Otto Herz, ein Leben für Lernfreude und Bildungsgerechtgkeit
Mit großer Trauer haben wir vom Tod unseres geschätzten Kollegen, Freundes und Wegbegleiters Otto Herz am Heilig Abend 2024 erfahren. Sein unermüdlicher Einsatz für eine gerechtere Welt und für die Wertschätzung der Einzigartigkeit eines jeden Kindes hat viele Menschen inspiriert und bewegt.
Otto Herz, geboren 1944, war ein Pädagoge, Psychologe, Bildungsforscher und Bildungsaktivist mit Leib und Seele. Seine eigene Schulzeit, geprägt von demütigenden Erfahrungen, motivierte ihn zeitlebens, sich für eine Schule einzusetzen, in der jedes Kind die Möglichkeit hat, seine Talente zu entfalten. Seine Geschichte, wie ihn die konsequente Ermunterung durch die Familie Freudenberg dazu bewog, eine akademische Laufbahn einzuschlagen, förderte seinen unbedingten Willen, sich weiterzuentwickeln und sein Wissen mit anderen zu teilen.
Als Präsident des Schülerparlaments der Odenwaldschule und später als Student der Psychologie, Pädagogik, Philosophie und Theologie schärfte er seinen Blick für gesellschaftliche Ungerechtigkeiten und entwickelte eine tiefe Überzeugung von der Bedeutung einer „Bildung mit Kopf und Gemüt, mit Herz und Hand“. Insbesondere sein Lehrer Wolfgang Edelstein prägte ihn nachhaltig und weckte sein Interesse an politischen und gesellschaftlichen Zusammenhängen. Die tiefgründigen Diskussionen mit Edelstein, die oft bis in die Morgenstunden andauerten, schulten Ottos Dialogfreude und Urteilsfähigkeit und sein Gespür für die individuellen Bedürfnisse jedes einzelnen Menschen.
Seine Überzeugung, dass die Aufgabe der Schule darin besteht, das Gelingen zu organisieren und nicht das Misslingen zu dokumentieren, spiegelte sich in all seinen beruflichen Tätigkeiten – gerade auch in praktischer Unterrichtstätigkeit und als Gewerkschafter – wieder. In zahlreichen Veröffentlichungen und Vorträgen setzte er sich für eine Schule ein, in der Vielfalt als Bereicherung gesehen und jedes Kind energisch in seiner kostbaren Besonderheit gefördert wird. Otto Herz erkannte die Notwendigkeit der Verschränkung von pädagogischem Einfühlungsvermögen, theologisch-philosophischer Reflexion und reformfreudiger Schulentwicklung mit einem politischen Engagement des langen Atems. Mit dieser selten gewordenen Verbindung in seinem Engagement verkörperte er für Jüngere wie Ältere eine mitreißende Ermutigung, die in Klassenzimmern, Lehrerzimmern und Schulleitungsberatungen ebenso Früchte trug wie in Schuladministrationen, bei freien und öffentlichen Schulträgern und nicht zuletzt in familialen Anforderungskonstellationen.
Bis zuletzt engagierte sich Otto Herz unermüdlich für seine Ideale. Ebenso weitherzig wie unnachgiebig trat er für Mitmenschlichkeit in einem ihm selbstverständlichen weiten Horizont weltanschaulich-religiöser Verschiedenheit ein. So war er auch in den vergangenen vier Jahren ein aktives Mitglied der Projektgruppe Kirchentag der Deutschen Gesellschaft für Demokratiepädagogik e.V. Bei zahlreichen Treffen, etwa in Salem, Reckahn oder Bremen, brachte er sich mit unerschöpflicher Energie und Kreativität ein. Seine Mitwirkung bei der Gestaltung des Messestands auf dem Deutschen Evangelischen Kirchentag 2023 in Nürnberg und seine Beteiligung an den Vorbereitungen für den Kirchentag 2025 in Hannover sind nur zwei Beispiele für sein großes Engagement. Otto Herz hatte die wunderbare Fähigkeit, Menschen mitzunehmen und ihnen das Gefühl zu geben, gebraucht und geschätzt zu werden. Wer mit ihm zusammenarbeitete, erlebte hautnah, was es heißt, ein wahrer Menschenfreund zu sein.
Wir halten das Andenken an Otto Herz in Ehren und führen sein Vermächtnis fort.
(Nachruf von Michael Siegel und Wolfgang von Rechenberg)