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Klassenrat

„Endlich haben wir einen Ort, wo wir über Probleme nicht nur reden, sondern auch Lösungen finden können, aber auch über unser Lernen mit entscheiden können.“

Der Klassenrat ist ein partizipatives Lernarrangement. Er ist der schulische Lernort für Demokratie, wo für Kinder und Jugendliche durch Anerkennung, Wertschätzung und Gleichwertigkeit Demokratie als Lebensform erfahrbar wird. Demokratie etabliert sich „im Kleinen“ gegen Rechtsextremismus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit. 

Kinder bzw. Jugendliche übernehmen Verantwortung für das Zusammenleben innerhalb der Klasse und darüber hinaus in der Schulgemeinschaft. Die gemeinsame Verantwortung ermöglicht eine demokratische Lebensform, die sich nachhaltig und positiv auf das Klassenklima und die Schulkultur auswirkt. Konsequenterweise sollte der Klassenrat nicht nur in einer Klasse eingeführt, sondern auf den gesamten Jahrgang bzw. auf die ganze Schule ausgeweitet werden. Die Vertretungen der einzelnen Klassen stehen in der ständigen Kommunikation mit den Gremien der Schüler*innenmitbestimmung der Schule. So entsteht eine demokratische Schulkultur in der ganzen Schule und das Demokratielernen kann nachhaltig auf die Akteur*innen und auf die Schule als Institution einwirken. Gleichzeitig wird die UN-Kinderrechtskonvention (Art. 12, 13) von 1989 innerschulisch umgesetzt. 

Der Klassenrat findet, fest in den Stundenplan integriert, nach Möglichkeit wöchentlich als Gesprächs-, Entscheidungs- und Reflexionsrunde statt. Die Sitzungen werden von einer*einem Schüler*in moderiert. Diese Moderator*innen werden für eine bestimmte Zeit gewählt bzw. in einem Rotationsverfahren bestimmt und sind verantwortlich für die Durchführung. Es hat sich bewährt, dass weitere Kinder/Jugendliche Verantwortung übernehmen, z.B. für das Sammeln der Tagesordnungspunkte, das Schreiben des Protokolls, die Kontrolle der Sprechzeiten etc. Im Konsens oder per Mehrheitsentscheid werden gemeinsam Regeln, Rechte und Pflichten, Ämter und Aufgaben festgelegt. Die für die Klassen verantwortliche Lehrkraft hat wie alle anderen Stimmrecht im Klassenrat. Der Klassenrat berät, diskutiert und entscheidet gemeinsam über selbstgewählte Inhalte wie Projekte, Lernvorhaben, Konflikte, gemeinsame Aktivitäten sowie aktuelle (schul-)politische Ereignisse. 

Ab der zweiten Jahrgangsstufe in der Grundschule kann das Ritual des Morgenkreises in den Klassenrat als basisdemokratisches und diskursives Lern- und Selbstverwaltungsarrangement übergehen. Dabei ist die Rolle der begleitenden Lehrkräfte abhängig vom Alter der Schüler*innen. Zunächst, vor allem in Jahrgangsstufe 2 und 3, werden sie eine anleitende Rolle haben, damit die Regeln und Verfahren gelernt werden, danach nur noch für kurze Zeit nach der Einführung des Klassenrats. 

Zunehmend übernehmen die Kinder bzw. Jugendlichen selbst immer mehr Verantwortung, bis sie und die Lehrkräfte als gleichberechtigte Mitglieder des Klassenrats auf Augenhöhe agieren. 

Bereits in der Grundschule werden die Kinder zunächst über Probleme, Konflikte und Ungerechtigkeiten sprechen wollen. Aber auch die Vorbereitung der Klassenfahrt, die Durchführung, Evaluierung oder Präsentation eines Projekts oder Erfahrungen mit bürgerschaftlichem Engagement in der Gemeinde sind Themen für den Klassenrat. Mit zunehmendem Alter wollen und können die Jugendlichen auch gemeinsam mit den Lehrkräften Lerninhalte und Service-Learning-Projekte sowie Aktionen planen, durchführen und reflektieren. Es ist erfolgversprechend, wenn Kinder und Jugendliche durch Feedback-Prozesse ihren Klassenrat reflektieren und wenn die begleitenden Lehrkräfte durch den gemeinsamen Diskurs die Qualität des Umgangs miteinander im Klassenrat steigern und Ansätze von Diskriminierung und Beschämung aufspüren und sichtbar machen. 

Der Klassenrat als Lern-Arrangement erfreut sich zunehmender Beliebtheit als Bottom-up-Ansatz demokratiepädagogischer Schulentwicklung. Dies gilt auch für die Schulen der Sekundarstufe I und II. Es ist von zentraler Bedeutung, dass der Klassenrat in den festen Stundenplan integriert wird.  

Bisher geben fünf Bundesländer den Klassenrat als Lern-Arrangements demokratischer Schulentwicklung für alle Schulformen verbindlich vor (Bremen und Rheinland-Pfalz seit 2020, Thüringen 2021/22, Saarland 2021, Berlin 2022/23,). In zahlreichen weiteren Bundesländern wird der Klassenrat aktuell in die Rahmen- bzw. Bildungspläne und in die Demokratiebildung aufgenommen (u.a. in Baden-Württemberg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Hamburg). 

Initiativen zum Klassenrat
Medien: Literatur, Downloads, Links, Videos
  • Deutsche Gesellschaft für Demokratiepädagogik e.V. (Hg.) (2016): Hommage an die Demokratiepädagogik – 10 Jahre DeGeDe. Sammlung von Veröffentlichungen aus 10 Jahren Deutsche Gesellschaft für Demokratiepädagogik. Online: https://degede.de/wp-content/uploads/2019/06/degede-festschrift-2016-10jahre.pdf [letzter Zugriff: 21.08.2023]. 
  • Edelstein, Wolfgang; Frank, Susanne; Sliwka, Anne (Hg.) (2009): Praxisbuch Demokratiepädagogik. Sechs Bausteine für Unterrichtsgestaltung und Schulalltag. 
  • Edelstein, Wolfgang (2010): Ressourcen für die Demokratie. Die Funktionen des Klassenrats in einer demokratischen Schulkultur. In: Aufenanger, Stefan; Hamburger, Franz; Ludwig, Luise; Tippelt, Rudolf (Hg.): Bildung in der Demokratie [1]. 
  • Friedrichs, Birte (2009): Praxisbuch Klassenrat. Gemeinschaft fördern, Konflikte lösen, Demokratie lernen.  
  • Giese, Christiane; Schmermund, Lara; Haufe, Katja (2004): Demokratie-Baustein „Klassenrat“. Online: https://www.blk-demokratie.de/fileadmin/public/dokumente/Bausteine/bausteine_komplett/Klassenrat.pdf [letzter Zugriff: 21.08.2023]. 
  • Deutsche Gesellschaft für Demokratiepädgogik (Hg.) (2018): Klassenrat – Herzstück einer demokratischen Schule. Eine Einführung für Pädagog*innen. Online: https://www.degede.de/wp-content/uploads/2018/08/2018-paedagoginnen.pdf [letzter Zugriff: 21.08.2023].  
  • Kiper, Hanna (2003): Mitbestimmen lernen im und durch den Klassenrat. In: Palentin, Christian; Hurrelmann, Klaus (Hg.): Schülerdemokratie. Mitbestimmung in der Schule, S. 192-210. 
  • Kovermann, Brigitta (2002): Der Klassenrat. Ein demokratisches Unterrichtskonzept. In: Lernchancen (2002/27), S. 16-23. Online: https://www.fimem-freinet.org/sites/default/files/0003_kovermann_2002_der_klassenrat.pdf [letzter Zugriff: 21. 08.2023]. 
  • Roos, Alfred (Hg.) (2007): Klasse werden – Klasse sein! Von Klassenregeln, Klassenrat, Gruppenfeedback und Wir-Werkstatt. Eine Handreichung zur Stärkung der Beteiligung von Schülerinnen und Schülern.  
Links mit Videos zum Lernarrangement Klassenrat der Berliner Klassenratsinitiative