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Rituale

„Durch die Rituale in unserer Klasse fühlen wir uns wohl und geborgen und können angstfreier lernen.“

Mit dem Begriff „Ritual“ wurde ursprünglich ein religiöser Brauch bezeichnet, der bestimmte Sprachformeln, Gesten und Handlungen in einer ihm eigenen Ordnung umfasst. Rituale bestimmten in der Vergangenheit die individuellen Lebensübergänge (z.B. Hochzeit, Tod), die Gemeinschaftsaktivitäten (z.B. Jagd) und die jahreszeitlichen Übergänge (z.B. Sonnenwendfeiern, Frühlingsfeste). Durch den Missbrauch von Ritualen in der Zeit der Nationalsozialismus wurden diese vor allem durch die 68er-Generation aufgrund des entmündigenden Charakters und der Manipulation des*der Einzelnen zunächst zurückgedrängt. Durch die demokratische Entwicklung der Gesellschaft erleben Rituale heute vor allem auch in der allgemeinpädagogischen und religionspädagogischen Diskussion eine Renaissance. 

Rituale haben verschiedene Funktionen: 

  • Rituale wirken durch ihre Symbolhandlungen als Signal und werden durch alle Beteiligten sofort verstanden. 
  • Sie strukturieren den zeitlichen Ablauf eines Tages ebenso wie den Ablauf des Jahres und bilden Eckpunkte von Lebensphasen. 
  • Rituale fördern die Entwicklung von sozialer Kompetenz in der Gruppe ebenso wie die Integration. Sie sprechen den ganzen Menschen an und geben dabei Sicherheit, reduzieren den Entscheidungsdruck und fördern die Konzentration. 
  • Rituale haben eine Dynamik, sollten nie aufgezwungen werden und sich im Laufe der Zeit weiterentwickeln und verändern.

Rituale sind auf freiwilligen, angstfreien Konsens angelegt und entfalten immer auch eine bestimmte Symbolkraft, die von den Beteiligten sofort verstanden wird und über den reinen Sachzweck hinaus funktioniert. Zum Beispiel ist ein Morgenkreis nicht nur eine Gesprächsrunde, in der Sachinformationen ausgetauscht werden, sondern auch eine symbolische Handlung, die allen Beteiligten Zusammengehörigkeit vermittelt. Eine demokratische Lernkultur praktiziert bewusst solche Rituale und erzeugt dadurch Kontinuität und Vertrautheit in einer Gemeinschaft. 

Für Kinder und Jugendliche sind die gemeinschaftsstiftenden Funktionen vertrauter Rituale äußerst wichtig. Sie stellen ordnungs- und orientierungsbildende Strukturen her und ebnen den Weg zum sozialen Engagement und zur Beteiligung. 

Rituale sind schrittweise einzuüben und regelmäßig zu praktizieren. Dabei sind interaktive Strukturen und kindliche Variationen wichtige Aspekte. Im Hinblick auf die Demokratiepädagogik in Schulen beziehen sich Rituale auf 

  • Arbeitssituationen: Gesprächsrituale, Morgenkreis, Klassenrat, Phasen des Rhythmisierens etc., 
  • das Zusammenleben: Anerkennungsrunde, sich wiederholende Feieranlässe, Schulversprechen, Schulvollversammlung etc. 
Medien: Literatur, Downloads, Links, Videos
  • von der Groeben, Annemarie (Hg.) (2009): Rituale in Schule und Unterricht. 
  •  Kunze, Arnulf (2004): Alles hängt mit allem zusammen – Vom Nutzen der Differenz. In: Friedrich Jahresheft 2004 „Heterogenität“, S. 110-113. 
  • Miller, Reinhold (1994): Lehrerinnen und Lehrern zugeschaut. Ein Ideenmosaik für Rituale im Schulalltag. In: Pädagogik 1/1994, S. 13-17. 
  • Riegel, Enja (1994): Rituale oder die Kultur des Zusammenlebens. In: Pädagogik 1/1994, S. 6-9. 
  • Reinbacher-Kaulen, Brigitte (2007): Haben Ordnung und Disziplin Platz in einer Reformschule?. In: Pädagogik 1/2007, S. 21-24. 
  • Wermke, Michael (Hg.) (1997): Rituale und Inszenierungen in Schule und Unterricht.  
  • Winkler, Ameli (1994): Rituale in der Grundschule. In: Pädagogik 1/1994, S. 10-12. 
  • Staatliches Seminar für Didaktik und Lehrerbildung (GHS) Albstadt Pädagogik, Straub, c.: Die pädagogische Bedeutung von Ritualen http://www.pb.seminar-albstadt.de/bereiche/paedagogik/paed/rituale.pdf