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Moralische Erziehung

„Moral ist dem Menschen nicht angeboren, er muß sie erwerben. Moral ist erlernbar und was für Pädagogik noch mehr zählt lehrbar.“ (Georg Lind)

Neben der Familie und der Gruppe der Gleichaltrigen sind Erziehungsinstitutionen, insbesondere die Schulen, zentrale Kontexte der Sozialisation soziomoralischer Kompetenzen. Dies gilt nicht zuletzt, wenn Erfahrungen von Fairness und Empathie in den Familien der Kinder begrenzt oder beeinträchtigt sind. 

Soziomoralische Kompetenzen können in Schulen wirksam werden, weil Kinder dort Gelegenheit zum Austausch mit Gleichaltrigen haben, Erfahrung von Anerkennung durch Gleichaltrige oder Lehrpersonen machen können und Einfluss auf die Gestaltung des schulischen Alltags, des Schullebens nehmen können. Austausch, Anerkennung und Mitwirkung sind entscheidend für die Förderung moralischer Lernprozesse (Edelstein/Oser/Schuster 2001). 

Ein bewährtes Verfahren zur Anregung moralischer Lernprozesse in der Schule ist die Diskussion moralischer Dilemmata (Lind 2003). Auf unterschiedlichen Niveaus der Entwicklung ihrer kognitiven und sozialen Kompetenzen erfahren Kinder und Jugendliche in der Diskussion über moralische Dilemmata unterschiedliche, teils weiter entwickelte Positionen kompetenterer Peers. Sie erfahren, dass die Lösung von Konflikten den Wechsel von einer unilateralen zu einer koordinierten Perspektive voraussetzt, in der Interessen und Bedürfnisse aller einbezogen sind (Blatt/Kohlberg 1975, Kohlberg 1995). 

Neben alltagsrelevanten Dilemmadiskussionen in der Klasse stellen insbesondere Klassenrat und Vollversammlung in der Schule sowie Supervision und Fortbildung von Lehrer*innen Gelegenheitsstrukturen dar, um moralisches Verstehen, die Differenzierung des Urteilsvermögens und gemeinschaftliche Werte in der Schule zu fördern – vom Beginn der Grundschule bis zum Ende der Sekundarstufe. Stets liegt der entsprechenden Diskussion moralischer Fragen die Differenzierung und Koordinierung der individuellen Perspektiven zugrunde (Selman 1984, Edelstein/Oser/Schuster 2001). 

Eine Kultur schulischer Teilhabe, Lernen in Projekten, eine demokratische Schulkultur mit der Praxis basisdemokratischer Einrichtungen (z.B. Klassenrat) und der Förderung sozialen und bürgerschaftlichen Engagements in der Schule und in ihrem  

Umfeld stellen wirksame Gelegenheitsstrukturen zur Entfaltung einer konstruktivistischen Didaktik und zur Qualitätsentwicklung in Schulen dar (Edelstein/ Frank/Sliwka 2009, Haan/Edelstein/Eikel 2007). 

Demokratische und partizipatorische Strukturen fördern die Entwicklung kognitiver wie affektiver Aspekte der soziomoralischen Kompetenzen, denn die Perspektive des*der anderen muss einbezogen werden, um Beziehungen herzustellen, aufrechtzuerhalten oder wieder herzustellen, wenn legitime Ansprüche anderer verletzt wurden (Becker 2008). Zugleich entwickelt sich dabei die Qualität einer demokratischen Schulkultur, die sich, etwa nach Ausweis des Deutschen Schulpreises, als eine zentrale Bedingung der Entwicklung einer guten Schule erwiesen hat. 

Medien: Literatur, Downloads, Links, Videos
  • Becker, Günther (2008): Soziale, moralische und demokratische Kompetenzen fördern: Ein Überblick über schulische Förderungskonzepte. 
  • De Haan, Gerhard; Edelstein, Wolfgang; Eikel, Angelika (Hg.) (2007): Qualitätsrahmen Demokratiepädagogik. 
  • Edelstein, Wolfgang; Frank, Susanne; Sliwka, Anne (Hg.) (2009): Praxisbuch Demokratiepädagogik.  
  • Edelstein, Wolfgang; Oser, Fritz; Schuster, Peter (Hg.) (2001): Moralische Erziehung in der Schule.  
  • Keller, Monika (1996): Moralische Sensibilität: Entwicklung in Freundschaft und Familie. Online: http://library.mpib-berlin.mpg.de/ft/mk/MK_Moralische_1996.pdf [letzter Zugriff: 21.08.2023]. 
  • Kohlberg, Lawrence (1995): Die Psychologie der Moralentwicklung.  
  • Lind, Georg (2003): Moral ist lehrbar. Wie man moralisch-demokratische Fähigkeiten fördern und damit Gewalt, Betrug und Macht mindern kann. 

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