Gespräche zu

Demokratie, Bildung und Teilhabe in der Migrationsgesellschaft

Deutschland ist eine Migrationsgesellschaft, in der Migration als gesellschaftliche Realität anerkannt ist und grundsätzlich zur Normalität gehört. Dennoch haben nicht alle Menschen die gleichen Möglichkeiten, an gesellschaftlichen Prozessen teilzuhaben, da „Migration“ weiterhin als Kriterium genutzt wird, um Zugehörigkeiten und Unterschiede festzulegen. Dies stellt die schulische und außerschulische Demokratiebildung vor besondere Herausforderungen: Wie kann in einer Gesellschaft, in der migrationsbedingte Ungleichheiten bestehen, demokratiepädagogische Arbeit gelingen?

Ein umfassendes Verständnis von Demokratiebildung richtet sich an alle Mitglieder der Gesellschaft und orientiert sich an den spezifischen Erfordernissen der Arbeit mit heterogenen Gruppen. Besonders im Fokus stehen junge Menschen, die in verschiedenen sozialen Räumen zur aktiven Teilhabe befähigt werden sollen – insbesondere in der schulischen und außerschulischen Bildung.

Vor diesem Hintergrund veranstaltete die DeGeDe am 4. Oktober 2023 in Kooperation mit der Heinrich-Böll-Stiftung in Berlin den Fachtag „Demokratiebildung in der Migrationsgesellschaft“. Diese Veranstaltung, gefördert durch das Bundesprogramm „Demokratie leben!“, brachte Expert*innen aus Wissenschaft und Praxis zusammen, um migrationsbedingte Diskriminierungen in Bildungsprozessen zu thematisieren. Die wichtigsten Diskussionen und Ergebnisse des Fachtages präsentieren wir in einer wöchentlichen Interviewreihe, die eine tiefgehende Auseinandersetzung mit der Frage ermöglicht, wie Demokratiepädagogik angesichts migrationsgesellschaftlicher Herausforderungen erfolgreich gestaltet werden kann.

In dieser Interviewreihe wird thematisiert, wie Demokratiepädagogik in einer Migrationsgesellschaft so umgesetzt werden kann, dass migrationsbedingte Ungleichheiten abgebaut und Ausgrenzungen vermieden werden. Im Mittelpunkt stehen dabei die Förderung von Selbstwirksamkeit, Verantwortungsübernahme und kritischer Reflexion. Es ist von zentraler Bedeutung, dass Demokratiebildung nicht nur Wissen und formale Teilhabe vermittelt, sondern auch die sozialen und strukturellen Voraussetzungen für echte demokratische Partizipation schafft. Die Beiträge der Interviewreihe erklären ein breites Spektrum an Herausforderungen und Lösungsansätzen, die für eine inklusive und diskriminierungskritische Demokratiebildung in der Migrationsgesellschaft erforderlich sind. Sie stammen sowohl aus der Wissenschaft als auch aus der Praxis und widmen sich verschiedenen Fragestellungen im Kontext demokratiepädagogischer Ansätze in einer von Migration geprägten Gesellschaft.

Als nächstes freuen wir uns das Interview mit Demokrat Ramadani und Diana Finkele zu teilen!

Dr. Michael Bigos

Dr. Michael Bigos ist Vertretungsprofessor für Soziologie und Internationale soziale Arbeit an der Fachhochschule Erfurt. Seine Arbeits- und Forschungsschwerpunkte sind soziale Ungleichheit, Demokratiebildung, Diversität und (digitale) Teilhabe. Außerdem leitet er das digiLab an der Universität Mainz.

Demokrat Ramadani & Diana Finkele

Diana Finkele leitet seit 2004 das Grafschafter Museum im Moerser Schloss. Sie konzipierte und organisierte die Mittelalterliche Lernstadt im Grafschafter Musenhof (Eröffnung 2010), sowie die neuen Dauerausstellungen im Moerser Schloss (Eröffnung 2013) und im Haus der Demokratiegeschichte im Alten Landratsamt (Eröffnung 2022). Seit 2013 ist sie zudem Erste Betriebsleiterin der Eigenbetriebsähnlichen Einrichtung Bildung der Stadt Moers, in deren Rahmen 2022 die Fachstelle für Demokratie neu aufgebaut wurde. 

Demokrat Ramadani hat Politikwissenschaften, Jura und Demokratiepädagogik studiert. Er ist ausgebildeter Theaterpädagoge und Trainer in verschiedenen Demokratie- und Antidiskriminierungsprogrammen („Betzavta – Mehr als eine Demokratie“, „Social Justice & Diversity“, „Diversitätspsychologie“) und übt Lehraufträge u.a. für Demokratietheorie und Demokratiepädagogik an der Uni Duisburg-Essen, FU Berlin, Uni Bielefeld aus. Zuletzt leitete er die Fachstelle für Demokratie der Stadt Moers. 

Sabine Mühlich & Sebastian Felsner

Sabine Mühlich begleitete als pädagogische Mitarbeiterin das Modellprojekt Demokratische Schule des Kreisjugendring Dachau konzeptionell und in der direkten Zusammenarbeit an den einzelnen Schulen. Frau Mühlich arbeitet als Religionspädagogin schon viele Jahre vor allem an Mittelschulen und Grundschulen. Gegenwärtig berät sie unterschiedliche kirchliche Berufsgruppen in den ersten Dienstjahren im Religionsunterricht an verschieden Schularten. Frau Mühlich unterstützt als Moderatorin Schulen in der werte- und wahrnehmungsorientierten Schulentwicklung (WWSE®)).Sie ist als interkulturelle Trainerin und Beraterin tätig. 

Sebastian Felsner begleitete das Modellprojekt Demokratische Schule des Kreisjugendring Dachau im Rahmen seiner über fünfjährigen Tätigkeit beim Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV e.V.) von Anfang an. Felsner ist gegenwärtig als Projektleitung im Bereich BNE und Klimaschutz an der Stabsstelle Kommunales Bildungsmanagement beim Pädagogischen Institut – Zentrum für Kommunales Bildungsmanagementder Landeshauptstadt München, als Lehrbeauftragter für Pädagogik am Lehrstuhl für Allgemeine Pädagogik und Bildungsforschung (Prof. Dr. Bernhard Schmidt-Hertha) der Ludwig-Maximilians-Universität München sowie als ADTV-Tanzlehrer in der TWS Tanz GmbHin München tätig. Felsner ist studierter Soziologe (B.A., M.A.) und Pädagoge (M.A.).

Aline Zubi & Sara Samir

Aline Zubi: (sie/ihr) ist kopftuchtragende Lehrerin für Geschichte, Ethik und Philosophie an einem Gymnasium in Hessen. Sie ist darüber hinaus zertifizierte Antidiskriminierungstrainerin mit einem besonderen Fokus auf (antimuslimischen) Rassismus und die Geschichte des Wissens in der Migrationsgesellschaft Deutschland. Ihr wissenschaftliches Interesse erstreckt sich auf intersektionale Diskriminierungserfahrungen und die Rolle von Bildung in der Migrationsgesellschaft. Zudem engagiert sie sich besonders für Empowerment in der Kinder- und Jugendarbeit im Vereinskontext und setzt sich dafür ein, für eine machtkritische Perspektive in der Bildungslandschaft zu sensibilisieren. 

Sara Samir: (sie/ihr) ist gebürtige Darmstädterin mit irakisch-iranischer Migrationsgeschichte und Lehrerin für Deutsch und Philosophie/Ethik an einer Gesamtschule. Sie ist in der außerschulischen Bildungsarbeit als Antidiskriminierungstrainerin mit einem besonderen Fokus auf die Diskriminierungsdimension Rassismus tätig. In ihrer Arbeit widmet sie sich vor allem der Frage, wie Bildungsräume chancengerechter und empathischer gestaltet werden können. Ihr wissenschaftliches Interesse gilt intersektionalen Diskriminierungserfahrungen, der Rolle von Bildung in der Migrationsgesellschaft und der Bedeutung von Postkolonialismus und Machtkritik. 

Anne Gabrikowski

Soziale Wertschätzung in Schulen
Anne Gabrikowski studierte gymnasiales Lehramt in Marburg, sowie berufsbegleitend Sonderpädagogik für Lernen und Emotional-soziale Entwicklung. Derzeit ist sie als Lehrerin in Berlin-Neukölln tätig. Nach ihrem Studium der demokratiepädagogischen Schulentwicklung arbeitet sie auf institutioneller Ebene daran, gelebte Vielfalt und Basisdemokratie im Schulalltag zu verankern. Ihr Schwerpunkt liegt in der Konzeption und Umsetzung partizipativer Schulstrukturen. 

Pierre Asisi

Migrationsgesellschaft, Neukölln und kiez:story
Pierre Asisi ist wissenschaftlicher Mitarbeiter mit Schwerpunkt auf historische politische Bildung und multidirektionales Erinnern im Berliner Büro von ufuq.de. Dort leitet er das Projekt „kiez:story“, in dem Jugendliche sich selbst auf die Suche nach Geschichtszeugnissen in ihrem Kiez und familiären Umfeld machen. Er hat Politikwissenschaft in Wien studiert.