher Intelligenz gelegt werden. Die Erhebung von biometrischen Daten von Lernenden sowie KI-basierte Prognosesysteme, die Lernerfolge voraus- sagen, lehnen wir ab.

Auch an den Schulen selbst streben wir ganz konkrete Veränderungen an: Die IT-Beauftragten etwa brauchen mehr Freistellungsstunden und sollen die Schulen aktiv bei der digitalen Schulentwicklung beraten und unterstützen. Mit dem laufenden Doppelhaushalt 2020/21 wurden die notwendigen Mittel für die Einstellung von IT-Administrator*innen bereitgestellt, so dass alle Schulen ent- sprechend ihrer Schüler*innenzahl Unterstützung bekommen. Wir wollen uns dafür einsetzen, dass diese Stellen im öffentlichen Dienst verortet und angemessen eingruppiert werden. Darüber hinaus wollen wir eine feste Zuordnung zu Schulen, im Idealfall über Pools, so dass Vertretungen im Urlaubs- oder Krankheitsfall möglich sind.

Bei den Haushaltsberatungen zum Doppelhaushalt 2022/23 werden wir uns dafür einsetzen, dass – wie im Entwurf des rot-rot-grünen Senats vorgesehen – tatsächlich umfangreiche Mittel für die Be- schaffung von Endgeräten für alle Schüler:innen bereit gestellt werden. Als DIE LINKE setzen wir dabei statt auf Tablets auf die Anschaffung von Laptops, deren Einsatzmöglichkeiten deutlich umfangreicher sind. Digitale Endgeräte müssen als Teil des Existenzminimums jedes Kindes zur Sicherstellung von gleichen Bildungschancen und der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben der Gleichaltrigen im Rahmen von Transferleistungen finanziert werden können. Wir setzen uns außerdem dafür ein, dass nicht nur Lehrkräften, sondern auch dem sonstigen pädagogischen Personal eine von den Personalräten mitbestimmte dienstliche IT-Ausstattung zur Verfügung gestellt wird. Dies betrifft neben Endgeräten auch Mailadressen und Chatmöglichkeiten. Die Dienstgeräte der Lehrkräfte müssen auch mit der notwendigen Software ausgestattet werden. Bei der Ausstattung von Schulen mit digitalen Geräten sollten nachhaltige Beschaffungskriterien verpflichtend sein.

Den nicht kommerziellen „Lernraum Berlin“ wollen wir als Open-Source-Plattform bedarfsgerecht modernisieren und weiterentwickeln. Darüber hinaus wollen wir, dass die Senatsbildungsverwaltung in Absprache mit der Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit eine Positivliste guter Software entwickelt und als Unterstützung für Lehrkräfte und Schulleitungen zur Verfügung stellt sowie bei der Beschaffung unterstützt.

(Siehe dazu auch den Parteitagsbeschluss vom 22. August 2020: https://dielinke.berlin/parteitag/7/4te-tagung/det/news/soziale-ungleichheit-abbauen-digitale- bildung-fuer-alle-schuelerinnen/)

Welche Organisationsform für diesen Prozess halten Sie für geeignet (z.B. einen Runden Tisch Digitalisierung), um die entwicklungshemmenden Strukturen (Schulverwaltung, Senatsverwaltung, Bezirk) zu überwinden?

Wir wollen ein landesweites Bildungskompetenzzentrum sowie einen Beirat für digitale Bildung unter Beteiligung von Schulen, Bezirken, Universitäten, Wirtschaft etc. einrichten. Die Medienkom- petenzzentren in den Bezirken wollen wir ausbauen. Den Breitbandanschluss der Bildungseinrich- tungen und zugehörigen Gebäude wollen wir im Rahmen einer Taskforce aus Land, Bezirken und ITDZ beschleunigen.

 

Antwort der Bündnis 90/ Die Grünen

Wie wollen Sie möglichst schnell die Voraussetzungen dafür schaffen, dass die digitalen Kompetenzen aller Schüler*innen gefördert werden können?

Das Basiscurriculum Medienbildung ist hierfür eine wichtige Basis, bildet die umfassenden Veränd rungen aber nicht allein ab. Die Digitalisierung erfasst alle Bereiche von Schule: die verwaltenden Tätigkeiten, die verschiedenen schulischen Kommunikationsebenen sowie den Unterricht. Letzteren sowohl in seiner äußeren Form als auch im Inhalt. Hierzu befinden wir uns mitten in einem großen Transformationsprozess. Diesen wollen wir mit einem systematischen Ausbau der IT-Betreuung durch IT-Administrator*innen technisch absichern und durch den Einsatz von Medienpädagog*innen bzw. Transformationsmanager*innen auf der pädagogischen Seite unterstützen.

Eine wichtige Rolle spielen dabei auch die außerschulischen Partner*innen. Co-Teaching-Formate und Blick-über-die-Schule bei den Aktivitäten von Schüler*innen scheinen uns die nachhaltigsten Formen sowohl der Lehrkräftefortbildung als auch der Unterrichtsweiterentwicklung zu sein, die sich dann wiederum in die Kompetenzentwicklung der Schüler*innen übersetzt.

Der Medienbildung im Sinne des Basiscurriculums kommt dann vor allem die wichtige Rolle zu, sich inhaltlich kritisch mit den Möglichkeiten und Konsequenzen von Gamification, Codifizierung, Künst- licher Intelligenz etc. auseinander zu setzen. Wir möchten darüber hinaus das Angebot an Informa- tikunterricht ausweiten, um das technische Verständnis hinter den Anwendungsprozessen zu stärken.

Das von uns hart erkämpfte Zielbild der Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten zwischen ITDZ, SenBJF und den Bezirken wird ab der kommenden Wahlperiode für eine stark verbesserte Zusammenarbeit der Ebenen sorgen. Die Senatsverwaltung wird den Schulen eine Zusammenstellung der datenschutz- und jugendschutzrechtlich genehmigten Bildungsmedien zur Verfügung stellen, die regelmäßig aktualisiert wird. Gemäß der derzeitigen Haushaltsplanung werden bis zum Ende der Wahlperiode alle Pädagog*innen sowie alle Schüler*innen über ein eigenes Endgerät verfügen.

Ein good practice Austausch zwischen den Schulen und außerschulischen Partner*innen soll die Dynamik der Transformationsprozesse erhöhen. Eine wichtige Rolle spielt dabei für uns auch eine verbesserte Partizipationsstruktur der engagierten Bildungsakteur*innen. Die Rollen, Aufgaben und Schnittstellen des von der Senatorin eingesetzten Digitalisierungsbeirats und des Runden Tischs Medienbildung wollen wir neu sortieren.

 

Antworten FDP

Wie wollen Sie möglichst schnell die Voraussetzungen dafür schaffen, dass die digitalen Kompetenzen aller Schüler*innen gefördert werden können?

Wir wollen die digitale Transformation der Wissensvermittlung im Berliner Schulwesen einleiten, um in Zukunft ein qualitativ hochwertiges Lehren und Lernen unabhängig von Ort und Zeit zu ermöglichen. Digitale Ressourcen erlauben den direkten Wissenstransfer neuester Erkenntnisse und Technologien in den Schulalltag. Das „Wie“ des Lehrens und Lernens rückt damit stärker in den Mittelpunkt und muss Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene auf das Leben und Arbeiten in der digitalen Welt vorbereiten.

Unseren Schulen fehlt es dafür an moderner Infrastruktur (Breitband und W-Lan) und digitalen Lehrmitteln.

Um die Berliner Schulen zu den besten Schulen Deutschlands zu machen, wollen wir den Sanierungsstau auflösen sowie die Infrastruktur modernisieren und digitalisieren.

Dazu wollen wir sofort eine geeignete, leistungsfähige technische Infrastruktur (z. B. WLAN und Breitbandanschlüsse, perspektivisch 5G) in allen Schulen einrichten und Endgeräte für Lehrkräfte und alle Schülerinnen und Schüler. Dabei soll den Schulen überlassen werden, welchen Standard sie für sich festlegen – z. B. ob Tablet oder Laptop – und ob sie eine „Bring your own device“-Regelung einführen möchten.

Schülerinnen und Schülern mit finanziellem Förderungsbedarf müssen die Geräte von der Schule zur Verfügung gestellt werden. Lehrkräfte sollen fachspezifische Endgeräte gestellt bekommen.

Wir fordern, dass die technischen Kapazitäten des Lernraums Berlin für alle Schülerinnen und Schüler ausgeweitet werden, sodass durchgehend ein stabiler digitaler Unterricht für alle gewährleistet ist. Ggf. müssen andere schulspezifische Angebote für Lehrende und Lernende geschaffen werden. Es soll eine Liste von Lernplattformanbietern erstellt werden, aus der sich die Schulen je nach Schulprogramm und Praktikabilität einen Anbieter frei aussuchen können.

Wir fordern die Bereitstellung von rahmenlehrplankonformen, qualitätsgesicherten Tutorials, die über jeden Webbrowser abrufbar sind, zur Unterstützung der digitalen Transition. Lehrende im Berliner Schulsystem sollen für die Bereitstellung angemessen zusätzlich vergütet werden.

Wir setzen uns für neue Lern- und Erfahrungsräume ein, die digitales Arbeiten an und von jedem Ort als selbstverständlichen Teil des Schul- und Bildungsalltags verstehen Maßgeschneiderte Förderung und individualisiertes Lernen sind für uns die Leitbilder der digitalen Transformation.

Digitale Pädagogik muss als Teil der Lehrerausbildung an Hochschulen vermittelt und die Nutzung von digitalen Arbeitsmethoden zum festen Bestandteil des Studiums werden. Wir setzen uns dafür ein, dass die Berliner Hochschulen die Lehrerbildungsstandards der Kultusministerkonferenz von 2019 sofort in Lehrinhalte Regierungsprogramm der FDP Berlin zur Abgeordnetenhauswahl 2021 12 umsetzen und künftige Anpassungen ebenfalls innerhalb eines Jahres in die Praxis implementieren, um Bildungsforschung und Bildungslehre in Berlin zu stärken.

Wir wollen Lehrkräfte entlasten, indem wir jeder Schule eine festangestellte IT-Fachkraft für den Digitalisierungsschub der Berliner Schulen zur Seite stellen. Denkbar sind auch Modelle, bei denen sich eine IT-Fachkraft um einen Schulverbund kümmert.

Um all dies umzusetzen, braucht es klarer Strukturen der Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten. Dabei sind Doppelstrukturen abzubauen und neue Gremien, die den operativen Prozess nicht beschleunigen zu vermeiden. Die Bedarfserhebung, Bereitstellung und Beschaffung muss beschleunigt und zusammengefasst werden.

Der Einsatz von umfänglich zur Verfügung gestellten Mitteln zur Digitalisierung der Schullandschaft wurde durch geltende bürokratische Vorgaben von der Mittelbeantragung durch die Schulen bis zur Auftragsvergabe und Beschaffung durch die Bildungsverwaltung verzögert.

Die Berliner Verwaltung wird viel zu oft durch Doppelzuständigkeiten gelähmt, die ineffizient und für die Berlinerinnen und Berliner schwer durchschaubar sind und zudem zu Widersprüchen zwischen Bezirk und Land in strategischen Fragen und einem Verantwortungsvakuum bei politischem Versagen führen. Berlin braucht dringend klare Verantwortlichkeiten zwischen Bezirken und Land, die anhand nachvollziehbarer, objektiver Kriterien ermittelt werden und das Zuständigkeitspingpong endgültig beenden.

Wir wollen eine klare Aufteilung der Verantwortlichkeiten zwischen Bezirken und Land. Für eine Dienstleistung soll nur noch eine Ebene zuständig sein – entweder die Landes- oder die Bezirksebene. Wir stehen dabei für den Grundsatz der Subsidiarität:

Erfordert es eine Entscheidung in besonderem Maße, lokale Eigenheiten in den Blick zu nehmen oder in den Bürgerdialog einzutreten, ist sie auf bezirklicher Ebene besser aufgehoben. Betrifft eine Entscheidung die Gesamtstadt oder bestehen bei einer Aufgabe kaum örtliche Besonderheiten (etwa beim Erbringen alltäglicher Bürgerdienste), sind sie auf Landesebene zu konzentrieren.

Wir wollen die Zusammenarbeit und den Wettbewerb zwischen den öffentlichen IT-Dienstleistern der Länder und des Bundes stärken und die Monopolstellung des IT-Dienstleistungszentrums Berlin (ITDZ Berlin) reduzieren. So soll es der Berliner Verwaltung möglich werden, die bundesweit bestmöglichen Technik- und Software-Lösungen. Aber auch Endgeräte zu beschaffen – auf Basis berlin- und bundesweit festgelegter Anforderungen und Standards.

 

4. Wahlprüfstein:

Inklusive Bildung ausweiten und qualitativ entwickeln

Inklusive Bildung gibt allen Menschen das Recht auf volle Teilhabe an höchstmöglicher Bildung, unabhängig von besonderen Lernbedürfnissen, dem Geschlecht, der Herkunft oder sozialen und ökonomischen Voraussetzungen....(mehr)

Inklusive Bildung gibt allen Menschen das Recht auf volle Teilhabe an höchstmöglicher Bildung, unabhängig von besonderen Lernbedürfnissen, dem Geschlecht, der Herkunft oder sozialen und ökonomischen Voraussetzungen. Somit ist die inklusive Schule zugleich eine demokratische Schule. Inklusion ist notwendig für eine lebendige und widerstandsfähige Demokratie.
In der letzten Wahlperiode wurde Vieles unternommen, um die inklusive Bildung auszuweiten und zu stärken. Es wurde eine Grundausstattung geschaffen, die jetzt in der 5. Jahrgangsstufe angekommen ist, die SIBUZ konnten in allen Bezirken ihre Arbeit aufnehmen, Schwerpunktschulen wurden eingerichtet, die als Übergangslösungen zu betrachten sind.
Inhaltlich und als Grundlage für den quantitativen Ausbau fehlt insbesondere ein Gesamtkonzept für die beruflichen Bildung. Für die (organisatorische) Entlastung und Professionalisierung der einzelnen Schulen wird seit langem ein schulinternes Inklusionszentrum gefordert, das sonder- und sozialpädagogischen Aktivitäten und notwendigen Kontakte zu Jugendamt, Sozialamt, SIBUZ und anderen Institutionen koordiniert. Zur qualitativen Weiterentwicklung des inklusiven Unterrichts (Fallbesprechungen, Entwicklung passgenauer Konzepte und Methoden der individuellen Förderung) braucht es einen Stundenpool, eine schulübergreifende Infrastruktur zur Unterrichtsentwicklung (siehe Prüfstein zur Gemeinschaftsschule) und mehr Gestaltungsfreiheit für die einzelne Schule.

Fragen:
• Auf welche Schwerpunkte legen Sie bei der Zukunft der inklusiven Bildung wert?
• Welche Maßnahmen wollen Sie in der kommenden Legislaturperiode vorschlagen und ggf. umsetzen?
• Welche Vorstellungen haben Sie für eine Berufsausbildung für Jugendliche mit Behinderungen?

Antworten der SPD, CDU, Die Linke, Bündnis 90/ Die Grünen und FDP

Antworten SPD

Auf welche Schwerpunkte legen Sie bei der Zukunft der inklusiven Bildung wert?

Alle Berliner Kinder haben jetzt schon einen Anspruch darauf, an Regelschulen beschult zu werden, dies haben wir in dieser Legislatur im Schulgesetz verankert. Um jedoch ein breit aufgestelltes gemeinsames Lernen für alle Kinder flächendeckend zu realisieren, braucht es noch weiterer Schritte. Besonderen Wert legen wir auf den Ausbau der inklusiven Schwerpunktschulen. Diese ermöglichen eine ideale Mischung zwischen besonderer Förderung und inklusiver Beschulung. Hier wollen wir die schulgesetzlichen Hürden abbauen, die es aktuell den Bezirken ermöglichen den Ausbau der inklusiven Schwerpunktschulen zu verlangsamen. Ergänzend stärken wir Schritt für Schritt die inklusive Beschulung in der Breite. Dazu zählt die Stärkung des Personals sowie Ausbau der Barrierefreiheit im Rahmen der Schulbauoffensive.

Welche Maßnahmen wollen Sie in der kommenden Legislaturperiode vorschlagen und ggf. umsetzen?

In der kommenden Legislaturperiode wollen wir inklusive Bildung ausweiten und qualitativ weiterentwickeln. Dazu wollen wir in den Regelschulen die die Anzahl der pädagogischen Unterrichtshilfen ausbauen und uns für die Stärkung der temporären Kleinklassen einsetzen. Mit beiden Instrumenten haben wir sehr gute Erfahrung gemacht. Sie sollen prioritär dort ausgebaut werden, wo der Bedarf am dringendsten ist. Passgenaue Unterstützung ist die Voraussetzung für eine Inklusionsbereitschaft in den Bildungseinrichtungen. In einer zweiten Säule wollen wir mehr inklusive Schwerpunktschulen in allen Bezirken. Dazu bauen wir die unzähligen bürokratischen Hürden ab, die den Ausbau zurzeit ausbremsen. In der dritten Säule schätzen wir die wichtige Arbeit der sonderpädagogischen Förderzentren ganz ohne denen es auch nicht geht. Sie ermöglichen ein qualitativ hochwertiges Angebot für Kinder, die nicht an einer inklusiven Regelschule lernen können, aber auch eine Wahlmöglichkeit für Eltern von Kindern mit besonders komplexem Unterstützungsbedarf.

Welche Vorstellungen haben Sie für eine Berufsausbildung für Jugendliche mit Behinderungen?

Insgesamt hat die SPD das Leitbild von einer inklusiven Stadt.13 Das schließt die Berufsausbildung selbstverständlich mit ein. Wir wollen alle Berufsschulen und berufliche Ausbildungsstätten barrierefrei machen.14 Alle Ausbildungsberufe sollen für alle Jugendlichen zugänglich sein. Wir wollen insbesondere Jugendliche mit Förderbedarf auf den Weg in eine duale Ausbildung begleiten und stellen so den inklusiven Auftrag der beruflichen Schulen in den Mittelpunkt.15 Unser Ausbildungsziel ist der Zugang zum ersten Arbeitsmarkt. Werkstätte für behinderte Menschen sind deshalb keine gleichwertige Alternative auf die Jugendliche mit Behinderung vorschnell verwiesen werden dürfen.

 

Antwort der CDU

Auf welche Schwerpunkte legen Sie bei der Zukunft der inklusiven Bildung wert?

Wir wollen so viel Inklusion wie möglich und so viel individuelle Förderung wie nötig. Inklusion kann nicht im Hauruck-Verfahren, sondern nur mit Augenmaß gelingen. Der Ausbau inklusiver Beschulung an den Regelschulen muss behutsam und in einem pädagogisch verantwortbaren Rahmen erfolgen. Dabei brauchen wir auch die Förderzentren, um sicherzustellen, dass jedes Kind entsprechend seiner Fähigkeiten die bestmögliche Förderung bekommt. Eltern von Kindern mit Förderbedarf sollen selbst entscheiden dürfen, welche Schulform für ihr Kind die geeignetste ist – Förderzentrum oder inklusive Schule.

Hinter der Diagnose einer emotional-sozialen Störung und dem entsprechend nachgewiesenen Förderbedarf können schwere Traumata, Missbrauch, Vernachlässigungen etc. liegen, die nur von Fachleuten mit viel Zeit und der nötigen Expertise zu heilen sind. Auch für emotional und sozial förderungsbedürftige Kinder muss es die Chance geben, (zumindest zeitweise) nicht in (vollen) Regelklassen beschult, sondern in kleineren Gruppen durch Fachpersonal unterrichtet zu werden, zumal immer weniger Lehrer im Umgang mit Inklusions- bzw. Integrationskindern geschult sind, pauschale Ressourcenzuwendungen nicht ausreichen oder bei den Schülern nicht ankommen und auf diesen Förderbedarf spezialisierte Förderzentren abgewickelt werden.

 

Antworten Die Linke

Auf welche Schwerpunkte legen Sie bei der Zukunft der inklusiven Bildung wert?

Wir setzen uns für das Recht aller Berliner Schüler:innen auf inklusive und diskriminierungsfreie Bildung ein, denn jeder Mensch ist einzigartig und muss in seiner Besonderheit anerkannt und gefördert werden. Bildungseinrichtungen müssen so gestaltet sein, dass jede:r werden kann, was ihr/ihm möglich ist. Für DIE LINKE bedeutet das, dass sich alle Schulen dieser Aufgabe stellen müssen und endlich auch die Gymnasien! Die Gemeinschaftsschule, die kein Kind zurücklässt und sozialer Ungleichheit entgegenwirkt, ist für uns nach wie vor die inklusive Schule der Zukunft.

Bei der inklusiven Beschulung von Kindern und Jugendlichen mit festgestelltem sonderpädago- gischem Förderbedarf konnte die rot-rot-grüne Koalition in den letzten Jahren große Fortschritte erzielen: Über alle Schulformen hinweg lernen inzwischen bereits 72 Prozent aller Schüler:innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf im gemeinsamen Unterricht. Vor zehn Jahren waren es nur 49 Prozent. Um unser Ziel zu erreichen, tatsächlich allen Berliner Schüler:innen eine inklusive Beschu- lung anbieten zu können, brauchen inklusiv arbeitende Schulen auch zukünftig vor allem eins: eine angemessene Ausstattung – personell und räumlich. Zudem braucht es die nötigen barrierefreien Voraussetzungen. Dafür wird sich DIE LINKE auch in der kommenden Wahlperiode einsetzen.

Welche Maßnahmen wollen Sie in der kommenden Legislaturperiode vorschlagen und ggf. umsetzen?

Wir wollen insbesondere in Hinblick auf das Thema Inklusion dafür sorgen, dass multiprofessionelle Teams nicht nur ein Schlagwort bleiben, sondern tatsächlich gelebte Praxis an Berliner Schulen werden. Konkret wollen wir dafür sorgen, dass weitere Berufsgruppen (z. B. Ergotherapeut:innen, Logopäd:innen, Physiotherapeut:innen, Psycholog:innen, Lerntherapeut:innen, Krankenpfleger:innen, Handwerker:innen, Schulassistent:innen, pädagogische Unterrichtshilfen) zusätzlich als verbindlicher Teil der Basiszumessung für das Schulpersonal festgeschrieben werden. Außerdem braucht es verbindliche und fest im Schulalltag verankerte Teamstunden für alle beteiligten Berufsgruppen. Diese Stunden sind als mittelbare pädagogische Arbeit anzuerkennen.

Die Rolle und Einsatzmöglichkeiten von Schulhelfer:innen, Schulassistenzen und pädagogischen Unterrichtshilfen wollen wir ausweiten und die Beantragungsmöglichkeiten erleichtern. In diesem Sinne müssen für Eltern, Schüler*innen und Schulen schnelle, klare und unabhängige Beratungs- und Beschwerdemöglichkeiten zur Verfügung stehen. Dafür müssen die SIBUZe personell und finanziell sowie in ihrer Unabhängigkeit gestärkt werden.

Generell müssen für die Betreuung von Schüler:innen mit sonderpädagogischen Förderbedarfen die Zumessungsrichtlinien nach oben angepasst werden. Die Effekte der verlässlichen Grundaus- stattung in der Grundstufe müssen überprüft werden, bevor ähnliche Modelle auf die Oberschule übertragen werden. Eine Nachsteuerungsreserve muss für die inklusive Schule stets abrufbar sein. Ein einmal festgestellter Förderbedarf gilt für den Ganztag und muss dementsprechend zukünftig so berücksichtigt werden. Jede:r Lernende mit sonderpädagogischem Förderbedarf sollte künftig doppelt bei der Bemessung der Klassenstärke zählen.

Darüber hinaus haben inklusiv arbeitende Schulen einen höheren Fortbildungsbedarf. Wir wollen deshalb dafür sorgen, dass sie einen zusätzlichen jährlichen Studientag erhalten. Inklusive Pädagogik muss als ein zentraler Bestandteil der Ausbildung von Lehrkräften, Sozialpädagog:innen und Erzieher:innen verstärkt werden.

Wir sind davon überzeugt, dass alle Schulformen inklusiv arbeiten können und müssen. Den Schul-

versuch „Inklusion von Schülerinnen und Schülern mit dem sonderpädagogischen Förderschwer- punkt an Gymnasien“ am Hans-Carossa-Gymnasium, der ab dem beginnenden Schuljahr erstmals systematisch die gemeinsame Beschulung von Schüler:innen mit Förderbedarf „Geistige Entwick-lung“ mit anderen Gymnasiast:innen erprobt, begrüßen wir deshalb ganz ausdrücklich. Gymnasien, die inklusiv arbeiten und Schüler:innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf aufnehmen, wollen wir in Zukunft mit zusätzlichen Ressourcen unterstützen.

In diesen Zusammenhang sei auch betont, dass wir den Übergang in die weiterführende Schule erleichtern wollen: Es sollen neue Aufnahmekriterien entwickelt werden, die unter anderem Inklusion, eine gute Mischung der Schüler:innen nach Leistungsstärke und sozialer Herkunft und die Möglichkeit einer wohnortnahen Beschulung begünstigen. Das Probejahr an Gymnasien wollen wir abschaffen. Einmal aufgenommene Schüler:innen müssen das Recht haben, an der Schule zu verbleiben. Auch das Sitzenbleiben wollen wir abschaffen, freiwillige Wiederholungen sollen aber pädagogisch begründet möglich bleiben. Außerdem wollen wir im Schulgesetz festschreiben, dass künftig an allen Schulformen alle Abschlüsse abgelegt werden können.

Welche Vorstellungen haben Sie für eine Berufsausbildung für Jugendliche mit Behinderungen?

Die COVID-19-Pandemie hat uns auf dem Weg zu einem tatsächlich inklusiven Arbeitsmarkt zurück- geworfen. Hier müssen wir gegensteuern. Dafür wollen wir eine gemeinsame Initiative aller Res- sorts für eine Verbesserung der Inklusion von Menschen mit Behinderungen auf den Weg bringen.

Der öffentliche Dienst in Berlin muss hier mit gutem Beispiel vorangehen. Wir wollen den Anteil von Menschen mit Behinderungen in Ausbildungs- und Beschäftigungsverhältnissen in der Berliner Verwaltung deutlich erhöhen. Dafür müssen bestehende Zugangsbarrieren weiter abgebaut, mehr behindertengerechte Arbeitsplätze geschaffen und Dienstgebäude barrierefrei um- und ausgebaut sowie ein Mentalitätswandel in der Verwaltung herbeigeführt werden.

Zudem wollen wir ausbildungsbegleitende Hilfen ausbauen und das Modell der assistierten Aus- bildung nutzen, damit alle Jugendlichen, die besondere Unterstützung während der Ausbildung benötigen, diese auch erhalten.

 

Antwort der Bündnis 90/ Die Grünen

Auf welche Schwerpunkte legen Sie bei der Zukunft der inklusiven Bildung wert?

Grundsätzlich ist Inklusion eine gesamtgesellschaftliche Frage. Den Rechtsanspruch auf eine Beschulung in einer Regelschule hat die Koalition im Schulgesetz dem Grunde nach verankert. Unser Ziel ist, dass Inklusion und Barrierefreiheit an jeder Schule zur Selbstverständlichkeit werden. Um das Recht auf Teilhabe und diskriminierungsfreies Lernen für alle Kinder und Jugendlichen zu gewährleisten und gleichzeitig den individuellen Förderbedarfen einzelner Kindergerecht zu werden, wollen wir bei der Weiterentwicklung der Berliner Schulen zu inklusiven Schulen an die Entwicklung der letzten Legislaturperiode anknüpfen.

Die Einrichtung weiterer Schwerpunktschulen soll in Abstimmung mit den Bezirken zügig vorge- nommen werden, damit ein möglichst wohnortnahes Angebot für alle Kinder geschaffen wird. Die Schwerpunktschulen sollen eine attraktive Alternative zu den sonderpädagogischen Förderzentren sein und keinesfalls die inklusive Arbeit der übrigen Regelschulen beeinträchtigen. Unser Ziel ist es, langfristig alle Regelschulen so aufzustellen, dass sie alle Kinder inklusiv beschulen – sowohl durch bauliche Anpassung als auch durch personelle Weiterentwicklung. Deshalb wollen wir Schulbegleiter*innen finanziell weiter stärken, ihre Ausbildung verbessern und sie in unbefristete Arbeitsverhältnisse an den Schulen bringen. Ebenso sollen die Schulhelfer*innen zur Schulassistenz weiter- qualifiziert werden. Außerdem setzen wir uns für die verpflichtende Einrichtung eines Ruheraums ein.

Berlins Schulen brauchen mehr gut ausgebildetes Personal: von Lehrkräften über Erzieher*innen, IT- Unterstützung, Supervision, psychologische Betreuung, Sekretariate, Reinigungskräfte und Hausmeisterei bis zu Quereinsteiger*innen aus verschiedensten Fachrichtungen. Eine Schule als Team vielfältiger Professionen auf Augenhöhe aufzustellen, entlastet Lehrkräfte und stärkt die Qualität des Lernens. Sonderpädagog*innen, sozialpädagogische Fachkräfte, Schulbegleiter*innen und zu- künftig auch Krankenpfleger*innen leisten einen unerlässlichen Beitrag zum inklusiven Lernen. Diversität im Team Schule ist für uns ein wichtiges Ziel. Die breite Lebenserfahrung und diverse kulturelle Hintergründe von Quereinsteiger*innen sind hierbei ein Gewinn.

Unabhängig davon ist in den vergangenen Jahren hinsichtlich der Weiterentwicklung hin zu einem inklusiven Schulsystem viel passiert und die begonnenen Schritte gilt es weiter zu gehen: Es gilt weiterhin die Eckpunkte „Auf dem Weg zur inklusiven Schule“ im Land Berlin umzusetzen. Der Aus- bau der inklusiven Schwerpunktschulen als Übergangsystem zählt weiterhin zu den Schwerpunkten sowie die weitere Stärkung der SIBUZe.

Das gleiche gilt für Schülerinnen und Schüler mit emotional-sozialen Entwicklungsbedarfen. Die hier vollzogenen Schritte sind auf Basis des „Ergebnispapiers Schüler*innen mit Förderbedarfen in der emotionalen und sozialen Entwicklung und mit psychosozialem Entwicklungsbedarf in der inklusiven Schule“ weiter auszubauen und fortzufahren. Dies gilt insbesondere für die Entwicklung der sogenannten Prototypen und der damit verbundenen Maßnahmen (von inklusiven Unterstützungs- angeboten bis zu Kleinklassen). Eine Nichtbeschulung von Schüler*innen mit besonderen emotional- sozialen Bedarfen ist zukünftig zu vermeiden, hier sind gesetzliche Grundlagen zu schaffen, und die entsprechenden Maßnahmen aus dem genannten Ergebnispapieranzuwenden.

Ziel muss es sein, Familien frühzeitig einzubeziehen und zu unterstützen, damit frühzeitig eine pro- fessionelle Begleitung auch im Familienkontext möglich ist. Das kürzlich verabschiedete Familien- fördergesetz, wird hier ein entsprechender Baustein sein. Grundsätzlich ist die Zusammenarbeit im Dreieck Schule, Familie und Jugendhilfe im Bereich der Inklusion umfassender zu stärken, hier ent- stehen weiterhin zu viele Brüche. Die geplante Professionalisierung des Berufsbildes der Schulhelfer*innen ist endlich zu beenden und entsprechend umzusetzen, um Schüler*innen gezielter zu fördern und Schulhelfer*innen eine klarere Rolle in ihrer Aufgabe zu geben sowie bessere Vergütung zu sichern.

Pädagogische Unterrichtshilfen sollten gezielter auch im Bereich des Förderschwerpunktes Emotionale-Soziale-Entwicklung eingesetzt werden können, um Lehrkräfte zu entlasten und Schüler*innen mit entsprechenden Förderbedarfen gezielter in heterogenen Lerngruppen zu unterstützen.

Medizinische Bedarfe von Schüler*innen (insbesondere bei chronischen Krankheiten) dürfen bei längerer Erkrankung nicht in einer Nichtbeschulung enden. Hier ist eine entsprechende Gewährleistungsverpflichtung durch das Land gesetzlich zu regeln.

 

Antworten FDP

Auf welche Schwerpunkte legen Sie bei der Zukunft der inklusiven Bildung wert?

Wir setzen uns für eine pluralistische Inklusion ein. Indem wir Förderschulen erhalten und bedarfsgerechte Inklusionsklassen stärken, kann den Interessen und Bedürfnissen aller Schülerinnen und Schüler Rechnung getragen werden. Hierbei plädieren wir insbesondere für ein echtes Elternwahlrecht zu jedem Zeitpunkt der Schulausbildung des Kindes. Um dies zu erreichen, muss immer auch ein angemessener Personalschlüssel für die Inklusion bereitgestellt werden, wobei Multiprofessionelle mitgedacht werden müssen.

Wir wollen, dass Kinder und Jugendliche schon früh einen Einblick in die verschiedenen Ausbildungswege und das duale Ausbildungssystem erhalten. Deshalb setzen wir uns neben einer verbesserten Vermittlung der Primärkompetenzen und Erschließung unentdeckter nicht nur kognitiver Potentiale, sondern insbesondere motorischer Talente für einen flächendeckenden Werkunterricht an Grundschulen und eine insgesamt verbesserte Berufsorientierung an Schulen ein. Letzteres wollen wir beispielsweise durch sogenannte Ausbildungsbotschafterinnen und -botschafter erreichen.

Wir Freie Demokraten wollen eine bessere Beratung und Arbeitsvermittlung für Menschen mit Behinderungen. Die Vorbereitung muss bereits in der Schule beginnen. Wir wollen die praxistauglichere Ausgestaltung des Budgets für Arbeit und eine praxisnahe aktive Arbeitsvermittlung und Begleitung. Die über 300.000 Beschäftigten in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderungen bilden ein großes und zu wenig berücksichtigtes Potential für den ersten Arbeitsmarkt. Wir wollen ihre Chancen auf eine reguläre Beschäftigung verbessern.

 

 

5. Wahlprüfstein:

Sogenannte Risikoschüler*innen für das Lernen gewinnen

Die Situation dieser Kinder und Jugendlichen als faktisch „abgehängte“ Gruppe lässt sich durch ein Zusammentreffen verschiedenster Faktoren kennzeichnen:...(mehr)

Die Situation dieser Kinder und Jugendlichen als faktisch „abgehängte“ Gruppe lässt sich durch ein Zusammentreffen verschiedenster Faktoren kennzeichnen:
die persönliche/familiäre und häusliche Situation, oft verbunden mit fehlender Infrastruktur zum Lernen;
die Lebensverhältnisse, in denen sie in überwiegender Zahl aufwachsen und leben, die häufig durch Armut in umfassendem Sinne gekennzeichnet sind, fehlenden Anregungen und attraktiven Angeboten, häufige Abschottung in Subkulturen oder Parallelgesellschaften;
geringe bis keine Motivation zum Lernen;
geringe bis keine Kompetenzen zum selbstständigen Lernen; häufig geringe Sprachkompetenz und Lesefähigkeit;
Schuldistanz und geringe Selbstwirksamkeitserfahrungen.
In der Forschung werden verschiedene Vorschläge unterbreitet: Ein Mentorensystem zur individuellen Beratung mit einer verlässlichen Beziehung; ein schulischer Raum der Eingebundenheit, Anerkennung und Partizipation; eine gemeinsame Strategie von Sozialarbeit, Jugendhilfe und Lehrkräften innerhalb der Schule, wofür sich das Ganztagssystem anbietet, und auf bezirklicher Ebene ; subjektiv erfahrbare sinnhafte Lernangebote, bei denen die Schüler*innen sich als selbstwirksam erfahren können, wie z.B. im LernBrücken-Programm und einer partizipativen Gestaltung der Schule. Angesetzt werden sollte schon im Kindergarten und in der Grundschule.
Es müssen Geld und Ressourcen für die sozial-emotionale Entwicklung zur Verfügung gestellt werden müssen: Vor allem durch teambildende, Welterfahrung vermittelnde außerunterrichtliche und außerschulische Aktivitäten
Es gibt in den letzten 20 Jahren faktisch keine Fortschritte im Umgang mit dieser heterogenen Gruppe. Es gibt auch keine neuen Programme, die erprobt und ggf. verbreitet werden. Berlin scheint sich damit abgefunden

Fragen:

• Wie erklären Sie sich das mangelnde Engagement der Berliner Bildungspolitik, die Gruppe sogenannter Risikoschüler*innen für das Lernen und die Teilhabe an der Gesellschaft zu gewinnen?
• Welche Ideen und Konzepte haben Sie, um Risikoschüler*innen wirksam zu fördern?
• Welche Maßnahmen werden Sie in der nächsten Wahlperiode vorschlagen und ggf. umsetzen?

Antworten der SPD, CDU, Die Linke, Bündnis 90/ Die Grünen und FDP

Antwort SPD

Wie erklären Sie sich das mangelnde Engagement der Berliner Bildungspolitik, die Gruppe sogenannter Risikoschüler*innen für das Lernen und die Teilhabe an der Gesellschaft zu gewinnen?

Von einem mangelnden Engagement der Berliner Bildungspolitik kann nicht die Rede sein. Berlin ist zusammen mit Hamburg Vorreiter in der Bereitstellung von Ressourcen entlang der sozialen Zusammensetzung. Insgesamt haben wir bundesweit die höchsten Pro-Kopf-Ausgaben für Schüler*innen, die Mittel für Inklusion wurden in den letzten Jahren stetig erhöht und zu Beginn der auslaufenden Legislatur haben wir den Ansatz einer Mittelsteuerung hin zu Schulen in schwierigsten Lagen verstetigt und bauen diesen mit verschiedensten Projekten weiter aus. Was wir aber gelernt haben ist, dass Geld alleine nicht ausreicht. Ohne Steuerung versickern die Mittel im System. Daher haben wir angefangen, Mittelzuweisung an die Schulentwicklung zu koppeln. Diese Strategie testen wir zurzeit an 20 Schulen in herausfordernder Lage im Rahmen unserer „Berlin Challenge“. Die Schulen müssen lernen, die zusätzlichen Mittel gezielt für die Entwicklung ihrer Schüler*innen einzusetzen. Dafür schaffen wir Indikatoren deren Erreichung anhand der Schulverträge überprüfbar wird. Über diese Instrumente gelingt uns mehr Verbindlichkeit zwischen Mitteleinsatz und Erfolg. Das ist der zentrale Baustein um die Lücke zwischen höchsten Pro-Kopf Ausgaben und unzureichender Schulqualität zu schließen. Auch während der Corona-Krise halten wir einen Fokus auf Schüler*innen in herausfordernden Lagen. Insbesondere für unsere Haltung zum Präsenzunterricht wurden wir sehr häufig kritisiert. Ich werde mich auch weiterhin differenziert pro Präsenzunterricht einsetzen.

Welche Ideen und Konzepte haben Sie, um Risikoschüler*innen wirksam zu fördern?

Letztlich zielen alle unsere Konzepte auf eine Förderung von Risikoschüler*innen und eine deutliche Verringerung des Anteils der Schüler*innen, die das Mindestkompetenzniveau nicht erreichen. Wir wollen allen unseren Kindern gerecht werden. Darum müssen wir die Schulen in sozial herausforderndem Umfeld zu den besten unserer Stadt machen. Durch geschärfte Schulprofile und angemessene Ressourcen steigern wir die Attraktivität dieser Schulen für alle Familien. Daher stehen wir auch zukünftig zum sozialdemokratischen Ansatz der Ressourcensteuerung hin zu Schulen in schwieriger Lage– egal ob mehr Lehrkräfte, weiteres pädagogisches Personal oder zusätzliche finanzielle Mittel. Auch hier heißt die Devise: Mehr Verbindlichkeit bei der Zielerreichung und mehr Eigenständigkeit der Schulen bei der Umsetzung. Dies ist gerade in Schulen in schwierigsten Lagen wichtig. Das ist auch der Grund, weshalb wir an diesen Schulen beginnen die Wir die

„Berlin Challenge“ – unser Modell zur Verknüpfung zwischen Ressourcensteuerung und Schulentwicklung – auszubauen.

 

Welche Maßnahmen werden Sie in der nächsten Wahlperiode vorschlagen und ggf. umsetzen?

Wir werden das Schulpersonal in Schulen in herausfordernden Lagen spürbar entlasten und ihnen damit mehr Zeit für Beziehungsarbeit mit dem Schüler*innen und Teamarbeit mit den verschiedenen Professionen und Unterstützungssystemen einräumen. Dazu schaffen wir nicht nur Team- und Entlastungsstunden, sondern wollen auch die Vertretungsreserve in Schulen in schwieriger Lage auf bis zu 110% anheben. Schulen in herausfordernden Lagen brauchen besonders qualifizierte Lehrkräfte. Durch verschiedene Maßnahmen sollen Schulen in herausfordernden Lagen zu einem angenehmen und spannenden Arbeitsumfeld werden, das sich positiv auf die Schulqualität auswirkt.

 

Antwort der CDU

Wie erklären Sie sich das mangelnde Engagement der Berliner Bildungspolitik, die Gruppe sogenannter Risikoschüler*innen für das Lernen und die Teilhabe an der Gesellschaft zu gewinnen?

Wir wollen gute Schulen in Berlin, damit alle jungen Berlinerinnen und Berliner die Chance auf eine gute Zukunft haben. Jede Schülerin und jeder Schüler soll am Ende der Schullaufbahn einen Schulabschluss haben. Deswegen setzen wir uns dafür ein, dass alle Kinder von Anfang an bestmöglich entsprechend ihrer Fähigkeiten gefördert und gefordert werden. Wir wollen den Grundstein für eine gute kindliche Entwicklung bereits vor dem Beginn der Schulzeit legen. Unsere Kinder sollen behutsam und altersangemessen an den Schulalltag herangeführt werden. Deshalb setzen wir uns dafür ein, die Vorschulklassen in Berlin wieder einzuführen. Sie bieten die gute Möglichkeit, bereits vor dem Beginn der Schulzeit Sprachdefizite gezielt abzubauen und motorische Fähigkeiten zu fördern. In den Grundschulen werden ganz entscheidende Weichen für den Bildungserfolg eines Kindes gestellt. Deshalb müssen alle Kinder am Ende der Grundschulzeit das Lesen, Schreiben und Rechnen sicher beherrschen.

Es muss endlich Schluss sein mit Lehrermangel und Unterrichtsausfall. Dafür brauchen wir vor allem mehr qualifizierte und motivierte Lehrerinnen und Lehrer, die auch wirklich Zeit für die Schülerinnen und Schüler haben. Deshalb fordern wir Lehrerinnen und Lehrer in Berlin wieder zu verbeamten, denn immer mehr Lehrkräfte verlassen Berlin und arbeiten lieber in anderen Bundesländern, die ihnen eine Verbeamtung anbieten.

Wir werden dauerhaft freiwillige Ferienschulen für alle Jahrgänge einführen, um Schülerinnen und Schülern während der Ferien die Möglichkeit zu bieten, Lernrückstände aufzuholen. Für Schülerinnen und Schüler mit entsprechendem Förderbedarf werden wir verpflichtende Deutschkurse außerhalb des Regelbetriebs durchführen.

 

Antworten Die Linke

Wie erklären Sie sich das mangelnde Engagement der Berliner Bildungspolitik, die Gruppe sogenannter Risikoschüler*innen für das Lernen und die Teilhabe an der Gesellschaft zu gewinnen?

Es kann und muss hier immer noch mehr getan werden, aber die in Ihrer Frage enthaltene Behauptung können wir so nicht teilen. Sie könnte auch als eine Missachtung der Arbeit der Kolleg:innen in den Schulen und in der Jugendhilfe verstanden werden. Als Gegenbeispiel möchten wir explizit auf den Umgang mit sogenannten „Risikoschüler:innen“ in der Pandemie verweisen, in der diese Gruppe im Fokus stand: Zusätzlich zu den bereits etablierten BuT-Angeboten hat der rot- rot-grüne Senat mit dem Programm „LernBrücken“ nur drei Wochen nach Beginn des ersten Lockdowns bereits Anfang April 2020 ein neues Programm aufgelegt, das so früh wie möglich verhindern sollte, dass Kinder und Jugendliche durch die Corona-bedingten Schulschließungen den Anschluss an die Schule verlieren. Das Programm richtete sich an Kinder und Jugendliche, deren häusliches Umfeld sie während der Schulschließungen und Kontaktsperren nur eingeschränkt unterstützen konnte. Freie Träger der Jugendhilfe nahmen bereits während der Osterferien 2020 Kontakt zu diesen Schüler:innen auf – telefonisch oder durch Besuche zu Hause. Neben der Versorgung mit Lernmaterialien ging es von Beginn an auch um die Unterstützung des häuslichen Lernens, um Elternarbeit und darum, die Kinder und Jugendlichen emotional und psychisch zu stärken. Die Träger kooperieren dabei intensiv mit Lehrkräften und der Schulsozialarbeit.

Viele Schulen haben gerade sogenannten „Risikoschüler:innen“ auch in der Zeit des Lernens zu Hause die Möglichkeit geboten, in Kleingruppen in der Schule zu lernen. Das wurde gerade nach den Erfahrungen zu Beginn der Pandemie im dann folgenden Schuljahr 2020/21 verwirklicht.

Mit den Ferienschulen sowie den individuellen Fördermöglichkeiten im Rahmen des Programms

Stark trotz Corona“, das neben dem Aufholen von Lernrückständen insbesondere auch den Be- reich der psychosozialen Entwicklung adressiert, werden auch weiterhin insbesondere die Schüler:in- nen in den Blick genommen, die zu Hause nur wenig Unterstützung erfahren.

Darüber hinaus hat die rot-rot-grüne Koalition in der vergangenen Wahlperiode große Anstreng- ungen unternommen, um Kinderarmut zu bekämpfen, Kinder und ihre Familien zu stärken und auf diesem Weg dafür zu sorgen, dass kein Kind abgehängt wird. Die Arbeit der 2017 vom rot-rot- grünen Senat eingerichteten Landeskommission zur Prävention von Kinder- und Familienarmut, die Anfang August 2021 eine gesamtstädtische Strategie zur Verbesserung der Lage von armutsge- fährdeten Kindern, Jugendlichen und deren Familien vorgelegt hat, wollen wir deshalb ressortüber- greifend fortsetzen. Auf Bundesebene setzt sich DIE LINKE zudem für die Entwicklung einer Kinder- grundsicherung ein. Mit der Lernmittelfreiheit und dem kostenfreien Mittagessen in der Grund- stufe, der Kostenbeteiligungsfreiheit für die ergänzende Förderung und Betreuung in den Jahr- gangsstufen 1 und 2 sowie dem kostenfreien Schüler:innenticket hat die rot-rot-grüne Koalition Familien finanziell spürbar entlastet.

Mit dem bundesweit ersten Familienfördergesetz, das noch in dieser Wahlperiode verabschiedet wird, verbessert die Koalition zudem die Beratungs- und Entlastungsangebote für Eltern. Mit der Ausweitung der Schulsozialarbeit – mit Beginn des Schuljahrs 2021/22 verfügt jede Berliner Schule über mindestens eine Stelle – und dem Jugendförder- und Beteiligungsgesetz, das im Sommer 2019 beschlossen wurde, wurden zudem die Angebote der Kinder- und Jugendarbeit in der Stadt völlig neu aufgestellt und zusätzliche Mittel bereitgestellt. Alle diese Maßnahmen zielen darauf ab, die Bildungs-, Teilhabe- und Lebenschancen von Kindern, Jugendlichen und ihren Familien nach- haltig zu verbessern.

Für Schulverweigerer:innen gibt es im Land Berlin zudem seit Jahren vielfältige Projekte und Unterstützungsangebote (siehe https://bildungsserver.berlin-brandenburg.de/schulverweigerung)

Welche Ideen und Konzepte haben Sie, um Risikoschüler*innen wirksam zu fördern?

Wir halten den pädagogischen Ansatz des Produktiven Lernens in Schulen für besonders erfolgversprechend und ausbaufähig. (siehe https://www.iple.de/PL-Standorte/PL-Berlin.htm)

DIE LINKE setzt zudem auch weiterhin darauf, die Situation von Kindern, Jugendlichen und ihren Familien zu stärken. Die Folgen der Pandemie werden uns dabei aller Voraussicht nach noch mehrere Jahre lang beschäftigen. Wir halten es deshalb für wichtig, die vielfältigen Programme und Maßnahmen der letzten anderthalb Jahre kritisch daraufhin zu überprüfen, welche wir auch weiterhin für erfolgversprechend halten. Wichtig ist, dass der Bund dafür (wie im WPS 1) dargestellt, weiterhin Verantwortung übernimmt, auch über das Ende der Corona-Pandemie hinaus.

Welche Maßnahmen werden Sie in der nächsten Wahlperiode vorschlagen und ggf. umsetzen?

Wie eben benannt, muss das Produktive Lernen gefördert werden. Außerdem wollen wir die Schul- sozialarbeit weiter stärken (siehe WPS 9) und im Schulgesetz verankern. Außerdem wollen wir den Zugang zu den Angeboten des offenen Ganztags erleichtern und dafür auf eine Bedarfsprüfung für die ergänzende Förderung und Betreuung verzichten und die Kostenbeteiligungsfreiheit analog zur seit 2019 geltenden Regelung für die Jahrgangsstufen 1 und 2 auch für die Jahrgangsstufen 3 und 4 abschaffen. Die Lernmittelfreiheit und das kostenlose Mittagessen wollen wir auch auf die Sekundarstufe I ausweiten. Darüber hinaus wollen wir den Personalschlüssel im Bereich der er- gänzenden Förderung und Betreuung deutlich erhöhen, so dass die Schüler:innen dort künftig noch individueller und passgenauer unterstützt werden können. Schulen in sozial schwieriger Lage wollen wir besser ausstatten (siehe WPS 8) und die Gemeinschaftsschulen, an denen die Entkoppelung von sozialer Herkunft und Bildungserfolg laut Studien besonders gut gelingt, stärken (siehe WPS 7).

Für DIE LINKE gilt auch weiterhin: Kein Kind und kein:e Jugendliche:r darf verloren gehen!

 

Antwort der Bündnis 90/ Die Grünen

Wie erklären Sie sich das mangelnde Engagement der Berliner Bildungspolitik, die Gruppe sogenannter Risikoschüler*innen für das Lernen und die Teilhabe an der Gesellschaft zu gewinnen?

Wichtig wäre neben der Bedarfsfeststellung die Vermittlung in das Hilfesystem. Niederschwellige Angebote müssen bekannt und verfügbar sein. Bei Kinderärzt*innen und Heilpädagogischen Fachdiensten muss es Kenntnisse über Häusliche Gewalt und ihre Auswirkungen auf Kinder und Vermittlungswissen ins spezialisierte Hilfesystem geben.

Nötig sind niedrigschwellige Angebote für bereits belastete Familien, die durch die Pandemie und deren weitere Belastung nochmal mehr geschwächt wurden und deren Ressourcen durch schulische und außerschulische Angebote nicht mehr gestärkt werden konnten.

Einfach und zielführend sind Hinweise auf schon bestehenden Möglichkeiten/Angebote und deren Inanspruchnahme. Gut wäre ein breiter Diskurs von und mit wesentlichen Akteuren*innen, Institutionen und Kostenträgern, um die vorliegenden Daten gemeinsam auszuwerten und zu präsentieren (s. z. B. COPSY) und dann die nötigen Konsequenzen zu ziehen und zu planen.

Wünschenswert wäre die Einrichtung eines sektorenübergreifenden Arbeitskreises – Kinder §35a SGB VIII und Kinder mit Themen Schulabbruch, Schulschwierigkeiten, etc. Das ist eine gemeinsame Aufgabe der Bereiche Schule, Jugend und Gesundheit.

Die „Berliner Koordinierungsstelle für Kinder und Jugendliche mit komplexem Hilfebedarf“ in der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie ist ein positives Beispiel, das unbedingt weiterfinanziert werden sollte. Das System für Prävention und Versorgung von belasteten Familien muss weiter gestärkt, ausgebaut und Akteur*innen in Netzwerken zusammengeführt werden.

 

Antwort FDP

“Um ein Kind zu erziehen, braucht es ein ganzes Dorf.” Diese in Afrika sprichwörtlich gewordene Lebenserfahrung gilt besonders für “Risikoschülerinnen und Schüler”. Hier ist gefordert, was schon Pestalozzi gefordert hat: “Viel Liebe (i.Sinne von Zuwendung) und gutes Vorbild”.

Unsere Politik steht für die Stärkung des Zusammenhalts der Stadtgesellschaft und fördert ein gesellschaftliches Klima, in dem sich die Menschen, die in unserer Stadt leben, die Institutionen unseres Gemeinwesens und deren Vertreterinnen und Vertreter gegenseitig mit Verantwortung, Fairness und Respekt begegnen.

Wir wollen eine freiheitliche und demokratische Gesellschaft. Die freiheitliche demokratische Grundordnung und ihre pluralistischen Werte dürfen nicht infrage gestellt werden. Politischen und weltanschaulichen Extremismus jeglicher Art bekämpfen wir entschieden. Wir fordern eine ursachenorientierte Kriminalprävention durch verstärkte Aufklärung, Aussteigerprogramme und die Vernetzung staatlicher Stellen mit bürgerschaftlichen Initiativen. Präventive Angebote, wie beispielsweise die von der Polizei im Rahmen des Schulunterrichts angebotenen Anti-Gewalt-Trainings und Informationsveranstaltungen, müssen verstärkt werden. Gleichzeitig ist eine bessere Verzahnung von Polizei, Schulen und Jugendhilfe erforderlich. Darüber hinaus ist ein verstärkter Einsatz von Jugend- und Sozialarbeitern und -arbeiterinnen sowie Streetworkern und Streetworkerinnen notwendig, um eine verlässliche Anlaufstelle zu schaffen. „Kriminelle Karrieren“, besonders von nochstrafunmündigen Kindern, müssen frühzeitig erkannt werden.

Wir wollen, dass bei straffällig gewordenen Jugendlichen das Verfahren möglichst unmittelbar nach der Tat erfolgen kann, um jugendliche Straftäter und Straftäterinnen von einer „kriminellen Karriere“ abzubringen („Neuköllner Modell“). Dazu werden wir Schulen, die Jugendhilfe und das soziale Umfeld positiv aktivieren, um gegensteuern zu können.

Themen wie körperliche Selbstbestimmung, Konsens und gegenseitiger Respekt sollen in Kindergärten und Schulen altersgerecht behandelt und die Kinder und Jugendlichen entsprechend sensibilisiert werden

In unserem Berlin hat Diskriminierung keinen Platz. Die Freien Demokraten lehnen jegliche gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit, verbale und tätliche Gewalt. Wir möchten, dass die Schulen und die Jugendarbeit eine stärkere Rolle beim Umgang mit Vielfalt und ihrer Vermittlung spielen. Vielfalt soll in Lehrmitteln (Schulbüchern, Medien und Arbeitspapieren) dargestellt werden. Wir setzen uns dafür ein, dass Gewaltpräventionsarbeit und gesundheitliche Aufklärung in Schulen, Jugendeinrichtungen, Sportvereinen und anderen Institutionen als diskriminierungsfreie Aufklärungsarbeit gestaltet wird. Die heute Diskriminierten und Deklassierten dürfen nicht dazu getrieben werden, selbst zu Menschenverachtern zu werden, die ihrerseits den Respekt gegenüber der Würde und den Werten der offenen Gesellschaft verlieren, den sie selbst vermisst haben, obwohl er ihnen zusteht.

 

 

6. Wahlprüfstein:

Das Potential mehrsprachig aufwachsender Schülerinnen und Schüler durch mehrsprachige Unterrichtsangebote fördern

Forschungen zur Mehrsprachlichkeit belegen positive Einflüsse auf die schulische (kognitive) Entwicklung allgemein und auch auf das Erlernen der deutschen Sprache, wenn die Erst- /Referenzsprache(n) in der Schule weiter ausgebildet werden kann....(mehr)

Forschungen zur Mehrsprachlichkeit belegen positive Einflüsse auf die schulische (kognitive) Entwicklung allgemein und auch auf das Erlernen der deutschen Sprache, wenn die Erst- /Referenzsprache(n) in der Schule weiter ausgebildet werden kann. Solche schulischen Angebote sind auch Zeichen der Anerkennung der Herkunftssprachen und können damit die Integration fördern. Die mehrsprachigen schulischen Angebote in Berlin bilden – im Unterschied zu anderen Bundesländern wie z.B. Hamburg und NRW – die Mehrsprachigkeit der Schüler*innen überhaupt nicht ab. Die schulrechtlichen Fremdsprachenregelungen stellen eher unnötige Barrieren (beim MSA oder beim (Fach-)Abitur) in der Bildungskarriere für solche mehrsprachigen Schüler*innen dar, deren Herkunftssprache(n) nicht Deutsch sind und die keine der angebotenen Fremdsprachen schon ausreichend gelernt haben.
In Berliner Grundschulen wird in unterschiedlichen Organisationsformen und mit unterschiedlichem schulrechtlichem Status herkunftssprachlicher Unterricht in Türkisch, Arabisch und Kurdisch angeboten, Polnisch bietet eine Grundschule in ihrem Europaschulzug an.
Es gibt kein Konzept für die Weiterführung dieses Unterrichts in der Sekundarstufe I und die Sekundarstufe II als 2. oder 3. Fremdsprache inklusive der Anerkennung als Prüfungsfach.
Um den gegenwärtigen Mangel zu beheben, sollten nach Auffassung einschlägiger Wissenschaftler die Schüler*innen einen Rechtsanspruch auf Prüfungen (MSA, Fach-/Abitur) auch in ihrer Herkunftssprache erhalten. Solange noch kein entsprechender Unterricht in der Sekundarstufe I und II angeboten wird, erhalten die Schüler*innen als Ersatz einen digitalen Unterricht zur Prüfungsvorbereitung. Zur Entwicklung des digitalen Unterrichts in den verschiedenen Sprachen gibt es in Berlin genügend Kompetenzen an den Universitäten.

Fragen:
• Wie beurteilen Sie die schulischen Sprachenangebote in Berlin für mehrsprachige Schüler*innen?
• Halten Sie den Ausbau mehrsprachiger Angebote in der Berliner Schule für notwendig und dringend?
• Wie beurteilen Sie den Vorschlag der Wissenschaftler für einen Rechtsanspruch auf Fremdsprachenprüfungen in der Herkunftssprache und digitale Prüfungsvorbereitung?

Antworten der SPD, CDU, Die Linke, Bündnis 90/ Die Grünen und FDP

Antwort SPD

Wie beurteilen Sie die schulischen Sprachenangebote in Berlin für mehrsprachige Schüler*innen?

Berlin ist mit der Vielseitigkeit der Sprachangebote im bundesvergleich vorne dabei. Das ist in einer multikulturellen Stadt auch unabdingbar. Sowohl die staatlichen Europaschulen (SESB), als auch die Ausweitung des herkunftssprachlichen Unterrichts in den Sprachen Türkisch, Arabisch, Kurdisch sowie unter anderem osteuropäische Sprachen, die Regulierung des Konsulatsunterrichts und die Verbesserung der Willkommensklassen sind wichtige Angebote für die Stadt und werden gut angenommen. Die schulischen Sprachangebote stehen daher auf einer ausbaufähigen Grundlage, der Anfang ist in dieser Legislatur jedoch gemacht.

Halten Sie den Ausbau mehrsprachiger Angebote in der Berliner Schule für notwendig und dringend?

Der Ausbau der mehrsprachigen Angebote ist ein zentrales Anliegen der SPD. Auch in der neuen Wahlperiode stärken wir weiterhin den staatlichen herkunftssprachlichen Unterricht und weiten das Sprachangebot aus. Durch die Stärkung der Herkunftssprachen zeigen sich nämlich auch positive Effekte für die Verbesserung der deutschen Sprachkenntnisse. Unsere Ziele sind dabei die gesetzliche Verankerung des herkunftssprachlichen Unterrichts, die Ausweitung der Angebote gleichmäßig über die Stadt verteilt, insbesondere auch in den Ost-Bezirken. Dazu sollen die gesprochenen Sprachen erfasst, passgenaue Angebote der Zwei- und Mehrsprachigkeit bereitgestellt und das Angebot durchgängig von der Kita bis zur Schule gestaltet werden. Die Anzahl von Schüler*innen nicht-deutscher Herkunftssprache (ndH-Indikator) ist dabei für uns nicht aussagekräftig. Deshalb ersetzen wir den ndH-Indikator bei der Schulentwicklung durch soziale Indikatoren.

Wie beurteilen Sie den Vorschlag der Wissenschaftler für einen Rechtsanspruch auf Fremdsprachenprüfungen in der Herkunftssprache und digitale Prüfungsvorbereitung?

Inhaltlich unterstützen wir den Vorschlag vollkommen. Allerdings stehen einer Anerkennung der Herkunftssprache als erste Fremdsprache Vorgaben der Kultusminister*innenkonferenz entgegen. Als Kompromiss wollen wir einen Anspruch auf Anerkennung der Herkunftssprache als zweite Fremdsprache im Schulgesetz verankern und darüber Vereinfachungen für die entsprechenden Schüler*innen erzielen und uns auf Bundesebene für Erleichterungen bei der Anerkennung als Erstsprache ermöglichen.

 

Antwort der CDU

Wir werden die Staatlichen Europa-Schulen Berlin stärken und für jedes Schulneubau oder -ausbauprojekt obligatorisch die Einrichtung eines bilingualen Zweiges prüfen. Vor allem im Osten unserer Stadt gibt es dafür einen hohen Bedarf. Darüber hinaus müssen bilinguale Kita-Angebote erhalten, zertifiziert und ausgebaut werden.

 

Wir wollen ein qualitativ hochwertiges und quantitativ ausreichendes Angebot bilingualer und internationaler Kitas in unserer Stadt aufbauen und freie Träger in diesem Bereich beim Auf- und Ausbau unterstützen. Bilinguale Kita-Angebote müssen zertifiziert werden. Die Entwicklung von Sprachen-Kitas und der Staatlichen Europa-Schule ist zu koordinieren, damit die Kontinuität in der sprachlichen Förderung gewährleistet ist.

 

Antworten Die Linke

Wie beurteilen Sie die schulischen Sprachenangebote in Berlin für mehrsprachige Schüler*innen?

Berlin ist vielfältig: Ein großer Teil der Berliner Schüler:innen wächst mehrsprachig auf, hat Familie, die in anderen Ländern lebt oder selbst Migrationsgeschichte. Nicht umsonst definiert das Berliner Schulgesetz in § 3 interkulturelle Kompetenz als eines der Bildungs- und Erziehungsziele der Berliner Schule. Mit den Staatlichen Europa-Schulen (SESB) verfügt Berlin bereits seit den 1990er-Jahren über ein ganz besonderes Modell der bilingualen Schulbildung – an inzwischen 34 Standorten und in neun Sprachkombinationen. Doch an den anderen Schulen spiegelte sich die sprachliche Vielfalt der Schüler:innen lange Zeit eher in den Pausen als im Unterricht wider. Schüler:innen, die zu Hause

  1. B. Türkisch, Arabisch, Kurdisch, Rumänisch, Kroatisch oder Serbisch sprechen, hatten lange Zeit fast nur im Rahmen von Konsulatsunterricht die Möglichkeit, in ihrer Familiensprache auch Lesen und Schreiben zu lernen.

2017 haben wir deshalb gemeinsam mit unseren Koalitionspartnerinnen den Antrag „Sprachliche Vielfalt in Berlin als Reichtum begreifen und im Unterricht weiterentwickeln!“ (Drs. 18/0277) ins Parlament eingebracht und den Senat zur Erarbeitung eines Konzepts zur Förderung der Mehr- sprachigkeit aufgefordert. In der Folge wurde der von der Senatsbildungsverwaltung verantwortete Herkunftssprachenunterricht (HSU) insbesondere an Grundschulen deutlich ausgebaut: Inzwi- schen bestehen AGs in den Sprachen Arabisch, Kurdisch (Kurmandschi), Türkisch sowie ganz neu zum beginnenden Schuljahr in Polnisch, Russisch und Vietnamesisch. Allein das Türkischunterricht- Angebot konnte von 21 Grundschulen (845 Schüler:innen) im Schuljahr 2017/18 auf 78 Grundschu- len (ca. 1.600 Schüler:innen) im Schuljahr 2020/21 ausgeweitet werden. Darüber hinaus ist ein wei- terer Ausbau in der Sekundarstufe I geplant. Auch die Entwicklung eines neuen Rahmenlehrplans

„Herkunftssprachenunterricht 1-10“ ist abgeschlossen, der sich als Ergänzung an den bestehenden Fachlehrplänen der Berliner Schule orientiert.

Die rot-rot-grüne Koalition hat damit einen erheblichen Beitrag dazu geleistet, die sprachliche Viel- falt der Berliner Schüler:innen zu fördern. Diesen Prozess wollen wir in der kommenden Wahlperiode fortsetzen.

Halten Sie den Ausbau mehrsprachiger Angebote in der Berliner Schule für notwendig und dringend?

DIE LINKE will den herkunftssprachlichen Unterricht und generell Maßnahmen zur Förderung von Zwei- und Mehrsprachigkeit in der kommenden Wahlperiode weiter ausbauen. Insbesondere muss es uns darum gehen, verstärkt von immersiven Sprachlernmethoden sowie von der Möglich- keit, Fachunterricht in einer Zweit- bzw. Fremdsprache zu erteilen, Gebrauch zu machen. Als Voraussetzung dafür gilt es, an den Berliner Hochschulen Lehrkräfte für die häufigsten Herkunfts- sprachen auch selbst auszubilden. Außerdem wollen wir prüfen, inwieweit das Konzept der Europa- schule auf weitere, auch außereuropäische Sprachen ausgedehnt werden kann. Wir denken dabei insbesondere an Sprachen wie Kurdisch, Arabisch oder Vietnamesisch.

Wie beurteilen Sie den Vorschlag der Wissenschaftler für einen Rechtsanspruch auf Fremdsprachenprüfungen in der Herkunftssprache und digitale Prüfungsvorbereitung?

Wir wollen dafür sorgen, dass die Herkunftssprache von Schüler:innen oder ihrer Eltern auch durch Regelunterricht als erste oder zweite Fremdsprache anerkannt wird und prüfungsrelevant ist. Dafür streben wir in der nächsten Wahlperiode eine Schulgesetzänderung an, um den von Ihnen eingeforderten Rechtsanspruch zu verankern. Die Forderung nach digitaler Prüfungsvorbereitung halten wir angesichts der vielfältigen Erfahrungen, die wir alle in den letzten anderthalb Jahren mit digitalen Lehr- und Lernformen gemacht haben, für durchaus überlegenswert, insbesondere für “kleinere” Sprachen. Unser grundsätzliches Ziel muss es aber sein, zumindest in den Sprachen, die von sehr vielen Berliner Schüler:innen gesprochen werden, Schritt für Schritt ein flächendeckendes Regelangebot zu schaffen, ggf. schulübergreifend, in Form von Kooperationen mehrerer Schulen. Als Voraussetzung dafür gilt es, bei Schuleintritt die Familiensprache(n) der Schüler:innen zu erfassen, um längerfristig Bedarfe einschätzen und Angebote daran ausrichten zu können.

 

Antwort der Bündnis 90/ Die Grünen

Wie erklären Sie sich das mangelnde Engagement der Berliner Bildungspolitik, die Gruppe sogenannter Risikoschüler*innen für das Lernen und die Teilhabe an der Gesellschaft zu gewinnen?

Auf Anregung von uns Bündnisgrünen hat in dieser Wahlperiode der systematische Ausbau des An- gebots an sogenanntem herkunftssprachlichem Unterricht ebenso begonnen wie die Erarbeitung eines Konzepts zur Mehrsprachigkeit. Hierfür haben wir das Zentrum für Sprachbildung beauftragt und mit zusätzlichen Stellen und Sachmitteln ausgestattet. Gerade die oft stigmatisierten Sprachen Türkisch, Arabisch und Kurdisch lagen uns dabei am Herzen. Wir sehen es als großen Erfolg, dass in mittlerweile 64 Schulen Türkisch, in sechs Grundschulen Arabisch und in dreien Kurdisch angeboten wird. Hinzu kommt eine Schule, die Vietnamesisch anbietet, als nächstes soll außerdem das Pol- nisch-Angebot erweitert werden.

Dieser Ausbau muss weitergehen. Die Förderung von Mehrsprachigkeit ist sowohl aus gesellschaftli- cher, kultureller wie aus rein bildungspolitischer Sicht geboten. Zwei- und mehrsprachige Kinder profitieren nachweislich kognitiv und in ihrer Gesamtentwicklung. Und die Wertschätzung der Her- kunftssprachen ist das positivste Instrument der diskriminierungsfreien Teilhabe und gesunden Identitätsentwicklung.

Wir wollen das Angebot und die Formen der Förderung von Mehrsprachigkeit systematisch weiter ausbauen. Dazu sollen zukünftig bei der Einschulung die vorhandenen Familiensprachen erhoben werden. Diese Erhebungen sollen die Basis bilden für das Konzept der Ausweitung. Immer da, wo es schulorganisatorisch – gerne mit Unterstützung der Migrant*innenselbstorganisationen – möglich ist, soll den Kindern herkunftssprachlicher Unterricht angeboten werden. Unser Ziel ist eine durch- gehende Sprachförderung auf zeugnis- und abschlussrelevanter Ebene. Externe Fremdsprachenprü- fungen und digitale Vorbereitungsformate sind sinnvolle Ergänzungen dieses Angebots und insbe- sondere für die sogenannten kleineren Sprachen interessant.

 

Antwort FDP

Wie erklären Sie sich das mangelnde Engagement der Berliner Bildungspolitik, die Gruppe sogenannter Risikoschüler*innen für das Lernen und die Teilhabe an der Gesellschaft zu gewinnen?

Grundvoraussetzung für die Verständigung und Integration in Gesellschaft und Arbeitsmarkt hierzulande sind deutsche Sprachkenntnisse. Hier wurde in der Vergangenheit viel versäumt. Das Erlernen der deutschen Sprache ist der Schlüssel zur gesellschaftlichen Teilhabe und zum Aufstieg und muss daher endlich zur Priorität werden. Das Beherrschen der deutschen Sprache ist auch für diejenigen wichtig, die schon lange in Deutschland leben. Wir werden es nicht hinnehmen, dass Kinder, die in Berlin geboren wurden, beim Schuleintritt aus Sprachgründen nicht in der Lage sind, dem Unterricht zu folgen.

Wir setzen uns dafür ein, jedes Kind zwischen dem dritten und vierten Lebensjahr verpflichtend einem standardisierten Sprachstandfeststellungsverfahren zu unterziehen, damit darauf aufbauend eine gezielte Sprachförderung mit Erfolgskontrollen stattfinden kann.

Wir brauchen eine bessere und frühzeitige Deutschförderung für Fachkräfte bei geeigneten Bildungsträgern. Es muss einfacher werden, im Rahmen einer (dualen) Ausbildung die deutsche Sprache durch gezielte Förderung zu erlernen. Hierfür benötigen wir mehr Deutschkurse an den Berufsschulen.

Sprachkurse müssen sich an den Lebensalltag der Berufstätigen anpassen. Es müssen mehr Abend- und Onlinekurse angeboten werden, um Eltern, Vielarbeitenden und Schichtarbeiterinnen und Schichtarbeitern den Zugang zu erleichtern. Zudem soll es über ein Bildungs-Credit-Point-System auch verstärkt den im Vergleich zu Gruppenkursen effektiveren Einzel- oder Paarunterricht geben.

Unabhängig davon ist Zweisprachigkeit ein Vorteil im internationalen Austausch gerade auch mit den Ländern, die die Heimat der Vorfahren der Berlinerinnen und Berliner nicht-deutscher Herkunft sind.

Die FDP wirbt für ein vielfältiges Schulangebot. Wir möchten die Eigenständigkeit der Schulen stärken und deren unabhängige Profilbildung im Rahmen allgemeingültiger Bildungsstandards unterstützen. Deshalb sind wir für die Diskussion über die Erweiterung von Fremdsprachenangeboten auch in weiterführenden Stoffen. Zusätzliche Fremdsprachen sollen selbstverständlich in dieser Sprache geprüft werden können. Wir befürworten es, digitale Lernangebote in die Prüfungsvorbereitung einzubeziehen. Sie können Module in Angeboten digitaler Lernplattformen mit qualitätszertifizierten Inhalten für den Schulunterricht in Berlin sein.

7. Wahlprüfstein:

Gemeinschaftsschule ausbauen und stärken

Die Berliner Gemeinschaftsschule entspricht in seinen Strukturen den Konzepten einer bildungsgerechten Schule....(mehr)

Die Berliner Gemeinschaftsschule entspricht in seinen Strukturen den Konzepten einer bildungsgerechten Schule. Im Abschlussbericht der Wissenschaftlichen Begleitung wurde hervorgehoben, dass die Gemeinschaftsschule mit ihrer Organisationsform in der Lage ist, das Lernen in heterogenen Gruppen für alle Schüler*innen erfolgreich zu gestalten. Überdurchschnittliche Kompetenzentwicklung ging mit der Inklusion und Demokratiebildung einher. Die Berliner Gemeinschaftsschule trägt zum Abbau der sozio-ökonomischen Benachteiligung im Schulsystem und zu mehr Bildungsgerechtigkeit bei.
„Die Befunde der wissenschaftlichen Begleitung sind nicht nur für die Entwicklung der Berliner Schule, sondern auch für (Gemeinschaftsschulen) in anderen Bundesländern von Bedeutung…Damit ist für eine grundlegende Frage der Schulentwicklung (das Lernen in heterogenen Gruppen) eine empirische Basis für Entscheidungen gelegt worden, die eine Weiterführung nicht nur der Schulentwicklungspraxis, sondern auch der Schulentwicklungsforschung nicht nur sinnvoll, sondern auch notwendig erscheinen lässt.“ (Ulrich, Vieluf (2017): Inklusion am Beispiel der Berliner Gemeinschaftsschule)
Dieser Erfolg entbindet die Schulpolitik aber nicht von der Aufgabe, die qualitative und quantitative Weiterentwicklung zu fördern und zu forcieren.
Im Mittelpunkt der qualitativen Weiterentwicklung stehen die Entwicklung, Adaption, Erprobung und Evaluation von vielfältig einsetzbaren Konzepten für das Lernen in heterogenen Gruppen, dazu gehören auch Konzepte der Begabungsförderung. Weil dies natürlich auch für ISS, Gymnasien und Grundschulen relevant ist, sollte die Schulpolitik die Gründung einer geeigneten Institution (Kompetenzzentrum) und Plattform „Lernen in heterogenen Gruppen/individuelle Förderung“ anstoßen, da die angebotenen Fortbildungen offenbar nicht ausreichen. Ansätze für solche Einrichtungen gibt es in verschiedenen Bundesländern. Zudem benötigen die Schulen Freiräume für unterrichtsorganisatorische Veränderungen. Ergänzt werden könnte dies durch eine weitere wissenschaftliche Begleitung.
Im Sinne der Bildungsgerechtigkeit der Berliner Schule erscheint ein weiterer quantitativer Ausbau der Gemeinschaftsschulen notwendig. Bei Schulgründungen sollte deshalb die Gemeinschaftsschule Priorität haben.

Fragen:
• Wie schätzen Sie die Bedeutung der Gemeinschaftsschule ein?
• Wo sehen Sie Entwicklungsbedarf?
• Welche Maßnahmen wollen Sie in der kommenden Legislaturperiode fordern bzw. einleiten?
• Wie sollte die Bildungsverwaltung den einzelnen Schulen Freiräume für Innovationen im Unterricht schaffen?

Antworten der SPD, CDU, Die Linke, Bündnis 90/ Die Grünen und FDP

Antwort SPD

Wie schätzen Sie die Bedeutung der Gemeinschaftsschule ein?

Die Gemeinschaftsschule entspricht sozialdemokratischen Vorstellungen von gleichen Chancen für alle Kinder und vom Aufbau einer demokratischen Gesellschaft. Gemeinsam mit der ISS bildet sie eine zweite dem Gymnasium gleichgestellte Säule des Berliner Schulsystems. Unser Ziel bleibt, die Zahl der Neugründungen zu erhöhen, Umwandlungen zu erleichtern und die bestehenden GemS und ISS im Gleichschritt qualitativ weiterzuentwickeln.

Wo sehen Sie Entwicklungsbedarf?

Die Anzahl der Neugründungen entscheidet sich immer noch entlang der politischen Lager. Bei sechs SPD und sechs CDU-Schulstadträten lassen sich die politischen Unterschiede an einer Trennlinie ablesen. Es kann aber nicht von der politischen Farbe des Schulamtes abhängen, welche Pädagogik an den Schulen eingesetzt wird. Unser Ansatz ist es daher, vermehrt auf die Eigenständigkeit der Schulen zu setzen, ihre Umwandlung in eine Gemeinschaftsschule zu erleichtern und den hindernden Einfluss der Bezirke zu verringern. Schulen, die sich zu Gemeinschaftsschulen umwandeln wollen, erhalten von uns Starthilfen während dieser Transformation. Ferner unterstützen wir den Weg von Gemeinschaftsschulen mit eigener gymnasialer Oberstufe. Das Mindestziel ist eine Gemeinschaftsschule mit gymnasialer Oberstufe pro Bezirk.

Welche Maßnahmen wollen Sie in der kommenden Legislaturperiode fordern bzw. einleiten?

Die Gemeinschaftsschule ist eine reguläre und gleichwertige Schulart des Berliner Schulsystems. Dies muss an allen Stellen deutlich werden. Das beginnt mit einem eigenständigen Kapitel im Landeshaushalt und endet bei einer gleichmäßigen und ausgewogenen Verteilung der Schulart im Stadtbild. Wir werden daher die rechtlichen Rahmenbedingungen anpassen und die Umwandlung in eine Gemeinschaftsschule erleichtern. Die Schulaufsicht soll derart ausgestattet werden, dass sie diesen Prozess positiv begleiten kann. Insbesondere sollen Gemeinschaftsschulen, die sich besonders der Inklusion widmen mehr personelle und sachliche Unterstützung bekommen.

Wie sollte die Bildungsverwaltung den einzelnen Schulen Freiräume für Innovationen im Unterricht schaffen?

Für die Gemeinschaftsschule gilt hier der gleiche Ansatz wie für die ISS oder andere Schulformen. Die SPD steht für die eigenständige, vernetzte und datenbasierte Schule. D.h. wir überlassen den Schulen die Wahl ihrer Mittel und Schwerpunktsetzung, halten aber verbindliche Ziele fest. Nach Ablauf eines Jahres wird von der Schule und Schulaufsicht überprüft, ob die Ziele erreicht wurden. Bei Nicht-Erreichen wird evaluiert, woran dies gelegen hat. Besonderheiten für die Gemeinschaftsschule ergeben sich jedoch dadurch, dass für jede Schulart eigene Indikatoren verabredet wurden. Gleichzeitig müssen wir den Gemeinschaftsschulen in diesem Prozess auch die Kapazitäten bereitstellen, die sie brauchen, um sich um die eigene Schulentwicklung zu kümmern. Das bedeutet insbesondere Zeit für Teamarbeit und Entlastungsstunden für Funktionsstellen und Personen, die sich im besonderen Maße engagieren.

 

Antwort der CDU

Wir werden die Vielfalt der Schulformen erhalten, damit alle Kinder in der

Schulart, die ihren Begabungen entspricht, individuell bestmöglich gefördert werden.

 

Der Besuch einer Gemeinschaftsschule darf Kindern nicht durch den Zuschnitt des Einzugsgebiets von oben verordnet werden, sondern muss das Ergebnis einer freien und bewussten Entscheidung seitens der Eltern sein. Ihnen muss daher ein Widerspruchsrecht gegen die Zuweisung ihres Kindes an eine Gemeinschaftsschule zugesichert werden und es muss die Möglichkeit sichergestellt sein, das Kind auf Wunsch statt an einer Gemeinschaftsschule an der nächstgelegenen Grundschule einschulen zu können.

 

Antworten Die Linke

Wie schätzen Sie die Bedeutung der Gemeinschaftsschule ein?

Wie von Ihnen dargestellt, ist inzwischen auch wissenschaftliche belegt, dass lernschwache und lern- starke Schüler:innen durch gemeinsames Lernen an Gemeinschaftsschulen bessere Leistungen erzie- len. Der Bildungserfolg kann hier am besten vom Sozialstatus der Eltern entkoppelt werden, hier wird Inklusion gelebt. Diese Erfolge wurden erreicht, obwohl Gemeinschaftsschulen jeweils einen überdurchschnittlichen Anteil von Schüler:innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf oder nichtdeutscher Herkunftssprache sowie aus einkommensarmen Verhältnissen aufweisen. Faktoren die – trotz aller Kritik an der Aussagefähigkeit dieser Indikatoren – in unserer Gesellschaft in der Regel hinderlich für den Bildungserfolg sind.

DIE LINKE ist deshalb davon überzeugt, dass die Gemeinschaftsschule als schulstufenübergreifende inklusive Schulform die Schule der Zukunft ist. Wir haben deshalb nicht nur dafür gesorgt, dass die Gemeinschaftsschulen seit 2018 im Berliner Schulgesetz als eigenständige Schulform verankert sind, wir wollen Gemeinschaftsschulen auch künftig weiter stärken.

Wo sehen Sie Entwicklungsbedarf?

Entwicklungsbedarf sehen wir insbesondere bei der Neugründung bzw. Umwandlung bestehender Schulen zu einer Gemeinschaftsschule. Hier braucht es Unterstützung, zumal auffällt, dass sich die Neugründungen der letzten Jahre in einzelnen Bezirken konzentrierten, während der politische Wille zur Unterstützung in anderen Bezirken offensichtlich nur zurückhaltend oder sogar verhin- dernd ausgeprägt war. Wir brauchen jedoch gleiche Bildungschancen in der ganzen Stadt – und dazu gehört auch die Möglichkeit, eine Gemeinschaftsschule zu besuchen. Wir wollen deshalb die Schulkonferenzen der beteiligten Schulen in ihren Kompetenzen stärken und so das Verhältnis zum bezirklichen Schulträger neu austarieren. Außerdem wollen wir dafür sorgen, dass Gemein- schaftsschulen ein Anrecht auf eine durchgängige, gleichmäßige Zügigkeit in Grund- und Oberstufe erhalten, von der nur befristet und in engen Ausnahmefällen abgewichen werden darf.

Welche Maßnahmen wollen Sie in der kommenden Legislaturperiode fordern bzw. einleiten?

Neben den bereits angesprochenen Vorhaben, wollen wir dafür sorgen, dass Schulneubauten be- vorzugt als Gemeinschaftsschulen realisiert werden. Zudem benötigen bereits bestehende Schulen, die sich auf den Weg machen, Gemeinschaftsschulen zu werden, finanzielle und personelle Unterstützung. Wir streben 100 neue Gemeinschaftsschulen bis 2026 an. In jedem Bezirk muss der Gemeinschaftsschulbesuch auch bis zum Abitur ermöglicht werden.

Gebäude der Gemeinschaftsschulen wollen wir, falls nicht ausreichend vorhanden, mit zusätzlichen Werkstätten, Schulküchen, Teilungsräumen, Therapieräumen und barrierefrei ausbauen.

Die wissenschaftliche Begleitung der Gemeinschaftsschulen wollen wir weiterhin absichern.

Wir erwarten eine gewollte und gezielte Unterstützung der Gemeinschaftsschulen durch die Senatsbildungsverwaltung. Die Gemeinschaftsschulen müssen endlich wieder eine:n Ansprech- partner:in in der Senatsverwaltung für Bildung erhalten. Die bis jetzt verhinderte Neubesetzung der Stelle muss schleunigst erfolgen.

Wie sollte die Bildungsverwaltung den einzelnen Schulen Freiräume für Innovationen im Unterricht schaffen?

Das Arbeiten an Schulen muss entbürokratisiert werden. Autonome Entscheidungen von Schulen müssen in größerem Umfang ermöglicht werden. Viele Gemeinschaftsschulen nutzen die Spielräume, die ihnen das Berliner Schulgesetz bietet, bereits jetzt ausgiebig: Zum Beispiel bewerten viele von ihnen die Leistungen von Schüler:innen erfolgreich bis zum 9. Jahrgang ohne Noten. Wir wollen, dass das an allen Schulen zum jährlich überprüften Grundprinzip wird und Abweichungen davon nur durch die Schulkonferenz beschlossen werden können.

 

Antwort der Bündnis 90/ Die Grünen

Wie schätzen Sie die Bedeutung der Gemeinschaftsschule ein?

Wir wollen eine neue Kultur des Lernens, in der nicht Defizite, sondern stärkenorientiertes Lernen und kognitive sowie soziale Fähigkeiten im Mittelpunkt stehen. Körperliche und psychische Gesund- heit sind zentrale Ressourcen für Leistungsfähigkeit, Lebensqualität und soziale Teilhabe, die wir stärken wollen. Und wir wollen Klassen, die die Vielfalt unserer Gesellschaft abbilden.

 

Dafür brauchen alle Berliner Schulen ausreichend und gut ausgebildetes Personal, eine stärkende und Spaß machende Lernkultur und natürlich gute Bedingungen – das gilt für Gebäude ebenso wie für gutes Essen am Mittag, eine Vernetzung in den Kiez und digitales Lernen. Unsere Vorstellung von Schule lässt sich am besten umsetzen, wenn Kinder so lange wie möglich zusammen lernen. Darum ist unser Ziel die „eine Schule für alle“ – langes gemeinsames Lernen in vielfältigen Gemein- schaftsschulen, in denen schnell lernende, leistungsstarke Schüler*innen genauso gefördert werden wie Schüler*innen mit besonderen Förderbedarfen. Dazu brauchen vor allem Schulen mit großen Herausforderungen die Einbindung in ein gut funktionierendes Netz der Jugend- und Familienhilfe.

 

Mit dem Ziel des längeren gemeinsamen Lernens vor Augen haben wir hart dafür gearbeitet, dass mit der Neufassung des Schulgesetzes die Gemeinschaftsschule als eine der vier Regelschulen defi- niert wurde.

 

Die Umwandlungen und Neugründungen von qualitativ hochwertigen Gemeinschaftsschulen wollen wir gezielt unterstützen – zum Beispiel mit Koordinations- und Unterstützungsstellen in der Senats- verwaltung; mit Qualifizierungsmaßnahmen, Beratungsangeboten, verbesserter Ausstattung und finanziellen Mitteln für den Fusionsprozess oder beim Aufbau einer Oberstufe. Es ist unser erklärtes Ziel, dass in der kommenden Legislaturperiode in allen Berliner Bezirken weitere Gemeinschafts- schulen mit klaren Qualitätskriterien entstehen. Dies können entweder neu gegründete Schulen sein

 

oder fusionierte Grund- und Oberschulen. Dafür wollen wir mit allen Bezirken Wege finden, wie dies umgesetzt werden kann.

 

Antwort FDP

Wie schätzen Sie die Bedeutung der Gemeinschaftsschule ein?

Bildung schafft Lebenschancen. Darum brauchen wir ein durchlässiges Bildungssystem, das zur Leistungsbereitschaft befähigt und ermutigt und einen sozialen Aufstieg unabhängig von der Herkunft ermöglicht. Wir wollen die besten Schulen Deutschlands – moderne Schulen, die ihre Schülerinnen und Schüler zu verantwortungsvollen und freien Bürgerinnen und Bürgern entwickeln und sie auf die Herausforderungen von morgen vorbereiten. Kinder lernen für das Leben, nicht für die Schule. Deshalb wollen wir ein Lernen fördern, das sich auf den Erwerb von Kompetenzen konzentriert. Lehrerinnen und Lehrer kennen die versteckten Talente ihrer Schülerinnen und Schüler besser als der Senat und die Bezirksämter. Daher wollen wir den Schulen mehr Eigenverantwortung übertragen, um ihnen die spezifische Profilbildung zu ermöglichen und schulinterne Herausforderungen maßgeschneidert zu meistern. Schulen sollen eine attraktive Atmosphäre für Schülerinnen, Schüler und Lehrkräfte bieten, die sie zu geschätzten Lehr- und Lernorten macht.

Das kann für das eine Kind die Gemeinschaftsschule, für das andere Kind das Gymnasium sein. Bildung funktioniert nur im Bündnis mit den Eltern. Wir wollen eine vielfältige Schullandschaft, die gesicherte Akzeptanz in der Elternschaft hat. Zu dieser Landschaft gehören Angebote in staatlicher wie auch freier Trägerschaft.

Um die langfristige Qualität des Berliner Bildungssystems zu gewährleisten, setzen wir uns sowohl für eine Fortsetzung der bundeseinheitlichen Leistungsüberprüfungen als auch für eine Intensivierung und Neuaufstellung der Schulinspektion ein. Die Inspektionen müssen ihre Aufgaben entsprechend den wissenschaftlich begründeten Empfehlungen der Qualitätskommission zur Schulqualität in Berlin (Köller-Bericht) verändern. Dabei kommt der fachspezifischen Evaluation der Lehre eine besondere Rolle zu. Ebenso müssen sie in kürzeren Intervallen stattfinden und konkrete Zielvereinbarungen und Unterstützungsmaßnahmen sowie Sanktionsmöglichkeiten für die Schulen zur Konsequenz haben.

Wir fordern die Nutzung der Expertise und der Leistungsdaten des wissenschaftlich anerkannten Instituts für Schulqualität (ISQ) an der Humboldt-Universität zum aktiven Fördern und Fordern der Schulentwicklung durch Verknüpfung des bereits eingesetzten Indikatorenmodells mit den Schulverträgen.

Zugang zu guter Bildung muss Standard und keine Ausnahme sein. Deshalb setzen wir uns dafür ein, Best-Practice-Beispiele von Leuchtturmschulen als Vorbild zu nutzen, um die Schullandschaft erfolgreicher aufzustellen. Wir wollen eine Exzellenzinitiative für Schulen. Unser Anspruch ist, dass 10 Prozent der Schulen zu Leuchtturmschulen werden, die neue Modelle und Best-Practice-Konzepte erproben, als Lehrschulen der didaktischen Ausbildung dienen und sich im berlinweiten Wettbewerb um zusätzlich bereitgestellte Mittel bewerben. Leuchtturmschulen wird es so in allen Berliner Bezirken geben; Leuchtturmgrundschulen sollen in allen Ortsteilen etabliert werden.

Unser ldeal sind Schulkonzepte als kindgerechter Maßanzug, nicht als ideologische Stangenware nach dem Prinzip One-Size-Fits-All.

 

8. Wahlprüfstein:

Qualitative Verbesserung der Schulen in kritischer Lage

In der Regel sind Schulen in kritischer Lage durch ein Zusammenspiel verschiedener Faktoren gekennzeichnet....(mehr)

In der Regel sind Schulen in kritischer Lage durch ein Zusammenspiel verschiedener Faktoren gekennzeichnet. Dazu gehören ein hoher Anteil an Schüler*innen aus sozial benachteiligten Herkunftsmilieus und die soziale Segregation. „Diese Schulen in kritischer Lage dürfen nicht unsere schwächsten Schulen sein, sondern müssen unsere stärksten Schulen sein. Sie müssen besser ausgestattet sein als andere und mehr Freiräume haben“, so Klaus Hurrelmann im Deutschen Schulportal.
Die Situation in Berlin scheint aber das genaue Gegenteil zu sein. In einer Untersuchung des WZB (Helbig/Nicolai 2019) wurden Qualitätseinschätzungen der Berliner Schulinspektion und personelle und finanzielle Ressourcen dieser Schulen untersucht. Zwar erhalten diese Schulen mehr finanzielle Mittel, aber schon der Anteil der Quereinsteiger der Schulen mit einem Lmb-Anteil von mehr als 70 % ist dreimal so hoch wie an den Schulen mit einem Lmb-Anteil von unter 10%. Die Unterrichtsabdeckung der Schulen mit einem Lmb-Anteil von 40-70% ist geringer als der anderer Schulen und der Unterrichtsausfall bzw. Vertretungsunterricht ist höher. Diese Schulen haben auch die schlechtesten Ergebnisse in den Einschätzungen der Schulinspektion. Interessant ist auch, dass Schulen mit einem Lmb-Anteil von über 70% sowohl finanziell besser ausgestattet sind als auch qualitativ höher eingeschätzt werden. Dies dürfte auf die Unterstützung von Stiftungen zurückzuführen sein.
Eine Veränderung scheint durch eine Kombination von fairer Mittelverteilung und Programme zur Schul- und Unterrichtsentwicklung, einer curricularen Öffnung und Verknüpfung mit sozialräumlichen Herangehensweisen möglich zu sein. Erfolgreich scheinen auch Programme mit klaren Zielvereinbarungen und Sanktionen zu sein. In jedem Fall benötigen Lehrkräfte und Pädagog*innen dieser Schulen auch eine bessere Vorbereitung auf diese spezifische berufliche Situation.

Fragen:
• Wie erklären Sie die unfaire personelle Ausstattung von Schulen in kritischer Lage?
• Wie bewerten Sie die bisherigen Unterstützungsmaßnahmen, u.a. in der Fort- und Weiterbildung?
• Welche Maßnahmen werden Sie vorschlagen und ggf. umsetzen, um diese Schulen dem Ziel, zu den stärksten Schulen zu gehören, näher zu bringen?

Antworten der SPD, CDU, Die Linke, Bündnis 90/ Die Grünen und FDP

Antwort der SPD

Wie erklären Sie die unfaire personelle Ausstattung von Schulen in kritischer Lage?

Lange Zeit wurde in der Personalzumessung nicht die Mehrarbeit berücksichtigt das Personal an Schulen in herausfordernder Lage tagtäglich leistet. Das beginnt mit zusätzlicher Eltern- und Beziehungsarbeit und hört bei der Koordinierung der Multiprofessionellen Teams nicht auf. Gleichzeitig haben die vielen Skandale um sogenannte Brennpunktschulen sicherlich nicht dazu beigetragen, dass sich mehr qualifizierte Lehrkräfte ausgerechnet für diese Schulen entscheiden. Schulen in Herausfordernden Lagen haben den Ruf unattraktiv zu sei. Das zeigt sich im Ergebnis auch bei der unausgewogenen Verteilung von Quereinsteigenden. Dabei ist das Problem nicht einmal die schlechtere Ausstattung, sondern zu wenig Steuerung. Hier haben wir bereits in der auslaufenden Legislatur mit der Brennpunktzulage einen Anfang gemacht. Haben den Grundsatz aufgestellt, dass jede Schule Ausbildungsschule wird, um Klebeeffekte zu erzielen. Künftig wird es darum gehen, bei diesen Schulen die Vertretungsreserve zu erhöhen, Teamstunden zur Verfügung zu stellen und zusätzliches Engagement durch eine Entlastung der Unterrichtsverpflichtung zu ermöglichen. Mit diesen Mitteln sollen gerade Schulen in herausfordernden Lagen einen attraktiven Arbeitsplatz darstellen und von jungen Fachkräften als willkommene Herausforderung wahrgenommen werden. Maßgebliches Steuerungselement sind auch hier die Sozialindikatoren Damit wird Steuerung nach Sozialindizes zum zentralen Element sozial gerechter Bildungspolitik in Berlin und eignet sich auch als bundesweites Vorbild.

Wie bewerten Sie die bisherigen Unterstützungsmaßnahmen, u.a. in der Fort- und Weiterbildung?

Die Berliner Schullandschaft hält vielseitige Fortbildungs- und Unterstützungsangebote vor. Zu nennen ist u. a. die neu eingerichtete Führungsakademie für Schulleitungen, die regionalen Fortbildungen, das LISUM etc. Es fehlt jedoch ein systematischer Ansatz, der die Angebote zusammenführt. Die Fortbildungsverpflichtung und die Bereitstellung von Fortbildungsangeboten wurden noch nicht in ihrer steuernden Funktion erkannt. Mit der Einschätzung des Köllerberichts setzen wir uns für die Errichtung eines Berliner Landesbildungsinstituts für Schule ein, dessen zentrale Aufgabe die Durchführung, Steuerung und Evaluation aller Maßnahmen der Aus-, Fort- und Weiterbildung für alle Beschäftigten im Berliner Schulsystem ist.

Welche Maßnahmen werden Sie vorschlagen und ggf. umsetzen, um diese Schulen dem Ziel, zu den stärksten Schulen zu gehören, näher zu bringen?

Wir wollen allen unseren Kindern gerecht werden. Darum müssen wir die Schulen in sozial herausforderndem Umfeld zu den besten unserer Stadt machen. Durch geschärfte Schulprofile und angemessene Ressourcen steigern wir die Attraktivität dieser Schulen für alle Familien. Daher stehen wir auch künftig zum sozialdemokratischen Ansatz der Ressourcensteuerung hin zu Schulen in schwieriger Lage. Maßgeblich ist für uns der Anteil an BuT-Berechtigten Schüler*innen in den Schulen. Anhand dieses Indikators steuern wir bereits jetzt die Mittel aus dem Bonusprogramm, die Brennpunktzulage, Sprachfördermittel und Stellen für die Schulsozialarbeit. Auch künftig wollen wir nach diesem Prinzip den Betreuungsschlüssel absenken, Entlastungsstunden verteilen oder die Vertretungsreserve aufstocken. So schaffen wir zeitliche Entlastung, die Schulen in herausfordernder Lage auch für andere Fachkräfte attraktiver machen. Trotz der Einführung diverser unterstützender Instrumente fehlt Berlin eine nachweisbare Kopplung zwischen den eingesetzten Instrumenten und den erhofften Erfolgen. Um dem zu begegnen, führte Berlin das Indikatorenmodell als Kernstück der datenbasierten Schul- und Unterrichtsentwicklung ein. Das Zusammenwirken beider Instrumente erproben wir zurzeit im Rahmen der Berlin Challenge, die wir künftig ausbauen wollen. Sollte das Projekt erfolgreich verlaufen, wäre die Grundlage geschaffen, auf der flächendeckend ein Zusammenspiel zwischen besonderer Mittelzuweisung an Schulen in schwieriger Lage und der datenbasierten Schul- und Unterrichtsentwicklung ermöglicht wird. Wichtigstes Mittel sind hier die Schulverträge zwischen Schulen und Schulaufsicht, die aktuell noch zu lasch ausgestaltet sind. Eine Steigerung der Schulqualität braucht eine eigenständige und Problembewusste Schule, die frei in der Wahl der Mittel und eng in der Kontrolle der Zielerreichung ist.

 

Antwort der CDU

Wie erklären Sie die unfaire personelle Ausstattung von Schulen in kritischer Lage?

Wir schaffen die „Brennpunktzulage“ ab. Wir wollen stattdessen mehr Sonderpädagoginnen und Sonderpädagogen und Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern, um die Lehrkräfte an den entsprechenden Schulen zu entlasten und die Schülerinnen und Schüler besser zu fördern. Außerdem sollen an Schulen in sozialen Brennpunkten in der Schuleingangsphase grundsätzlich zwei Lehrkräfte eine Klasse gemeinsam unterrichten, um den besonderen Anforderungen im Hinblick auf Inklusion und Migration Rechnung tragen zu können.

 

Antworten Die Linke

Wie erklären Sie die unfaire personelle Ausstattung von Schulen in kritischer Lage?

Wenn mit Ihrer Frage der hohe Anteil von Quereinsteigenden gemeint ist, so ist das ein Resultat des (bundesweiten) Fachkräftemangels und des Einstellungsverfahrens per Casting in Berlin. Beide Probleme wollen wir in der nächsten Wahlperiode angehen, denn Schulen in sozial benachteiligter Lage brauchen unsere besondere Unterstützung. Es geht dabei um nichts Geringeres als die Chancengleichheit für die Schüler:innen.

Die rot-rot-grüne Koalition hat deshalb in der aktuellen Wahlperiode große Anstrengungen unter- nommen, um diese Schulen zu unterstützen. Mit der 2018 eingeführten “Brennpunktzulage” für Lehrkräfte etwa haben wir den Kolleg:innen vor Ort Wertschätzung entgegengebracht und zudem einen finanziellen Anreiz für Laufbahnbewerber:innen geschaffen, sich für die Tätigkeit an einer Schule in sozial benachteiligter Lage zu entscheiden. Im Rahmen mehrerer Sonderprogramme wur- den sogenannte “Brennpunktschulen” mit zusätzlichen Ressourcen ausgestattet und auch in Sachen Schulentwicklung und -qualität – verwiesen sei hier insbesondere auf das Maßnahmenpaket von Anfang 2019 und die ersten Maßnahmen zur Umsetzung der Empfehlungen der Köller-Kommission – ist der Senat neue Wege gegangen, um die Lage auch an den sogenannten “Brennpunktschulen” zu verbessern. Mit dem Doppelhaushalt 2020/21 hat die rot-rot-grüne Koalition zudem Mittel bereitgestellt, um ab dem Schuljahr 2021/22 an jeder Schule regelhaft eine Stelle für Schulbezoge- ne Jugendsozialarbeit zu finanzieren, zusätzlich zu denen, die einige Schulen beispielsweise aus dem “Bonus-Programm” finanzieren.

Wie bewerten Sie die bisherigen Unterstützungsmaßnahmen, u.a. in der Fort- und Weiterbildung?

Schulen in schwieriger sozialer Lage brauchen mehr Unterstützung, als ihnen bisher im Rahmen der regulären Lehrkräftezumessung und des Bonusprogramms zusteht (siehe unten). Immer neue tem- poräre Programme können nicht die Lösung sein, diese Schulen brauchen dauerhaft mehr Res- sourcen. Das gilt auch für den Bereich der Fort- und Weiterbildung. DIE LINKE fordert für alle inklu- siv arbeitenden Schulen, zu denen die Mehrzahl der sogenannten “Brennpunktschulen” zählen, deshalb einen verbindlichen zusätzlichen Studientag pro Schuljahr.

Das LISUM und die regionalen Fortbildungseinrichtungen müssen unbedingt mehr Angebote für Fort- und Weiterbildungen für die Kolleg:innen an diesen Schulen schaffen.

Welche Maßnahmen werden Sie vorschlagen und ggf. umsetzen, um diese Schulen dem Ziel, zu den stärksten Schulen zu gehören, näher zu bringen?

Die Beschäftigten an Schulen in sozial benachteiligter Lage brauchen Entlastung. Multiprofessionelle Teams sollen deshalb ihre Arbeit unterstützen. Außerdem streben wir eine verringerte Unter- richtsverpflichtung für Lehrkräfte an sogenannten “Brennpunktschulen” an. Auch der schrittweise Aufbau einer Vertretungsreserve und die Steigerung der Personalausstattung, die wir für alle Berliner Schulen anstreben, sollten aus unserer Sicht prioritär an diesen Schulen starten, um so schnell wie möglich für Abhilfe zu sorgen. Im Bereich der erweiterten Förderung und Betreuung sind zudem umfangreichere Stundenanteile für mittelbare pädagogische Arbeit vorzuhalten als an anderen Schulen, um der besonderen Bedeutung u.a. von Elternarbeit gerecht werden zu können.

Darüber hinaus sind wir der Auffassung, dass die Lernmittelbefreiung für Berechtigte nach dem Bildungs- und Teilhabepaket bzw. der Berlinpass als Indikatoren für die Zumessungen auf den Prüfstand gehören. Stattdessen könnten Modelle wie der KESS-Faktor in Hamburg als Vorbild die- nen.

Wie oben (siehe WPS 2) bereits angesprochen, müssen wir außerdem Wege finden, die Ausbildung von Quereinsteiger:innen qualitativ zu verbessern und diese vor allem gleichmäßiger zu verteilen. Schulen in sozial benachteiligter Lage stehen vor besonderen pädagogischen Herausforderung- en und sind entsprechend auf gut ausgebildetes Personal angewiesen. Diesen Schulen fehlt durch den oftmals verhältnismäßig hohen Anteil an Quereinsteigenden nicht nur die pädagogische Fach- kompetenz ausgebildeter Lehrkräfte, die die Kolleg:innen im Quereinstieg im Rahmen ihrer Ausbil- dung in der Regel erst erwerben, sie müssen darüber hinaus zusätzlich Ressourcen und Kraft in die Anleitung der neuen Kolleg:innen investieren. Wir wollen deshalb die Castingverfahren abschaffen und stattdessen eine zentrale Bewerbung und Verteilung der Bewerber:innen ermöglichen. Die Angabe von Wunschschulen soll weiterhin möglich sein. Auf diese Weise werden auch Schulen in sozial benachteiligter Lage mehr gut ausgebildete Lehrkräfte erhalten.

 

Antwort der Bündnis 90/ Die Grünen

Wie erklären Sie die unfaire personelle Ausstattung von Schulen in kritischer Lage?

Inzwischen ist eine Vielzahl von Programmen entwickelt worden, die mit einer Vielzahl an Ressourcen zum Laufen gebracht wurden. Eine zusammenhängende Strategie und Qualitätsentwicklung bestehen bisher nicht, deshalb sollte die Vielzahl an Programmen unter Beibehalten und bei Bedarf auch einer weiteren Aufstockung an Ressourcen überarbeitet werden. Qualitätsentwicklung an Schulen benötigt Zeit, dieser Faktor ist bei der Anpassung der bestehenden Programme stärker zu berücksichtigen.

Gerade Kinder und Jugendliche, die unter schwierigen Bedingungen aufwachsen, brauchen die besten Angebote und eine hohe Qualität des Unterrichts. Den Anteil der Schüler*innen, die Mindestkompetenzen in deutscher Sprache und in Mathematik nicht erreichen, wollen wir deutlich reduziuren. Deshalb werden wir eine zielgenaue Unterstützung für Schulen in schwieriger Lage entwickeln. Gute Bildung geht über Wissensvermittlung hinaus, unser Verständnis von Schulqualität ist viel brei-ter: Schule soll nicht nur Wissen vermitteln, sondern soziale Kompetenzen und das Miteinander fördern sowie eine stärkere Verknüpfung zwischen Lernen, Erfahren, Erforschen und Erproben gewährleisten. Um die Leistungsfähigkeit der Berliner Schulen zu stärken, die Qualität der Abschlüsse zu steigern und die Zahl der Schulabgänger*innen deutlich zu senken, soll eine abgestimmte Gesamtstrategie zur Qualitätssicherung entwickelt werden. In deren Mittelpunkt muss die Unterrichtsqualität in allen Schulen aller Schulformen stehen. Die Schulform selbst sichert sie nicht, die zentrale Rolle dafür kommt vielmehr den Pädagog*innen und Schulleitungen zu. Diese Förderung soll Schulen eine nachhaltige Schulentwicklung ermöglichen, um ihr Profil und ihre Angebote an den Bedarfen der Schüler*innen auszurichten. Erfolgreiche Schulkonzepte, die dies geschafft haben, müssen in eine langfristige Finanzierung überführt und abgesichert werden. Wir wollen prüfen, in- wiefern – ähnlich wie im Hamburger Modell – eine Zuweisung von Ressourcen an Schulen auf Basis mehrerer Indikatoren eine zielgenauere Unterstützung sicherstellt. Dazu gehört auch guter Ganztag, der mehr ist als Betreuung.

Qualitätsentwicklung im Ganztag und die Entwicklung von Schulqualität gehören zusammen, des- halb müssen verbindliche Qualitätsstandards für den Ganztag an allen Berliner Schulen entwickelt werden. So können gezielt soziale und kulturelle Benachteiligungen überwunden werden. Dafür wollen wir den Ganztag sozialräumlich im Kiez verankern und Kooperationen fördern, die Segregtion zwischen Schulen verringern sowie den Personalschlüssel im Ganztag erhöhen, um ihn zu einer echten Förderung und Stärkung von Kindern und Jugendlichen weiterzuentwickeln. Darüber hinaus

verstärken Hausaufgaben Chancenungleichheiten in besonderem Maße. Wir wollen deshalb darauf hinwirken, dass Lehrpläne und Unterricht so aufgebaut sind, dass Hausaufgaben wirklich nur noch zur Festigung erworbenen Wissens und zum Einüben gewisser Kompetenzen genutzt werden und von Schüler*innen sicher ohne elterliche oder andere Hilfe erledigt werden können. Es soll in allen Schulen die Möglichkeit geben, diese Hausaufgaben im Rahmen von Ganztagsangeboten zu erledigen.

Für viele Kinder aus finanziell schwachen Familien sind gute Ganztagsangebote auch deshalb wich- tig, weil sie hier die einzige warme Mahlzeit des Tages bekommen. Es ist deshalb gut, dass wir in der letzten Wahlperiode das kostenlose Schulessen an Grundschulen eingeführt haben. Damit das Schulessen für alle Kinder und Jugendlichen bezahlbar ist, wollen wir es auch in den oberen Klassen stärker subventionieren und für ausreichend Angebote sorgen.

Der hohen Fluktuation von Schulsozialarbeiter*innen und der Häufung von Quereinsteiger*innen an bestimmten Schulen wollen wir entgegenwirken und mit besseren Rahmenbedingungen die (Weiter-)Arbeit an diesen Schulen attraktiver gestalten. Durch Kooperationen mit Kultur, Handwerk, Sportvereinen und anderen Initiativen sowie die Öffnung ihrer Räume für andere Nutzungen sollen Schulen sich in den Kiez öffnen. So werden sie zum Ankerpunkt vor Ort – auch für Eltern, damit Lehrer*innen und anderes pädagogisches Personal in engem Austausch mit ihnen stehen und ihre Perspektive einbinden sowie ihnen auf der anderen Seite beratend zur Seite stehen. Mit dem Ziel des längeren gemeinsamen Lernens vor Augen haben wir hart dafür gearbeitet, dass mit der Neufassung des Schulgesetzes die Gemeinschaftsschule als eine der vier Regelschulen definiert wurde.

 

Antwort FDP

Wie erklären Sie die unfaire personelle Ausstattung von Schulen in kritischer Lage?

Schulen in kritischer Lage brauchen die beste Lehrkräfte Berlins. Sie sind der Schlüssel zum Bildungserfolg und verdienen besondere Anerkennung. An „Brennpunktschulen“ müssen daher gezielt Anreize, z. B.in Form von Aufstiegsmöglichkeiten gegen Einsatzzeiten, gesetzt werden, um Laufbahnbewerberinnen und -bewerber zu gewinnen und so eine ausgewogene Verteilung von Quereinsteigerinnen und Quereinsteigern unter den Berliner Schulen zu ermöglichen.

Hier erhält auch die Forderung nach multiprofessionellen Teams besondere Bedeutung. Wie überall an Berlins Schulen, müssen sich die Lehrkräfte, Erzieherinnen und Erzieher auf die pädagogische Herausforderung konzentrieren können und deshalb durch administrative Kräfte entlastet werden.

Wir wollen Schulen ohne Unterrichtsausfall mit einer möglichst fachgerechten Vertretung. Dafür muss die Personalausstattung in allen Positionen der Zumessungsrichtlinie für pädagogisches Personal auf 110 Prozent angehoben werden, um den möglichst fachgerechten Vertretungsbedarf der Schulen zu decken. Die FDP Berlin tritt dafür ein, dem Fachkräftebedarf durch verstärkte Ausbildung im Land, Studiengänge für die Grund- und berufliche Schulen an Fachhochschulen und auch die Zulassung von Lehrkräften für nur ein Fach (“Ein-Fach-Lehrer”) zu begegnen.

 

 

 

9. Wahlprüfstein:

Schulsozialarbeit ausbauen

Schulsozialarbeit in Berlin hat dazu beigetragen, das Verständnis von innerschulischer Kooperation zur Verbesserung der Lernsituationen von Schüler*innen in Schulen zu professionalisieren....(mehr)

Schulsozialarbeit in Berlin hat dazu beigetragen, das Verständnis von innerschulischer Kooperation zur Verbesserung der Lernsituationen von Schüler*innen in Schulen zu professionalisieren. Mit Schulsozialarbeit haben im Schulkontext auch lebensweltlich und sozialräumlich orientierte Sicht- und Herangehensweisen zur Betrachtung der Lern- und Persönlichkeitsentwicklung von jungen Menschen Platz gefunden. Dadurch konnten vorher nicht nachvollziehbare Bildungsverläufe von jungen Menschen positiv beeinflusst werden und neue, der Schule bis dahin nicht zur Verfügung stehende Lösungswege aufgezeigt und oft gegangen werden.
Als multiprofessionelles Team arbeitende Modelle bieten dabei besonders gute Chancen, dass die Potentiale aller Schüler*innen erschlossen werden können. Auch kann Schulsozialarbeit dazu beitragen das System der Jugendhilfe mit seinen Unterstützungssystemen in der Schule verstehbar und präsent zu machen. Trotzdem bleibt viel zu tun. So ist immer noch nicht gesichert, dass Schulsozialarbeit ein regulärer und selbständiger Teil der Schule ist; auch die Finanzierung kann nicht immer wieder zur Disposition gestellt werden. Selbständigkeit bedeutet auch, dass der Träger der Jugendhilfe Verpflichtungen gegenüber der Schule verweigert, die mit einer fachlichen und auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhenden Ausgestaltung von Schulsozialarbeit nichts zu tun haben.
Ganztagsschulen bieten die besten Voraussetzungen für eine sinnvolle Zusammenarbeit zwischen der Jugendhilfe mit seinen vielfältigen Unterstützungssystemen und dem Schulsystem.

Fragen:
• Wie kann institutionell gewährleistet werden, dass die fachliche Selbständigkeit der Schulsozialarbeit gesichert ist?
• Wie kann eine bedarfsgerechte Schulsozialarbeit erreicht werden?
• Wie kann institutionell die multiprofessionelle Kooperation der Lehrkräfte mit den vor Ort tätigen Sozialpädagog*innen und/oder Erzieher*innen sowie anderen Professionen verankert und verbindlich gemacht werden?

Antworten der SPD, CDU, Die Linke, Bündnis 90/ Die Grünen und FDP

Antwort SPD

Wie kann institutionell gewährleistet werden, dass die fachliche Selbständigkeit der Schulsozialarbeit gesichert ist?

Die fachliche Selbstständigkeit der Schulsozialarbeit können wir durch eine klare Definition ihres Aufgabenbereichs im Schulgesetz sicherstellen. Aktuell ist die Rolle der Schulsozialarbeit nicht verbindlich geregelt. Die Ausgestaltung unterscheidet sich an den einzelnen Schulen noch stark.

Wie kann eine bedarfsgerechte Schulsozialarbeit erreicht werden?

Auch hier müssen wir den Mindestbedarf einer Stelle für die Schulsozialarbeit gesetzlich absichern.36 Zurzeit muss die Stellenanzahl im Programm „Jugendsozialarbeit an Schulen“ noch mit jedem Doppelhaushalt verhandelt werden. Den zusätzlichen spezifischen Bedarf müssen wir durch besondere Programme abdecken, die passgenau auf die jeweilige Situation der Schulen zugeschnitten ist. Ein gutes Beispiel ist das Programm „pro-Respekt“, dank dessen wir Sozialarbeiter*innen an solche Schulen schicken, die durch Gewaltvorfälle auffällig geworden sind. Darüber hinaus müssen wir bei der Stellenverteilung den Ansatz fortsetzen, prioritär Schulen in herausfordernden Lagen zu berücksichtigen.

Wie kann institutionell die multiprofessionelle Kooperation der Lehrkräfte mit den vor Ort tätigen Sozialpädagog*innen und/oder Erzieher*innen sowie anderen Professionen verankert und verbindlich gemacht werden?

Die pädagogische Kernarbeit der Lehrkräfte und Erzieher*innen braucht Unterstützung. Diese Unterstützung erhalten Sie in bunten multiprofessionellen Teams. Die unterschiedlichen Professionen der schulischen Teams benötigen dafür feste Kooperationszeiten.

 

Antwort der CDU

Wir werden das gesamte schulische Personal stärker entlasten. Wir wollen,

dass alle Berliner Schulen durch multiprofessionelle Teams unterstützt werden. Hierzu zählen Sonderpädagogen, Sozialarbeiter, Psychologen, Krankenschwestern, IT-Experten, Hausmeister und Verwaltungskräfte. Pro 500 Schülerinnen und Schüler sollen Schulen eine volle Hausmeisterstelle erhalten.

 

Wir wollen Lehrkräfte auch nicht mit problematischen Schülerinnen und Schülern allein lassen. Mit verlässlichen Personal- Coachings durch die Senatsverwaltung und von deutlich mehr Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern schaffen wir Abhilfe und entlasten die Klassensituation. Hierzu gehört auch, den aktuellen Katalog der „Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen“ kritisch zu überarbeiten (Vgl. §§ 63, 64 SchulG Berlin). Ziel muss sein, dass Lehrkräfte schneller auf Verfehlungen von Schülern reagieren können. Entscheidungen sollen mitunter auch in der Verantwortung der Klassenleitung oder der Schulleitung liegen.

 

Antwort Die Linke

Wie kann institutionell gewährleistet werden, dass die fachliche Selbständigkeit der Schulsozialarbeit gesichert ist?

Schulbezogene Jugendsozialarbeit muss aus unserer Sicht ein Angebot in eigenständiger Verant- wortung der Kinder- und Jugendhilfe sein und bleiben. Die partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen Schule und Kinder- und Jugendhilfe auf gleicher Augenhöhe ist die beste Voraussetzung dafür, dass sie im Sinne ihrer Aufgabenstellung als Interessenvertretung der Schüler:innen an der Schule und Ansprechpartnerin für alle Schulakteur:innen erfolgreich ist, die Bildungsarbeit fördert, im Konfliktfall berät, unterstützt und vermittelt und die enge Verbindung in den Sozialraum sichert.

Die Corona-Erfahrungen haben die Bedeutung der aufsuchenden Schulbezogenen Jugendsozial- arbeit gestärkt. Bei der Bewältigung der Auswirkungen der Corona-Pandemie ist sie unverzichtbar. Bei der aus Bundesmitteln finanzierten Aufholstrategie „Stark trotz Corona“ spielt sie demzufolge auch eine wichtige Rolle. Doch um dieser auch nachhaltig gerecht zu werden, bräuchte es aus unserer Sicht eine deutlich bessere Ausstattung und vor allem unbefristete Finanzierung.

Die Stärke der Schulbezogenen Jugendsozialarbeit liegt in ihrer institutionellen Selbständigkeit. Diese kann aus unserer Sicht am besten dadurch gesichert werden, dass sie im Schulgesetz verankert wird. Gleichfalls setzen wir uns dafür ein, die Schulsozialarbeit auch als Regelleistung im SGB VIII zu verankern. Das wäre auch die Grundlage für eine stetige Beteiligung des Bundes an ihrer Finanzierung. Die Linksfraktion im Bundestag hatte dafür bereits einen Vorschlag in den Bundestag eingebracht, der jedoch leider abgelehnt wurde (Drs. 19/9053).

Wie kann eine bedarfsgerechte Schulsozialarbeit erreicht werden?

DIE LINKE hat sich in Berlin stets dafür eingesetzt, dass die Schulbezogene Jugendsozialarbeit an jeder Schule fest verankert ist. Es ging und geht darum, Benachteiligungen abzubauen, Teilhabe zu sichern und zu mehr Chancengleichheit beim Zugang und Erwerb von Bildung beizutragen. Es war folgerichtig, dass DIE LINKE in Mit-Regierungsverantwortung 2006 das Landesprogramm „Jugend- sozialarbeit an Berliner Schulen“ initiierte, das seitdem stetig ausgebaut wurde. Mit dem Doppel- haushalt 2020/21 wurde von rot-rot-grün in Berlin Mittel bereitgestellt, um ab Schuljahr 2021/22 an jeder Schule regelhaft eine Stelle für Schulbezogene Jugendsozialarbeit zu finanzieren.

Das gilt auch dann, wenn die Schulbezogene Jugendarbeit an der einzelnen Schule durch andere Stellen oder Stellenanteile aus eigenen Mitteln der Schule, bezirklichen Mitteln oder finanziert durch Dritte ergänzt und verstärkt wird. Unabhängig von der Art der Finanzierung soll die Schulbezogene Jugendsozialarbeit an der Schule eine eigenständige Leistung der Kinder- und Jugendhilfe sein und bleiben.

Diese Entwicklung sollte aus Sich der LINKEN mit einer Änderung des Schulgesetzes auf eine rechtsverbindliche Grundlage gestellt und die Schulbezogene Jugendsozialarbeit als Regelleistung der Kinder- und Jugendhilfe an der Schule fest etabliert werden. Eine solche Regelung sollte die in § 5 SchulG allgemein geregelten Kooperationen und die in § 5a enthaltenen Regelungen zur Zusam- menarbeit mit dem Jugendamt ergänzen. Es sollte zudem geregelt werden, dass schulbezogene Jugendsozialarbeit auch durch aufsuchende Angebote geleistet werden kann.

Wie kann institutionell die multiprofessionelle Kooperation der Lehrkräfte mit den vor Ort tätigen Sozialpädagog*innen und/oder Erzieher*innen sowie anderen Professionen verankert und verbindlich gemacht werden?

Im Rahmen dieser Schulgesetzänderung wollen wir außerdem dafür Sorge tragen, dass Vertreter:in- nen der Schulbezogenen Jugendsozialarbeit künftig (genauso wie die Beschäftigten der ergänzen- den Förderung und Betreuung) gleichberechtigt in den schulischen Gremien vertreten sind und an allen Entscheidungen über die Schulentwicklung mitwirken. Das schließt grundsätzliche Entschei- dungen wie z.B. über das Schulprofil und das Schulprogramm ein. Außerdem wollen wir eine Vertre- ter:in der Schulbezogenen Jugendsozialarbeit zum Teil der erweiterten Schulleitung machen, die es aus unserer Sicht künftig an jeder Berliner Schule geben sollte. Über verbindliche und fest verankerte Teamstunden wollen wir die Kooperation zwischen den verschiedenen pädagogischen Professionen stärken.

 

Antwort der Bündnis 90/ Die Grünen

Wie oben bereits beschrieben ist ein guter Ganztag ein wichtiger Baustein. Hierzu gehört v.a. die Multiprofessionalität im Team Schule. Der hohen Fluktuation von Schulsozialarbeiter*innen und der Häufung von Quereinsteiger*innen an bestimmten Schulen wollen wir entgegenwirken und mit bes- seren Rahmenbedingungen die (Weiter-)Arbeit an diesen Schulen attraktiver gestalten. Erfolgreiches ganztägiges Lernen funktioniert nur in multiprofessionellen Teams. Wir wollen die Vielfalt der Pro- fessionen an den Schulen stärken und weiterentwickeln. Hierzu gehört v.a. die Weiterentwicklung der Fachlichkeit der Schulsozialarbeit.

 

Antwort FDP

Wie kann institutionell gewährleistet werden, dass die fachliche Selbständigkeit der Schulsozialarbeit gesichert ist?

Wir wollen, dass sich Berliner Schulen frei entfalten können. Dazu brauchen sie mehr Eigenverantwortung bei der Umsetzung von Rahmen- und Haushaltsplänen sowie die Möglichkeit, ihr Personal selbst auszuwählen. Im Rahmen dieser Personalautonomie wollen wir es Schulen außerdem ermöglichen, schulspezifisch multiprofessionelle Teams aus pädagogischem Personal, Verwaltungspersonal, Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern sowie Psychologinnen und Psychologen zu bilden.

 

 

10. Wahlprüfstein:

Demokratiebildung in der Schule

Die Coronapandemie hat aktuell gezeigt, dass es wichtig ist die Rechte der Kinder und Jugendlichen auf Bildung zu achten und die Vorschläge der Schüler*innenvertretungen, der Schulen und der Elternvertretungen in die Entscheidungsfindung miteinzubeziehen....(mehr)

Die Coronapandemie hat aktuell gezeigt, dass es wichtig ist die Rechte der Kinder und Jugendlichen auf Bildung zu achten und die Vorschläge der Schüler*innenvertretungen, der Schulen und der Elternvertretungen in die Entscheidungsfindung miteinzubeziehen.
Die Bildungsverwaltung hat in dieser Legislaturperiode einige Maßnahmen realisiert, die auf der veröffentlichten Gesamtstrategie politische Bildung beruhen: Ein Budget von 2000€ pro Schule für Projekte, Veranstaltungen, Fortbildung u.a. im Jahr 2021; das Projekt Schülerhaushalte, an dem sich 2020 64 Schulen beteiligt haben; finanzielle Unterstützung außerschulischer Bildungspartner für Projekte mit Schule, darunter z.B. die Fortbildung für die Einrichtung von Klassenräten; den Orientierungs- und Handlungsrahmen Demokratiebildung.
Insgesamt ist die Gesamtstrategie der Bildungsverwaltung eher eine klärende Bündelung vorhandener Institutionen, Maßnahmen, Strukturen als eine Strategie, die klare Zielvorstellungen und Maßnahmen enthalten müsste. Demokratiebildung wird in ihr auf Partizipation verkürzt.
Ein unverzichtbarer Bestandteil von Demokratiebildung ist die Wertebildung. Sie erfordert die verstärkte Auseinandersetzung mit demokratiefeindlichen Ideologien des Rassismus und des Antisemitismus
Die Schule kann in allen wesentlichen Handlungsbereichen – Schulkultur, Führung und Management, Professionalität der Pädagoginnen und Pädagogen sowie der Kooperationspartner und der Lernkultur Bedingungen für Demokratiebildung schaffen. Dabei muss die einzelne Schule (damit sind die Eltern-und Schülerschaft, Pädagog*innen und die Schulleitung sowie ihre jeweiligen Gremien gemeint) auf der Basis von Zielen, über die fachlicher Konsens herrscht, ihren eigenen Weg finden, sollte aber auf den Fundus von Entwicklungsbeispielen und entsprechende Maßnahmen zurückgreifen können. Dafür benötigen die Schulen Freiräume zum Experimentieren und Institutionalisieren, finanzielle Unterstützung, eine interaktive Plattform zur Recherche von konzeptionellen und praxisbezogenen Materialien und zum Austausch, ein Netzwerk als institutionalisierte Form des Austauschs und Fortbildung. Für die Koordination kann es sinnvoll sein, eine Serviceagentur zu beauftragen oder zu gründen.

Fragen:
• Wie bewerten Sie den bisherigen Stand der Demokratiebildung an Berliner Schulen?
• Welche Vorschläge haben Sie für eine institutionell verankerte Demokratiebildung in der Schule?
• Wie stehen Sie zur Implementierung der Demokratiebildung als Querschnittsaufgabe in allen Ausbildungs- und Studiengängen für PädagogInnen

Antworten der SPD, CDU, Die Linke, Bündnis 90/ Die Grünen und FDP

Antwort SPD

Wie bewerten Sie den bisherigen Stand der Demokratiebildung an Berliner Schulen?

Dass Demokratiebildung im Kern wirkt, sehen wir nicht nur an den Ergebnissen der U18-Wahlen, es zeigt sich auch an Phänomenen wie Fridays for Future oder den zahlreichen Schüler*inneninitiativen. Es gibt allerdings noch viele Lücken, die es zu schließen gilt. Dazu gehört die Tatsache, dass es an einigen Schulen immer noch keine Schüler*innenvertretung gibt. Dazu gehört aber auch, dass es der Demokratie und Wertebildung immer noch an Verbindlichkeit fehlt. Wir begrüßen daher sehr, dass dieses Thema auch im Rahmen der Qualitätsentwicklung berücksichtigt wird.

Welche Vorschläge haben Sie für eine institutionell verankerte Demokratiebildung in der Schule?

Nach unserer Überzeugung ist eine eigenständige Schule immer auch eine demokratische Schule. Daher wollen wir der Partizipation von Schüler*innen und Erziehungsberechtigten den Rücken stärken. Die SPD setzt sich für eine Ausweitung des bewährten Schüler*innenhaushalts auf alle Schulen ein und will diesen zu einem regulären Schüler*innen-Etat ausweiten. Auch wollen wir den an vielen Schulen erprobten Klassenrat gesetzlich verankern und den Schüler*innen damit Raum und Zeit für die Besprechung eigener Angelegenheiten geben. Mit beidem ermöglichen wir den Schüler*innen ganz praktische Gestaltungsmöglichkeiten gelebter Demokratie. Demokratische Schule bedeutet, dass die Schulgemeinschaft alle wichtigen Entscheidungen gemeinsam trifft. Dazu gehört auch die Einbindung der Schulkonferenz vor Abschluss der neuen Schulverträge. Zusätzlich stellen wir den Schulen aktuell ein Budget zur Verwirklichung eigener Projekte im Bereich der politischen Bildung zur Verfügung. Das müssen wir beibehalten.

 

Wie stehen Sie zur Implementierung der Demokratiebildung als Querschnittsaufgabe in allen Ausbildungs- und Studiengängen für PädagogInnen ?

Bereits jetzt ist die Demokratiebildung als eine fächerübergreifende Kompetenz in den Rahmenlehrplänen aufgeführt. Was aber noch fehlt, ist die Verbindlichkeit hinter den einzelnen Ausführungen. Hier müssen wir nachbessern, wenn wir im nächsten Jahr die Rahmenlehrpläne überarbeiten. Verbindlichkeit braucht es auch in den Ausbildungs- und Studiengängen. Hier setzen wir uns für eine Reform der Ausbildungsgänge ein. Unser Ziel ist sind die „Schools of Education“. Der Vorteil: Querschnittsaufgaben deren Module häufig fakultativ angeboten werden – fallen nicht mehr der Dominanz der Fächer zum Opfer. Darüber hinaus muss Demokratiebildung auch in der Fort- und Weiterbildung berücksichtigt werden. Mit unserem Berliner Landesbildungsinstitut für Schule schaffen wir die Grundlage für eine bessere und zielgerichtetere Steuerung der Angebote. Die SPD steht zur Demokratiebildung als Querschnittsaufgabe.

 

Antwort der CDU

Wie bewerten Sie den bisherigen Stand der Demokratiebildung an Berliner Schulen?

Wir setzen bei der Geschichts- und Demokratieerziehung auf erlebtes Lernen: Jeder Schüler und jede Schülerin durchläuft in der Klassenstufe 7 bis 10 einen verbindlichen „Demokratie-Parcours“, in dem die Orte der deutschen Geschichte erlebbar gemacht werden. Die verschiedenen Stationen des „Demokratie- Parcours“ werden insbesondere Gedenkstätten beider deutscher Diktaturen und Orte der parlamentarischen Demokratie sein.

Wir werden den eigenständigen Geschichtsunterricht in Berlin stärken. Hier werden entscheidende Grundlagen dafür gelegt, dass aus unseren Kindern mündige Bürger und Demokraten werden.

 

Antwort Die Linke

 Wie bewerten Sie den bisherigen Stand der Demokratiebildung an Berliner Schulen?

Die Schule soll Kinder und Jugendliche auf ihrem Weg unterstützen, mündige Bürger:innen zu wer- den. Dazu gehört der Ausbau politischer Bildung im Unterricht, für den die rot-rot-grüne Koalition, wie Sie eingangs festgestellt haben, einiges getan hat. Neben dem neuen Programm “Politische Bildung an Berliner Schulen” möchten wir insbesondere auf die Schaffung des Unterrichtsfachs “Politische Bildung” hinweisen, das seit dem Schuljahr 2019/20 in der Stundentafel der Sekundar- stufe I verankert ist. Dass dieses Fach eingerichtet wurde, ist besonders der Initiative der Berliner Schüler:innenvertretungen zu verdanken und damit Teil gelebter Demokratie.

Welche Vorschläge haben Sie für eine institutionell verankerte Demokratiebildung in der Schule?

Neben der Stärkung politischer Bildung im Unterricht, insbesondere auch in der beruflichen Bil- dung, wollen wir die Demokratisierung der Berliner Schulen weiter vorantreiben. Im Rahmen einer Schulgesetzänderung wollen wir bisher bestehende Mindestaltersbeschränkungen z. B. für die Mitarbeit in der Schulkonferenz oder die Möglichkeit, als Klassensprecher:in die Interessen der Schü- ler:innen zu vertreten, abschaffen. Wir wollen den Klassenrat verbindlich als Gremium im Schulge- setz verankern und Schüler:innengremien besser finanzieren. Wir unterstützen außerdem Projekte zur autonomen Finanzierung der Schüler:innenschaft und der Schüler:innenhaushalt soll auf alle Bezirke ausgeweitet werden. Auch Schüler:innenparlamente wollen wir weiter stärken.

Darüber hinaus wollen wir die Schulen verpflichten, sich im Rahmen ihres Schulprogramms Grund- sätze der Demokratiebildung und der konkreten Beteiligung von Schüler:innen an der Gestaltung des Schulalltags zu geben.

Wie stehen Sie zur Implementierung der Demokratiebildung als Querschnittsaufgabe in allen Ausbildungs- und Studiengängen für PädagogInnen?

Wir teilen diese Forderung ausdrücklich. Sie findet sich auch in unserem Wahlprogramm: “Themen wie der Umgang mit Diversität, Inklusive Pädagogik, Medienbildung, politische Bildung, Schulent- wicklung, Deutsch als Zweitsprache und Nachhaltigkeit müssen verbindlich im Studium verankert werden.” (S. 112). Das gilt selbstverständlich nicht nur für Lehrkräfte, sondern auch für alle anderen pädagogischen Professionen.

 

Antwort der Bündnis 90/ Die Grünen

Wie bewerten Sie den bisherigen Stand der Demokratiebildung an Berliner Schulen?

Wir halten demokratische Schulen für einen Grundpfeiler unserer Demokratie und für die beste Garantie gegen Hass, Ausgrenzung und Gewalt. Demokratiebildung geht dabei für uns Bündnisgrüne weit über die herkömmliche politische Bildung hinaus und findet insbesondere durch Instrumente der demokratischen Schule statt.

Viele Schulen haben bereits einzelne Instrumente oder auch durchgreifende Konzepte für die Demokratiebildung. Dennoch arbeiten wir an einer tieferen und systematischeren Verankerung solcher Instrumente in den Strukturen von Schule und wollen einige davon im Schulgesetz verankern.

Zu diesen neuen Instrumenten gehört,

  • dass jede Schule sich eine Erweiterte Schulleitung gibt, die gemeinsam einen Großteil der Aufgaben erfüllt, die bisher allein auf den Schultern der Schulleiter*innen lagen;
  • dass jede Schule im Schulprogramm auch ihre Grundsätze der Demokratiebildung niederlegt;
  • dass die Schulkonferenz über die Verteilung der Mittel, die der Schule über die Unterrichtsversorgung hinaus zugewiesen werden, entscheidet;
  • Und dass jede Klasse einen Klassenrat bilden kann und mindestens 1 Unterrichtsstunde pro Woche dafür zur Verfügung gestellt

 

Antwort FDP

Wie bewerten Sie den bisherigen Stand der Demokratiebildung an Berliner Schulen?

Digitalkompetenz, ein Verständnis für grundlegende Zusammenhänge des Staatswesens sowie unserer Demokratie, eine grundlegende Einsicht in wirtschaftliche Zusammenhänge, finanzielle Bildung und Rechtskunde sind unerlässlich, um heutzutage selbstbestimmt den eigenen Lebensweg zu bestreiten. Angesichts der politischen, ökonomischen und sozialen Entwicklungen und Herausforderungen auf Bundes-, Europa- und internationaler Ebene ist die Vermittlung der Kenntnis, Bedeutung und Entstehung demokratischer Werte im regulären Unterricht der allgemeinbildenden Schulen deutlich zu verstärken. Dazu hat die FDP im Abgeordnetenhaus einen Antrag eingebracht, der die historisch-politische Bildung stärken soll.

https://pardok.parlament-berlin.de/starweb/adis/citat/VT/18/DruckSachen/d18-3711.pdf

In der Begründung heißt es:

“Die Debatte um Privilegien von Geimpften lässt erhebliche Lücken bei elementaren Kenntnissen darüber erkennen, wie eine Demokratie funktioniert und welch hohen Stellenwert das Grundgesetz Bürger- und Menschenrechten beimisst.

Hier rächen sich Einsparungen beim Unterricht in gesellschaftlich-politischen Fächern, die demokratische Urteilskraft ausbilden sollen und helfen den Sinn gelesener Texte einzuordnen. Vor diesem Hintergrund ist es bedauerlich, dass die Einführung des Faches Ethik zu Lasten und nicht ergänzend zum Stundenkontingent der gesellschaftlich-politischen Fächer erfolgt ist.

Heute zeigt sich, wie notwendig die stärkere Verankerung historisch-politischer Bildung durch eine Erhöhung der Stundenanzahl der Fächer Geschichte und Politische Bildung in den Berliner Schule ist.

Kein Bundesland unterrichtet weniger Stunden im Bereich Geschichte/Politische Bildung als Berlin. Die „Kontingentlösung“ hat sich nicht bewährt. Das Fach Geschichte ist marginalisiert. Die hehren Ansprüche, Selbstverpflichtungen, Bildungsversprechen und Ziele von Paragraph 1 des Berliner Schulgesetzes sind so nicht zu realisieren und Makulatur.

Sogenannte Integrationsfächer folgen der Sparlogik der Bildungsverwaltung aber nicht den Qualitätsanforderungen moderner Bildungstheorie. Es reicht nicht mehr aus, auf die berechtigte Empörung über Angriffe auf die Verfassungsordnung der Bundesrepublik oder extremistische Gewalttaten wie den Mord an Samuel Paty oder den antisemitischen Anschlag von Halle nur mit plakativen, punktuellen Programmen zur politischen Bildung zu reagieren.

Die Demokratie als Lebensform braucht mehr Raum im Unterricht der allgemein- und berufsbildenden Schulen”.

Dieses Verständnis muss die Bildungslandschaft erst recht auch die Ausbildungs- und Studiengänge für Pädagoginnen. Über die besten Wege dazu, stehen wir mit Fachverbänden im Austausch und sind für Anregungen offen.

 

11. Wahlprüfstein:

Kinder- und Jugendbeteiligung landesweit und in Bezirken ausbauen und sichern

Kinder und Jugendliche stärker in Politik miteinzubeziehen und sie für politische Prozesse zu interessieren, ist ein wichtiges und bereits oft angekündigtes Ziel....(mehr)

Kinder und Jugendliche stärker in Politik miteinzubeziehen und sie für politische Prozesse zu interessieren, ist ein wichtiges und bereits oft angekündigtes Ziel. Leider werden weder die bestehenden Partizipationsmöglichkeiten in einem ausreichenden Umfang genutzt, noch ist der Informationsstand der Zielgruppe über ihre Mitwirkungsmöglichkeiten befriedigend.
Dies gelingt nur über eine nachhaltige, dem Alter angemessene Einbeziehung der Interessen der Kinder und Jugendlichen in den politischen Alltag auf allen Ebenen. Jegliche Partizipationsbemühung ist nur sinnvoll, wenn sie eine tatsächliche Mitbestimmung von Kindern und Jugendlichen nach sich zieht. “Alibi-Beteiligungen” führen dazu, dass junge Menschen entmutigt werden und sich nicht ernst genommen fühlen. Nur ernst gemeinte Mitbestimmung motiviert und fördert das Vertrauen von Kindern und Jugendlichen in demokratische Grundwerte.
Ein wichtiges Gremium sind die bezirklichen Kinder- und Jugendparlamente. Damit sie attraktiv werden, müssen sie vom jeweiligen Bezirksamt besonders unterstützt und gefördert werden. Dies ist in nur wenigen Bezirksämtern der Fall.
Es fehlt an einer Evaluation über den Wirkungsgrad dieser Aktivitäten mit gesicherten Erkenntnissen, wie viele und welche Kinder und Jugendliche in Bezirken und auf Landesebene bisher erreicht bzw. nicht erreicht wurden (mit besonderer Berücksichtigung des Alters, des Geschlechts, der besuchten Schulart und der sozialen und kulturellen Herkunft).
Ebenso fehlen gesicherte Kenntnisse über die Aktivitäten der Koordinierungsstellen und Kinder- und Jugendbüros in den einzelnen Bezirken, insbesondere im Hinblick auf Rede-, Antrags- und Anhörungsrechte der Einrichtungen in den Ausschüssen der Bezirksverordnetenversammlung, der Einbindung in interne Verwaltungsabläufe (Bestand an Koordinations-, Zielvereinbarungen usw.) und der Ausstattung mit Sach- und Personalmitteln.

Fragen:
• Wie beurteilen Sie den Stand der Partizipation von Kindern und Jugendlichen auf Landesebene und in den Bezirken?
• Wie kann die Kinder- und Jugendbeteiligung im Land und im Bezirk strukturell gesichert werden?
• Halten Sie eine Evaluation des Standes der Partizipation von Kindern und Jugendlichen für sinnvoll?

Antworten der SPD, CDU, Die Linke, Bündnis 90/ Die Grünen und FDP

Antwort der SPD

Wie        beurteilen           Sie          den        Stand    der         Partizipation      von        Kindern und Jugendlichen auf Landesebene und in den Bezirken?

Das Spektrum der Kinder- und Jugendbeteiligungen ist breit und vielfältig in den Berliner Bezirken und im Land. Es gibt sehr erfolgreiche Kinder- und Jugendbüros in den Bezirken und im Land, es gibt erfolgreiche Kinder- und Jugendparlamente, es gibt die Jugendwahl „U18“, es gibt den Landesjugendring und es gibt vor allem die schulischen Beteiligungsstrukturen (GSV, BSA, LSA). 2020 haben alle zwölf Bezirke durch das Jugendfördergesetz zweieinhalb Planstellen für Kinder- und Jugendbeteiligung erhalten. Deren Wirkungsmöglichkeiten sind zu stärken und auszubauen. Wir sehen aber auch viele vor allem soziale Unterschiede in den Bezirken. Wir müssen also Beteiligungsmöglichkeiten gerade dort eröffnen, wo sie nicht bereits vom Elternhaus mitgegeben wurden.

Wie kann die Kinder- und Jugendbeteiligung im Land und im Bezirk strukturell gesichert werden?

Mit dem Jugendfördergesetz haben wir die Kinder- und Jugendbeteiligung im Land und Bezirk erstmalig auf gesetzliche Füße gestellt und finanziell abgesichert. Jetzt wird es darum gehen, einheitliche und verbindliche Standards der Jugendbeteiligung zu formulieren. Zudem brauchen wir mehr Verzahnung zwischen den einzelnen Beteiligungsformaten und eine finanzielle Ausstattung. Neben einem Gremienbudget werden wir auch dem Jugenddemokratiefonds weitere Perspektiven eröffnen und ihn ausbauen. Um insbesondere die schulischen Gremien mit dem notwendigen Know-how auszustatten, setzen wir uns für eine Vertrauensperson für diese Gremien ein.

Halten Sie eine Evaluation des Standes der Partizipation von Kindern und Jugendlichen für sinnvoll?

Ja, eine Evaluation des Standes der Partizipation von Kindern und Jugendlichen hält die SPD für sehr sinnvoll. Mit den Jugendbeteiligungs- und Fördergesetz haben wir einen ersten und wichtigen Aufschlag gemacht. Es geht mir aber auch darum zu schauen, wie es mit der Partizipation insbesondere von Schüler*innen in den Schulen aussieht. In einigen Schulen gibt es nach wie vor keine funktionierende GSV. Das darf nicht sein. Die SPD steht für die eigenständige und demokratische Schule.46

Antwort der CDU

Wie        beurteilen           Sie          den        Stand    der         Partizipation      von        Kindern und Jugendlichen auf Landesebene und in den Bezirken?

Wir wollen die Partizipationsmöglichkeiten aller Berliner Schülerinnen und Schüler stärken und hierfür die notwendigen strukturellen Rahmenbedingungen

schaffen. Allen Schülervertretungen, über die Schülerinnen und Schüler im Alltag an schulischen Entscheidungsprozessen mitwirken, wollen wir jährlich ein festes Budget in Höhe von 1 Euro pro Schüler zur Verfügung stellen. Hiervon können schulbezogene Projekte umgesetzt werden, die nach Antragstellung durch die Schülervertretungen von einer Lehrkraft freigegeben werden.

 

Antwort Die Linke

Wie beurteilen Sie den Stand der Partizipation von Kindern und Jugendlichen auf Landesebene und in den Bezirken?

DIE LINKE setzt sich dafür ein, dass Kinder und Jugendliche an allen sie und ihre Zukunft betreffenden Entscheidungen beteiligt werden. Seit vielen Jahren kämpfen wir dafür, dass junge Menschen früher als bisher das ihnen zustehende Recht wahrnehmen können, zu wählen und gewählt zu werden. Wir möchten an dieser Stelle daran erinnern, dass DIE LINKE mit in Regierungsverantwortung stand, als 2006 erstmals 16- und 17jährige an den Wahlen zu den Bezirksverordnetenversammlungen teilnehmen konnten und als 2010 Kinderrechte in der Berliner Landesverfassung verankert wurden. Ein nächster Schritt ist die erst kürzlich beschlossene Schaffung der gesetzlichen Grundlagen, damit 16jährige künftig als Bürgerdeputierte in den Ausschüssen der Bezirksverordnetenversammlungen mitentscheiden können.

Das von der rot-rot-grünen Koalition 2019 verabschiedete Jugendförder- und Beteiligungsgesetz sieht zudem zwingend vor, dass Kinder und Jugendliche beteiligt werden müssen, wenn es um die Entscheidung über die Mittelverwendung geht. Mit diesem Gesetz wird die Kinder- und Jugendarbeit in Berlin von einer „freiwilligen“ zu einer kommunalen Pflichtaufgabe mit verbindlichen ein- wohnerorientierten Ausstattungsstandards. Damit hat die rot-rot-grüne Koalition für die Kinder- und Jugendarbeit gemäß § 11 SGB VIII völlig neue Bedingungen geschaffen, wofür sich DIE LINKE besonders eingesetzt hat. Mit der Umsetzung des Gesetzes verbunden ist eine fest verabredete Anschubfinanzierung im Umfang von 25 Mio. Euro von 2020 bis 2023. Nun liegt es in der bezirklichen Verantwortung, in den Jugendförderplänen, die gegenwärtig von den bezirklichen Jugendhilfeausschüssen erarbeitet werden, dafür die entsprechende Schwerpunktsetzung vorzunehmen und gemeinsam mit den Kindern und Jugendlichen die Angebote, Maßnahmen und Projekte zu definieren, die vor Ort benötigt werden.

Wie kann die Kinder- und Jugendbeteiligung im Land und im Bezirk strukturell gesichert werden?

Zeitgemäße Formen der digitalen Mitbestimmung sind für Kinder und Jugendliche und ihr Engage- ment unerlässlich. Wir wollen deshalb insbesondere die Stärkung der Medienkompetenz und die Unterstützung für Angebote der jugendpolitischen Bildungsarbeit fördern und den Jugenddemokratiefonds finanziell aufstocken. Wir wollen zudem erneut eine Initiative zur Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre für die Wahlen zum Abgeordnetenhaus starten. Bei der Aufnahme der Kinderrechte ins Grundgesetz setzen wir uns auch weiterhin dafür ein, dass diese Formulierung nicht hinter der UN-Kinderechtskonvention und der geltenden Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zurückbleibt.

Halten Sie eine Evaluation des Standes der Partizipation von Kindern und Jugendlichen für sinnvoll?

Wir halten es für sinnvoll, Bestehendes in regelmäßigen Abständen zu hinterfragen und dafür den fachlichen Austausch zu suchen. Wichtig ist für uns dabei, dass Kinder und Jugendliche an einem solchen Evaluationsprozess angemessen beteiligt werden.

 

Antwort der Bündnis 90/ Die Grünen

Wie        beurteilen           Sie          den        Stand    der         Partizipation      von        Kindern und Jugendlichen auf Landesebene und in den Bezirken?

Die Partizipation von Kindern und Jugendlichen auf Landesebene und in den Bezirken haben wir durch die Verabschiedung des Jugendfördergesetzes, das in einem breiten Beteiligungsprozess erarbeitet wurde, festgeschrieben. Bei der Erarbeitung eines grünen Familienfördergesetzes haben wir außerdem die grüne Idee von Kinder- und Jugendbeteiligung mit eingebracht. Es geht um die Beteiligung von jungen Menschen und Familien:

1) Die Beteiligung von jungen Menschen entsprechend ihrem Entwicklungsstand und von Familien an allen sie unmittelbar betreffenden Entscheidungen und Maßnahmen der Jugendhilfebehörden ist zu gewährleisten. Sie sind rechtzeitig, in geeigneter Form und möglichst umfassend zu unterrichten. Mit ihnen sollen persönliche Gespräche geführt werden. Sie sind berechtigt, eine Person ihres Vertrauens zu beteiligen.

  • In den Einrichtungen der Jugendhilfe sollen durch Interessensvertretungen der jungen Menschen Möglichkeiten der Mitwirkung sichergestellt
  • In jedem Bezirk sind darüber hinaus geeignete Formen der Beteiligung von jungen Menschen und Familien an der Jugendhilfeplanung und anderen sie betreffenden Planungen zu entwickeln und organisatorisch sicherzustellen. Dabei ist der Bezirksschülerausschuss in die Beteiligung einzu- Die Aufgaben nach Satz 1 und 2 sind unmittelbar dem für Jugend und Familie zuständigen Mitglied des Bezirksamtes zuzuordnen und fachlich zu unterstützen, zu betreuen sowie vom Jugend- hilfeausschuss zu begleiten. Den jungen Menschen und Familien soll Gelegenheit gegeben werden, ihre Interessen und Belange herauszufinden, sie zu äußern und sie gegenüber den verantwortlichen Personen und Stellen zu vermitteln. Über die Maßnahmen und Erfahrungen soll dem Jugendhil- feausschuss regelmäßig berichtet werden.

 

Antwort der FDP

Wie        beurteilen           Sie          den        Stand    der         Partizipation      von        Kindern und Jugendlichen auf Landesebene und in den Bezirken?

Fortschritt und Veränderung bringen unsere Stadt voran. Wir blicken optimistisch in die Zukunft und gestalten den gesellschaftlichen Wandel positiv für Berlin. Freie Demokraten möchte Menschen ermutigen und ertüchtigen, sich in die öffentlichen Angelegenheiten einzubringen.

Wir wollen in allen Bezirken Kinder- und Jugendparlamente mit Rechten und Befugnissen zur Wahrnehmung ihrer Interessen gegenüber den Bezirksverordnetenversammlungen einrichten. Das aktive Wahlalter soll auf 16 Jahre gesenkt werden.

Der Regierende Bürgermeister Michael Müller und Bürgermeister Dr. Klaus Lederer haben kürzlich erklärt:

“Insbesondere die Bewältigung der Corona-Pandemie und ihrer gesundheitlichen, sozialen und wirtschaftlichen Folgen belastet den Landeshaushalt in zuvor nie dagewesener Weise und macht allein bis Ende 2021 eine Neuverschuldung des Landes Berlin in Höhe von bis zu 7,3 Milliarden Euro notwendig. (…) Die Rückzahlung dieser neuen Schulden, die ab 2023 beginnen wird, wird den Berliner Haushalt voraussichtlich bis 2050 mit jährlich 270 Millionen Euro belasten. Vor diesem Hintergrund müssen dauerhaft finanziell wirksame Maßnahmen einer kritischen Abwägung unterzogen und zugleich Umsetzungszeiträume mit einer deutlich längerfristigen Perspektive betrachtet werden.”

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat am !0 Mai 2021 erklärt: “Der Kassensturz wird kommen. Aber an der Bildung dürfen wir nicht sparen.”

Freie Demokraten, deren Gründereltern wie Theodor Heuss von Staatsbürgerschule Friedrich Naumanns beeinflusst und überzeugt waren, stimmen der Meinung des aktuellen, aber auch des ersten Bundespräsidenten zu: “Die Demokratie als Lebens- wie als Staatsform lebt vom Mitmachen”. Dafür wollen wir ermutigen und die Prioritäten setzen.

Noch einmal zum Antrag der FDP im Abgeordnetenhaus: “Im Interesse der gesellschaftlichen Erfordernisse, zeitlichen Ressourcen, aber auch der Erholungsbedürfnisse von Schülerinnen, Schülern und Lehrkräften sind die Bildungsinhalte kritisch zu hinterfragen und zu fokussieren. Dabei erfordert die Sicherung der Bildungsqualität einen neuen Fokus der Bildungsdebatte. Dabei muss zur notwendigen Erörterung moderner Methoden, die zum Beispiel das Lernen lehren, endlich die Verständigung auf einen unerlässlichen Kern an Inhalten von überzeitlichem Bildungswert treten.” Auch die Partizipation von Kindern und Jugendlichen verdient eine Evaluation, wenn sie verbessert werden soll, weil sie Potenzial hat besser zu werden.

 

 

12. Wahlprüfstein:

Antidiskriminierungsarchitektur für Berliner Schulen aufbauen

Im Dezember 2018 wurden im Berliner Schulgesetz für den Diskriminierungsschutz wichtige Ergänzungen und Veränderungen vorgenommen....(mehr)

Im Dezember 2018 wurden im Berliner Schulgesetz für den Diskriminierungsschutz wichtige Ergänzungen und Veränderungen vorgenommen. Seitdem gilt für Berliner Schulen: „Jeder junge Mensch hat ein Recht auf zukunftsfähige, diskriminierungsfreie schulische Bildung und Erziehung ungeachtet insbesondere einer möglichen Behinderung, der ethnischen Herkunft, einer rassistischen Zuschreibung, des Geschlechts, der Geschlechtsidentität, der sexuellen Orientierung, des Glauben, der religiösen oder politischen Anschauungen, der Sprache, der Nationalität, der sozialen und familiären Herkunft seiner selbst und seiner Erziehungsberechtigten oder aus vergleichbaren Gründen.“ (§ 2, Abs. 1 Berl. SchulG). Mit dem im Juni 2020 in Kraft getreten Landesantidiskriminierungsgesetz (LADG) wurden darüber hinaus für Berlin bestehende Schutzlücken für den Bereich Schule geschlossen. Hiermit nimmt das Land Berlin beim Antidiskriminierungsrecht eine Vorreiterrolle ein. Damit allerdings dieses de jure hohe Schutzniveau auch zu einem de facto hohen Schutz für die von Diskriminierung betroffenen Schüler*innen und ihre Eltern führen kann und Betroffene tatsächlich auch ihre Rechte auf Diskriminierungsfreiheit in Schulen verwirklichen können, spielen der Aufbau einer qualifizierten Antidiskriminierungsarchitektur für Berliner Schulen eine maßgebliche Rolle. Wesentliche Elemente hierfür bilden leicht zugängliche Informationen über Rechte von vulnerablen Schüler*innen und derer Eltern, eine verlässliche Finanzierung von unabhängigen Beratungs- und Unterstützungsstrukturen bzw. der bereits bestehenden Anlauf- und Beschwerdestellen sowie diskriminierungskritische Fortbildung des Schulpersonals. Auch eine Stärkung des Amtes der*s Antidiskriminierungsbeauftragten für Schulen ist hierzu ein wichtiger Schritt.

Fragen:
• Welche Vorstellungen haben Sie für den Aufbau einer wirksamen Antidiskriminierungsstruktur in Schulen?

• Wie wollen Sie die Zusammenarbeit und Verzahnung der verschiedenen schulischen, staatlichen und zivilgesellschaftlichen Akteur*innen im Rahmen einer ineinandergreifenden Antidiskriminierungsarchitektur sicherstellen?

• Welche Maßnahmen werden Sie in der kommenden Legislaturperiode vorschlagen und ggf. umsetzen?

• Wie wollen Sie die Umsetzung der Maßnahmen überprüfen und nachhaltig sichern (Monitoring)?

Antworten der SPD, CDU, Die Linke, Bündnis 90/ Die Grünen und FDP

Antwort SPD

Welche Vorstellungen haben Sie für den Aufbau einer wirksamen Antidiskriminierungsstruktur in Schulen?

Berlin ist mit der Einrichtung einer Antidiskriminierungsbeauftragten bei der Bildungsverwaltung bundesweiter Spitzenreiter. Die große Leistung der oder des Antidiskriminierungsbeauftragten ist es, das Dunkelfeld an Diskriminierungsfällen zu erhellen. Diese Stelle ist jedoch in den Verwaltungsaufbau eingegliedert und verfügt über keinerlei Durchgriffsrechte. Die Arbeit ist abhängig von der Kooperationsbereitschaft der beteiligten Personen und Schulen. Daher wollen wir diese wichtige Struktur um eine Unabhängige Beschwerdestelle ergänzen, die beim Polizei- und Bürgerbeauftragten des Parlaments angesiedelt ist. Die Beschwerdestelle wäre damit unabhängig, weisungsungebunden und mit den notwendigen Befugnissen und Expertise ausgestattet. Das Kompetenzspektrum einer solchen Institution ist umfassender und das Vertrauen der Bevölkerung größer als bspw. bei einer Ombudsstelle und wird deshalb auch von den Migranten-Selbstorganisationen (MSO) unterstützt. Schließlich soll der Antidiskriminierungsbeauftragte und die Beschwerdestelle um eine Fachstelle für intersektionelle Bildung und diskriminierungskritische Schulentwicklung ergänzt werden. Letztere ist für die Bereitstellung eines ausreichenden Fortbildungsangebots, die Erstellung von Arbeitsmaterialien sowie die Zusammenarbeit mit weiteren Trägern und Akteuren zuständig.

Wie wollen Sie die Zusammenarbeit und Verzahnung der verschiedenen schulischen, staatlichen und zivilgesellschaftlichen Akteur*innen im Rahmen einer ineinandergreifenden Antidiskriminierungsarchitektur sicherstellen?

Schulen sind keine Insel. Die Antidiskriminierungsstrategie muss den sozialraum mitdenken. Das schließt insbesondere auch die dortigen Träger und Akteure ein. Insgesamt setzen wir hier auf einen Dreiklang: Wir stärken die diskriminierungskritische Arbeit innerhalb der Verwaltung, insbesondere durch die entscheidende Rolle der Antidiskriminierungsbeauftragten. Zweitens verzahnen wir die verschiedenen Institutionen und zivilgesellschaftlichen Akteure in der Breite und Unterstützen die Schaffung diskriminierungskritischer Konzepte für die einzelnen Bildungsstandorte und Regionen. Drittens stärken wir die Beschwerdestrukturen als Auffangnetz, für den Fall, dass die ersten Beiden Punkte im konkreten Fall nicht ausreichen.

Welche Maßnahmen werden Sie in der kommenden Legislaturperiode vorschlagen und ggf. umsetzen?

Die Arbeit mit unseren Schüler*innen muss diskriminierungsfrei sein. Auch hier gilt unser diskriminierungskritischer Verwaltungsarbeit, lokalen und regionalen Antidiskriminierungskonzepten und einer unabhängigen Beschwerdestelle. Neben der Umsetzung dieses Dreiklangs werden wir uns insbesondere für einen Erhalt des Neutralitätsgesetztes im Lichte der aktuellen Rechtsprechung einsetzen. Weiterhin kämpfen wir für eine rassismus- und kolonialsensible Überarbeitung von Rahmenlehrplan, Schulcurricula und Lehr- und Lernmaterialien. Wir stärken Fortbildungsmodule zu Diskriminierung, Rassismus und Postkolonialismus und führen verpflichtend diskriminierungskritische Module in die Ausbildung pädagogischer Fachkräfte ein und fördern die Vielfalt bei den Pädagog*innen im Schuldienst.

Wie wollen Sie die Umsetzung der Maßnahmen überprüfen und nachhaltig sichern (Monitoring)?

Die unabhängige Beschwerdestelle beim Parlament hat die Aufgabe klare, schulspezifische Definitionen von Diskriminierung und ihren Effekten bereitzustellen. Zudem ist sie für die partizipative Entwicklung von Standards für Beschwerdeverfahren in Schule und Verwaltung und die kontinuierliche Umsetzung von Antidiskriminierungsrichtlinien und Behindertenrechtskonventionen zuständig. Damit wird auch der Weg geebnet für eine standardisierte Erhebung von Antidiskriminierungs- und Gleichstellungsdaten für das Berliner Bildungswesen, die u.a. valide Aussagen zur Qualitätsentwicklung und Nachhaltigkeit ermöglichen. Damit ist bspw. auch eine Erfolgskontrolle der obigen Strukturen und insbesondere der Umsetzung von Handlungsempfehlungen der Beschwerdestelle möglich

 

Antwort der CDU

Welche Vorstellungen haben Sie für den Aufbau einer wirksamen Antidiskriminierungsstruktur in Schulen?

Wir werden eine Meldepflicht der Schulen für antisemitische Vorfälle sowie Übergriffe aus anderen religiösen Motivationen konsequent durchsetzen.

Wir werden verpflichtende Lehrerfortbildungen für den Umgang mit Antisemitismus und Rassismus in der Schule verankern.

Wir werden an allen Schulen Schutzkonzepte für Schülerinnen und Schüler entwickeln und umsetzen. An jeder Schule soll es einen Anti-Mobbing- Beauftragten als konkrete Ansprechperson geben, der den Opfern unverzüglich helfen sowie schnell und konsequent die Aufklärung von Vorfällen verfolgen muss. Die Schülerinnen und Schüler sollen über eine App Hilfsangebote erhalten und konkrete Ansprechpartner nutzen.

In der Absenkung der Klassengrößen sehen wir den konkreten Ansatzpunkt einer Anti-Mobbing-Strategie, die unsere Schulen zu echten Schutzräumen macht. Durch kleinere Klassen wird es Lehrkräften leichter möglich sein, Veränderungen im Verhalten der Kinder frühzeitig zu erkennen und die in den schulischen Schutzkonzepten verankerten Maßnahmen einzuleiten. Um Mobbing- und Gewaltvorfälle zu reduzieren, benennen wir konkrete Ansprechpersonen, die den Opfern unverzüglich helfen und schnell und konsequent die Aufklärung von Vorfällen verfolgen. Jugendämter, Präventionsbeauftragten der Polizei sowie Onlineangebote sind hierbei zu berücksichtigen. Alle Schulen müssen Schutzkonzepte gegen sexuelle Gewalt entwickeln und umsetzen.

 

Antwort Die Linke

Welche Vorstellungen haben Sie für den Aufbau einer wirksamen Antidiskriminierungsstruktur in Schulen?

DIE LINKE setzt sich konsequent für eine diskriminierungsfreie Schule ein. Wir haben deshalb die von Ihnen zitierte Schulgesetz-Änderung in § 2 Absatz 1 mit vorangetrieben. In der kommenden Wahlperiode wollen wir unmittelbar an die Erfolge der laufenden Wahlperiode anknüpfen:

Als Teil der rot-rot-grünen Regierungskoalition haben wir 2020 das bundesweit erste Landesanti- diskriminierungsgesetz (LADG) verabschiedet. Es gilt auch für den Bildungsbereich und schließt eine Schutzlücke im bestehenden Antidiskriminierungsrecht: Auch Schüler:innen und Erziehungs- berechtigte können sich jetzt rechtlich zur Wehr setzen, wenn sie Diskriminierung z. B. durch Lehr- kräfte und Erzieher:innen, die Schulaufsicht oder die Senatsverwaltung selbst erfahren. Mit dem ebenfalls 2020 verabschiedeten Bürger- und Polizeibeauftragtengesetz haben wir zusätzlich dazu eine Beschwerdestelle geschaffen, an die Bürger:innen sich künftig auch bei Problemen im Bildungs- bereich wenden können und die mit umfangreichen Befugnissen ausgestattet ist.

Außerdem wollen wir die 2016 eingerichtete Stelle und den Einfluss des/-r Antidiskriminierungs- beauftragten bei der Senatsbildungsverwaltung strukturell stärken und dafür sorgen, dass Informa- tionen zu den verschiedenen Beschwerde- und Unterstützungsmöglichkeiten künftig noch besser bei Schüler:innen und Eltern ankommen.

Wie wollen Sie die Zusammenarbeit und Verzahnung der verschiedenen schulischen, staatlichen und zivilgesellschaftlichen Akteur*innen im Rahmen einer ineinandergreifenden Antidiskriminierungsarchitektur sicherstellen?

In den beiden letzten Doppelhaushalten hat die rot-rot-grüne Koalition die Mittel für Antidiskrimi- nierung und Prävention im Schulbereich deutlich ausgebaut (zu den Maßnahmen im Doppel- haushalt 2020/21 siehe RN 2452). Dies gilt insbesondere auch für die Initiative “Berlin tritt ein für Selbstbestimmung und Akzeptanz geschlechtlicher und sexueller Vielfalt“. Explizit verwiesen sei zum Beispiel auf die Schaffung der Fachstelle Queere Bildung (QUEERFORMAT) 2019 und den erheblichen Ausbau der Förderung von ADAS (Anlaufstelle für Diskriminierungsschutz an Schulen) mit dem Doppelhaushalt 2020/21. Auch die Arbeit weiterer Bildungs- und Präventions- programme wollen wir in der kommenden Wahlperiode unterstützen und verstetigen.

Für die Koordinierung der Angebote und Leistungen der verschiedenen Akteur:innen und Träger sehen wir auch weiterhin die Senatsbildungsverwaltung in der Verantwortung, insbesondere die Stelle des:der Antidiskriminierungsbeauftragten. Wir wollen prüfen, wie hier ggfs. durch eine Verankerung im Schulgesetz eine Klarstellung und Bündelung herbeigeführt werden kann. Insbe- sondere im Zusammenspiel mit dem/der neuen Bürger- und Polizeibeauftragten gilt es, die jewei- ligen Zuständigkeiten im Schulbereich neu auszutarieren und klar abzugrenzen sowie bei beiden Stellen für eine angemessene Personalausstattung zu sorgen. Unser Ziel bleibt weiter die Schaffung einer niedrigschwellig ansprechbaren, unabhängigen Beschwerdestelle für den Bildungsbereich.

Welche Maßnahmen werden Sie in der kommenden Legislaturperiode vorschlagen und ggf. umsetzen?

Neben den bereits genannten Maßnahmen sehen wir einen weiteren zentralen Baustein zur Bekäm- pfung von Diskriminierungen an Schulen im Bereich der Aus- und Weiterbildung von Lehrkräften und Erzieher:innen. Sie müssen in die Lage versetzt werden, angemessen mit Diversität umzugehen und entschieden auf Diskriminierungen zu reagieren – und sie müssen für eigene Vorurteilsstruktu- ren sensibilisiert werden, um diskriminierungsfreie Bildungsangebote unterbreiten und alle Kinder und Jugendlichen gleichermaßen adäquat in ihrer Entwicklung begleiten zu können.

Wie wollen Sie die Umsetzung der Maßnahmen überprüfen und nachhaltig sichern (Monitoring)?

Wir halten eine Überprüfung der Strukturen innerhalb der Senatsbildungsverwaltung für zentral, wobei die Unabhängigkeit der Antidiskriminierungsbeauftragten selbst nicht in Frage gestellt werden darf. Wir halten es zudem für notwendig, dass der/die Beauftragte künftig regelmäßig auch dem Abgeordnetenhaus berichtet.

 

Antwort der Bündnis 90/ Die Grünen

Welche Vorstellungen haben Sie für den Aufbau einer wirksamen Antidiskriminierungsstruktur in Schulen?

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN unterstützen die Forderung nach Einrichtung einer Unabhängigen Beschwerdestelle für den Bildungsbereich und haben uns für deren Realisierung bereits in der aktuellen Wahlperiode eingesetzt. Eine gesetzliche Verankerung dieser Stelle sowie ihrer Aufgaben und Kompetenzen unterstützen wir. Ob dafür das Berliner Schulgesetz geeignet ist oder es anderweit ger, zum Beispiel eigenständiger Regelungen bedarf, werden wir prüfen. Für eine sachgemäße Ausstattung werden wir uns im Rahmen der Haushaltsberatungen einsetzen. Dabei ist uns besonders wichtig, diese Stelle in enger Zusammenarbeit und unter Einbeziehung der NGOs, Träger und Ex- pert*innen der Zivilgesellschaft aufzubauen.

In der aktuellen Wahlperiode hat die Grüne Fraktion ein umfangreiches Gesamtkonzept gegen Diskriminierung an Berliner Schulen entwickelt (https://gruene-fraktion.berlin/empoerung-reicht-nicht- fuer-ein-gesamtkonzept-gegen-diskriminierung-an-berliner-schulen/). Wir wollen verbindliche und niedrigschwellige Beschwerde- und Interventionsstrukturen etablieren, die Schüler*innen und Eltern auch über ihre Rechte nach dem Landesantidiskriminierungsgesetz aufklären und Sanktionen einlei- ten können. Wir wollen eine unabhängige Beschwerdestelle für den Bildungsbereich einrichten, jeder Berliner Schule eine diskriminierungskritische Organisationsentwicklung ermöglichen, verbindliche Fort- und Weiterbildungen für pädagogisches Schulpersonal und Sozialarbeiter*innen an- bieten. Wegen der besonderen Verantwortung wollen wir Leitungspersonal mit besonderer Priorität schulen.

Außerdem müssen diese Inhalte im Studium und in der Lehramtsausbildung stärker verankert wer- den. Wir wollen Unterricht etablieren und Lehrmaterialien zur Verfügung stellen, in denen unterschiedliche Familienformen und Lebenskonzepte gleichermaßen abgebildet und gewürdigt werden und in denen über alle Formen von Rassismus, Antisemitismus, Antiziganismus, Ableismus, Queerfeindlichkeit, Sexismus und die Stigmatisierung psychischer Krankheiten aufgeklärt wird. Im Lehr- plan soll eine verbindliche, kritische Auseinandersetzung mit Kolonialismus und rassistischen und anderen diskriminierenden Stereotypen verpflichtend verankert werden. Sexuelle Bildung muss über biologische Aufklärung hinausgehen und gezielt auch weibliche Sexualität behandeln. Queere Sexualität und die Aufklärung aller Geschlechter zu Themen der Einvernehmlichkeit und Emanzipation müssen enttabuisiert und umfassend in den Unterricht integriert werden. Dafür werden wir die Fachstellen für queere Bildung und für intersektionale Bildung weiter stärken. Wir wollen ge- schlechtersensible Pädagogik und Didaktik fördern, damit Kinder sich frei von Rollenstereotypen entfalten können. Historische Leistungen von Frauen in Naturwissenschaften und Technik, Politik und Gesellschaft finden im Unterricht bisher zu wenig Beachtung. Das hat Auswirkungen auf die Berufswahl und das spätere Einkommen: Zu wenig Mädchen entscheiden sich für MINT-Berufe und zu wenig Jungen für soziale Berufe. Deshalb wollen wir bei der Jugendberufsagentur Berlin ge- schlechtersensible Berufsberatungsangebote fördern.

Wir treten zudem für die hochschulgesetzliche Verankerung von standardisierten Antidiskriminie- rungsmaßnahmen an Berliner Hochschulen ein und wollen weisungsunabhängige Antidiskriminie- rungsberatungsstellen und -beschwerdestrukturen auf Hochschulebene für Studierende sowie für Angehörige und Mitarbeiter*innen der Hochschulen einrichten.

Die personellen und finanziellen Ressourcen der Stelle der Antidiskriminierungsbeauftragten bei der Senatsbildungsverwaltung wollen wir weiter stärken. Die Funktionsfähigkeit der Stelle darf dabei jedoch nicht von der Besetzung der Senatsverwaltung abhängen sondern muss durch eine klare Festlegung der Aufgaben, Kompetenzen und Befugnisse wie z.B. Informations- und Interventions- rechte bestimmt sein. Dabei wollen wir auf die Erfahrungen und die Expertise der zivilgesellschaftli- chen Akteur*innen in diesem Bereich zurückgreifen.

Wir halten es für einen großen politischen Fehler, dass die Qualifizierungsreihe eingestellt wurde, und werden uns für eine umgehende Wiederaufnahme in der kommenden Wahlperiode einsetzen.

 

Antwort FDP

Welche Vorstellungen haben Sie für den Aufbau einer wirksamen Antidiskriminierungsstruktur in Schulen?

Wir erwarten, dass die Senatsverwaltung für Bildung ihren Bildungsauftrag und damit auch die Antidiskriminierung ernst nimmt. Wir setzen darauf, dass die Schulen und Hochschulen ihre Verpflichtungen sehen, wenn die Diskriminierung sich vor Ort zeigt. Ferne Beauftragte können dabei nur begleitend und beratend wirken.

Vorhandene Strukturen müssen mit Leben gefüllt werden, die die Ausübenden nicht überwältigen, oder, wenn sie unbesetzt bleiben, zugunsten dezentraler Aktivitäten (Schulaufklärungsprojekte) aufgelöst werden. Verstärkte Aktivitäten der Prävention verringern die Notwendigkeit massiver Repression. Wir setzen dabei auch auf die Kooperation mit sozialräumlichen Organisationen und den Peer-to-Peer-Dialog. Von Lehrkräften ist es zu erwarten, dass sie selbstverständlich einen diskriminierungsfreien Unterricht gestalten.

In der öffentlichen Verwaltung, bei der Polizei, der Feuerwehr und in den Einrichtungen der Bildung und Ausbildung wollen wir die interkulturelle Kompetenz erhöhen.

Die FDP Berlin hat die Herausforderungen der Diversität für Lehrende und Lernende in ihrem „ABC der Vielfalt“ erörtert. Das Thema Vielfalt soll verbindlich in die Schulkultur verankert werden. Es reicht nicht, sich darauf zu verlassen, dass Vielfalt das “private Steckenpferd” interessierter Lehrkräfte ist. Der Einsatz für Vielfalt ist eine Querschnittsaufgabe im Unterricht. Er muss in Fächern wie Ethik, Religion, Politische Weltkunde in allen Schulfächern problematisiert, vor allem aber in allen anderen Fächern bis hin zum Sport praktiziert werden. Dabei geht es darum, tradierte Rollenbilder zu hinterfragen

Der weiteren Diskussion zum Beschwerde- besser zur Qualitätssicherung im Diversitätsmanagement steht die FDP offen gegenüber.

Vielfalt sollte in Lehrmitteln (Schulbücher, Medien und Arbeitspapiere) dargestellt werden. Dies könnte dazu beitragen, dass Schülerinnen und Schüler Menschen unterschiedlicher (sozialer und ethnischer) Herkunft und geschlechtlicher Identität vorurteilsfrei begegnen sowie die Werte unterschiedlicher Kulturen kennenlernen und reflektieren. So wird die Resilienz aller Schüler trainiert, also die Fähigkeit, schwierige Lebenssituationen ohne anhaltende Beeinträchtigung zu überstehen und zu bewältigen. Das stärkt die psychische Kraft im Umgang mit menschlicher Vielfalt (“Heterogenitätsmanagement”). Dies ermöglicht ein diskriminierungsfreies Zusammenleben. Diversitätsmerkmale sollen nicht pathologisiert werden. Die Aufklärung zur Rolle sozialer Medien als Multiplikationsplattform zur (Anti-)Diskriminierung aber auch als Kommunikationsmittel insgesamt muss im Unterricht verankert sein.

Alle Maßnahmen müssen nach definierten und messbaren Kriterien und Zielen ausgeführt werden und regelmäßig ausgewertet und optimiert werden.

 

 

 

13. Wahlprüfstein:

Landesweite*r Beauftragte*r für Kinderrechte und Kinderschutz

Durch die Pandemie haben sich die sozialen Auswirkungen für Kinder und Ihre Familien verschärft. Hinzu kommt der Anstieg von häuslicher Gewalt und den Kindesmisshandlungen, sowie Kindesmissbrauch....(mehr)

Durch die Pandemie haben sich die sozialen Auswirkungen für Kinder und Ihre Familien verschärft. Hinzu kommt der Anstieg von häuslicher Gewalt und den Kindesmisshandlungen, sowie Kindesmissbrauch.
In Berlin gibt es bestehende Präventionsnetzwerke zu den Themen Kinderrechte und Kinderschutz. Bisher wird deren Tätigkeit aber noch nicht auf Verwaltungsebene koordiniert. Teil der Koordinierung könnte es sein, in regelmäßigen Abständen den Bezirksverordnetenversammlungen und dem Abgeordnetenhaus einen Bericht über die Einhaltung der Kinderrechte und die Partizipation von Kindern und Jugendlichen vorzulegen.
Dies kann in enger Zusammenarbeit mit den Mitwirkungsgremien von Kindern und Jugendlichen in den Bezirken und auf Landesebene geschehen.
Es fehlt an einer Ansprechstelle, die alle im Land Berlin erlassenen Gesetze und Verordnungen auf die Beachtung der Rechte des Kindes prüft und als direkte Ansprechpartnerin im Falle der Verletzung der Kinderrechte zur Verfügung steht.
Für diese Aufgaben wird es von Fachleuten für sinnvoll gehalten, eine/n landesweite/n Beauftragte/n für Kinderrechte und Kinderschutz zu berufen.
Berlin würde mit der Einführung einer/s landesweiten Beauftragten ein bundesweites Beispiel schaffen und die Forderung nach Einführung von Kinderrechten ins Grundgesetz unterstützen.

Fragen:
• Wie können die Kinderrechte und der Kinderschutz in Berlin mehr Unterstützung bekommen?
• Unterstützen Sie die Forderung nach einem/r landesweiten Beauftragten für Kinderschutz in Berlin?

Antworten der SPD, CDU, Die Linke, Bündnis 90/ Die Grünen und FDP

Antwort SPD

Wie können die Kinderrechte und der Kinderschutz in Berlin mehr Unterstützung bekommen?

Berlin ist hinsichtlich Kinderrechten gar nicht so schlecht aufgestellt. Beispielsweise enthält die Berliner Verfassung anders als das Grundgesetz in Art. 13 der Berliner Verfassung Kinderrechte, die in der Gesetzgebung beachtet werden. In der letzten Legislaturperiode haben wir mit dem Familienfördergesetz und dem Jugend- Beteiligungsgesetz wichtige Vorhaben zur Abstimmung gebracht. Insbesondere aus schulischer Perspektive brauchen wir allerdings noch eine gesetzliche Verpflichtung der Schulen zur Erstellung von Kinder- und Jugendschutzkonzepten, wie es bereits für die Träger der freien Jugendhilfe verpflichtend ist.

Unterstützen Sie die Forderung nach einem/r landesweiten Beauftragten für Kinderschutz in Berlin?

Die SPD unterstützt die Forderung nach einem/r landesweiten Beauftragten für Kinderrechte und Kinderschutz.50

 

Antwort der CDU

Wie können die Kinderrechte und der Kinderschutz in Berlin mehr Unterstützung bekommen?

Wir werden die Früherkennungsuntersuchungen (U1-U11) im Rahmen des Einladewesens für die Eltern verbindlich (mit Bußgeldtatbestand) im Berliner Kinderschutzgesetz verankern. Jedes Kind soll regelmäßig von einem Kinderarzt gesehen werden.

Ebenfalls im Kinderschutzgesetz Berlin werden wir verbindlich für die Jugendämter eines jeden Bezirks ein Kinderschutzteam zentral mit entsprechender Ausstattung (Kinderschutzmobil, Smartphones, Tablets/Laptops) einrichten. Diese Teams erhalten eine besondere Zulage (nach TV-L).

Kinderschutz ist uns wichtig bei verfestigter Kriminalität in familiären Strukturen bzw. innerhalb des Familienverbands, wie z.B. bei kriminellen Clanfamilien. Das Kindeswohl muss auch hier im Vordergrund stehen. Eine Koordinierungsstelle unterstützt die bezirklichen Jugendämter darin, entsprechende Verfahren bei den Familiengerichten zu führen.

Wir wollen eine Anti-Mobbing-Strategie im Berliner Kinderschutzgesetz verankern. Bei Mobbing- oder Gewaltgeschehen muss es eine Melde- und Reaktionspflicht der Schulen geben. Mobile Anti-Mobbing-Teams in den Bezirken sind bei uns Standard und sollen schnelle Hilfe bei solchen Vorfällen leisten.

 

Antwort Die Linke

Wie können die Kinderrechte und der Kinderschutz in Berlin mehr Unterstützung bekommen?

Der Kinderschutz steht auch künftig ganz weit oben auf der Agenda der Partei DIE LINKE. Das Netzwerk Kinderschutz hat sich auch unter Corona-Bedingungen bewährt. Wir wollen es mit dem Schwerpunkt auf Prävention und frühe Hilfen auch künftig fördern und konzeptionell weiterentwickeln. Mit der noch in dieser Wahlperiode geplanten Verabschiedung eines Berliner Familienfördergesetzes schaffen wir dafür gute Voraussetzungen. Die Belange des Kinderschutzes wollen wir auch bei der Personalausstattung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (ÖGD) berücksichtigen. Außerdem wollen wir dafür Sorge tragen, dass der Kinderschutz auch in Not- und Gemeinschaftsunterkünften für Geflüchtete jederzeit oberste Priorität hat.

Darüber hinaus wird sich DIE LINKE auf Bundesebene weiterhin für eine Aufnahme von Kinder- rechten ins Grundgesetz stark machen. Dabei setzen wir uns dafür ein, dass die konkreten Formu- lierungen nicht hinter der UN-Kinderechtskonvention und der geltenden Rechtsprechung des Bun- desverfassungsgerichts zurückbleiben. Auch in Berlin kämpft DIE LINKE für die Stärkung der Rechte von Kindern und Jugendlichen (siehe z.B. WPS 4 zum Recht auf inklusive Bildung, WPS 11 zur Betei- ligung von Kindern und Jugendlichen an allen sie betreffenden Angelegenheiten und WPS 5 zum Kampf gegen Kinderarmut).

Unterstützen Sie die Forderung nach einem/r landesweiten Beauftragten für Kinderschutz in Berlin?

DIE LINKE setzt sich dafür ein, dass Netzwerk Kinderschutz mit dem Schwerpunkt auf Prävention und Ausbau früher Hilfen auch künftig zu fördern, auszubauen und konzeptionell weiterzuentwic- keln. Eine Kinderschutzbeauftragte bzw. ein Kinderschutzbeauftragter auf Landesebene kann dazu einen wichtigen Beitrag leisten.

Wir begrüßen in diesem Kontext auch die mit dem Kinder- und Jugendstärkungsgesetz auf Bundes- ebene erfolgte Einführung einer gesetzlichen Verpflichtung zur Einrichtung von unabhängigen und fachlich nicht weisungsgebundenen Ombudsstellen für alle Bereiche der Kinder- und Jugendhilfe im § 9a. Für DIE LINKE war und ist es dabei wichtig, dass sich dieser Rechtsanspruch direkt an junge Menschen richtet, unabhängig von den Eltern, Sorgeberechtigten oder anderen Erwachsenen. Damit werden die Rechte junger Menschen und ihrer Familien auch in Berlin deutlich gestärkt.

 

Antwort der Bündnis 90/ Die Grünen

Wie können die Kinderrechte und der Kinderschutz in Berlin mehr Unterstützung bekommen?

Wir werden weiterhin auf Bundesebene für Kinderrechte im Grundgesetz streiten und uns mit Vehemenz dafür einsetzen. Damit junge Menschen ihre Ideen und Rechte auch wirksam einfordern und einbringen können, wollen wir niedrigschwellige Beteiligungsgremien wie Kinder- und Jugendparlamente stärken.

Es gilt zu prüfen, ob und wie die Kinderrechte ins Schulgesetz aufgenommen werden können. Insgesamt gilt, dass Kinderrechte auf der rechtlichen Grundlage umgesetzt werden müssen, die es schon gibt, z.B. im Grundgesetz.

Unsere Idee bei der Verabschiedung eines Familienfördergesetzes für Berlin ist die Einrichtung einer Ombudsstelle. Gemäß den Vorgaben in § 9a des Achten Buches Sozialgesetzbuch können sich junge Menschen und ihre Familien zur Beratung in sowie Vermittlung und Klärung von Konflikten im Zusammenhang mit Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe nach § 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch und deren Wahrnehmung durch die öffentliche und freie Jugendhilfe an eine unabhängige und fachlich nicht weisungsgebundene Ombudsstelle wenden. Sie sind berechtigt, eine Person ihres Vertrauens mit zu beteiligen.

 

Antwort FDP

Wie können die Kinderrechte und der Kinderschutz in Berlin mehr Unterstützung bekommen?

Die Rechte der Kinder in Deutschland und auf der ganzen Welt haben für Freie Demokraten selbstverständlich oberste Priorität. Um die Situation von Kindern zu verbessern, brauchen wir eine gute Familien-, Bildungs- und Sozialpolitik.

Für uns ist Bildung der Schlüssel zu einem selbstbestimmten Leben. Die Chance zum sozialen Ausstieg hängt heute mehr denn je von der Bildung ab. Deshalb wollen wir, dass modernste Bildung in Deutschland zum Standard wird.

Die Corona-Krise darf nicht zu einer fundamentalen Chancen-Krise für Kinder und Jugendliche wird, fordert die FDP

  • den unkomplizierten Zugang zu Bildung für alle,
  • die Digitalisierung für individuelles, effizientes und motivierendes Lernen zu nutzen,
  • bundesweit einheitliche Bildungsstandards und Abschlüsse,
  • die Verbesserung der frühkindlichen Bildung in Krippen und Kindergärten,
  • Freiheit und Autonomie für Schulen und Hochschulen

Gewalt gegen und sexuelle Belästigung von Kindern und Jugendlichen in Einrichtungen, die öffentliche Mittel beziehen, können zur kompletten Streichung der jeweiligen Mittel führen. Themen wie körperliche Selbstbestimmung, Konsens und gegenseitiger Respekt sollen in Kindergärten und Schulen altersgerecht behandelt und die Kinder und Jugendlichen entsprechend sensibilisiert werden. Wir setzen uns für regelfinanzierte Zentren der Präventionsarbeit gegen häusliche Gewalt ein. Dort sollen alle Angebote für Opfer unter einem Dach gebündelt werden. Die ganze Familie bekommt psychologische und sozialpädagogische Betreuung. Die Präventionsarbeit ist dabei ein wichtiger Bestandteil.

Für die Diskussion um die Position eines/einer Beauftragten für Kinderschutz hat die FDP Berlin ein offenes Ohr. Mit der Einrichtung darf aber nicht die Illusion verbunden werden, die Querschnittsaufgabe Kinderschutz sei damit auf eine Person abgewälzt und erledige sich dann von selbst. die Politik bleibt hier in der Pflicht, ihre Verantwortung in der Politik für Kinder, Jugend und Familie zu sehen und wahrzunehmen.