Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Demokratiepädagogik zum Diskussionspapier des BMFSFJ und BMI für ein Demokratiefördergesetz

Die Deutsche Gesellschaft für Demokratiepädagogik (DeGeDe) hat ihre Wurzeln im Engagement gegen neonazistische und rassistische Ausschreitungen Anfang des vorletzten Jahrzehnts. Sie ist die natürliche Verbündete all jener, die in Ländern und Gemeinden das Zusammenleben in einer vielfältigen und pluralistischen Gesellschaft fördern und der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit entgegentreten. Unser Anliegen ist es, in Kontexten von Bildung und Erziehung, demokratiepädagogisch wirksam zu sein, insbesondere bei Kindern und Jugendlichen die Herausbildung von Demokratiekompetenzen zu fördern und in Bildungskontexten jeglicher Art den Diskurs über Demokratiebildung weiterzuentwickeln. Die DeGeDe ist ein Netzwerk von Akteur*innen aus Erziehungs- und Bildungspraxis, erziehungswissenschaftlicher Forschung sowie Bildungsadministration und Bildungspolitik, um nationale und internationale Diskurse zur Demokratiepädagogik zu bündeln, zu setzen und zu fördern. Wir sind der Fachverband für Demokratiepädagogik. Wir setzen uns dafür ein, dass das multiprofessionelle Zusammenwirken von Akteur*innen aus Schule, Jugendhilfe, Zivilgesellschaft, Wissenschaft und non-formalen Bildungssystem sowie Politik erfolgreich gestaltet wird, um den Teilhabewünschen und Teilhaberechten von Kindern und Jugendlichen gerecht zu werden.

Aus diesem Grund begrüßen wir dieses Beteiligungsverfahren und sind dankbar, unsere Perspektive dazu einbringen zu können. Wie im Diskussionspapier bereits ausgeführt, möchten wir die Nutzung der Expertise zivilgesellschaftlicher Initiativen betonen. Vielen der genannten Regelungselementen können wir zustimmen, halten jedoch eine kriterienorientierte und transparente Konkretisierung für erforderlich.

Insbesondere die aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen wie die Zunahme an Menschenrechts- und Demokratiefeindlichkeit macht die Relevanz demokratiepädagogischer und politischer Bildung verstärkt deutlich.

  • Den Zuwachs an Planungssicherheit für den Bund und die Zivilgesellschaft begrüßen wir und erachten dies als dringend notwendig. Solange Initiativen in den Kreisläufen von befristeten Projektmaßnahmen keine Nachhaltigkeit und dauerhafte Strukturen durch gesicherte Förderung aufbauen können, werden die Chancen von proaktiver Demokratieförderung immer wieder begrenzt.
  • Eine Begrenzung auf überregionales Agieren jedoch halten wir für einengend. Dies verhindert die Versorgung von regionalen Problemlagen, denn diese können sich sehr stark voneinander unterscheiden. Wir empfehlen sowohl regionale als auch überregionale Angebote, die sich ergänzen und im Austausch stehen. Durch Konferenzen, Fachtage und Materialien, die auch online zugänglich sind, kann dies gewährleistet sein.
  • Die Träger:innenvielfalt muss unbedingt bestehen bleiben. Unterschiedliche Ansätze und Konzepte garantieren passgenauere Formate für die Nutzer:innen.  Auch kleinere Organisationen und Vereine müssen eine Chance haben und so gefördert werden, dass sie ihre Angebote umsetzen können.
  • Für die Auswahl und die Verteilung der Förderungen sollte ein unabhängiges Gremium eingerichtet werden, um Bevorzugungen zu verhindern. Zudem sollten klare Richtlinien formuliert werden, welche den Missbrauch durch Träger verhindern, welche die demokratischen Grundwerte nicht teilen. Ferner sollte das komplette Verfahren transparent und mit klaren Kriterien unterlegt sein. Für die Vergabe empfehlen wir eine Orientierung am Referenzrahmen zu Demokratiekompetenzen vom „Council of Europe“. Bei der Vergabe sollten entsprechend Kriterien, die auf die Reflexion von Haltungen und Handlungskompetenz zielen, dringend berücksichtigt werden.
  • In bereits bestehenden Projekten wie „Demokratie leben! Aktiv gegen Rechtsextremismus, Gewalt und Menschenfeindlichkeit“ wurden Mittel des Bundes bereitgestellt. Die Festschreibung finanzieller Mittel im Bundeshaushalt für eine strukturelle Förderung sollte nicht zu Lasten der Förderung von Modellprojekten gehen. Initiativen, die neu entstehen, sind auch weiterhin nötig, um Engagement für und Diskurse über die Gestaltung der demokratischen Gesellschaft in Deutschland zu ermöglichen und damit einen Grundkonsens über demokratische Prinzipien zu sichern und neu entstehenden Phänomenen entgegen wirken zu können.
  • Demokratieförderung beinhaltet politische Bildung und Demokratiebildung. Für „Demokratie lernen“ genügt Wissenserwerb allein nicht; gefordert ist Kompetenz, verstanden als die Handlungsfähigkeit und Handlungsbereitschaft, die erforderlich ist, um als mündiger, verantwortungsfähiger Bürger in der modernen Welt bestehen und mitwirken zu können.
  • Zur Förderung von Demokratie als Gesellschaftsform braucht es konkrete Maßnahmen, die umgesetzt werden müssen.
  • Die Umsetzung von Kinderrechten ist ein wichtiger Aspekt, der im Gesetz einen prominenten Platz bekommen sollte.
  • Weiterhin sollte die Rolle der Bundeszentrale für politische Bildung klar definiert werden.
  • Die neusten Erkenntnisse aus der Forschung zu Wirksamkeit sollten in die wissenschaftliche Begleitung und Evaluierung der Fördermaßnahmen einfließen.