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Urteilsbildung

„Die Fähigkeit des Menschen, begründete Urteile zu treffen und sich davon leiten zu lassen, ermöglicht Freiheit des eigenen Denkens, gegenüber den eigenen Emotionen und in der eigenen Lebensgestaltung.“

Die Urteilsbildung trägt zur Identität der eigenen Person und ihrer Fähigkeit zur Teilhabe an den gesellschaftlichen und politischen Verhältnissen bei. Die Fähigkeit des Menschen, eigene Gründe zu haben, kennzeichnet in anthropologischer Hinsicht den Menschen als handelndes Wesen. Deshalb kulminieren in der Urteilsbildung die zentralen Ziele schulischer Bildung. 

In der Urteilsbildung sind sachliche und moralische Dimensionen verbunden. Sie enthält kognitive und emotionale Anteile. Bei der moralischen Urteilsbildung haben Jean Piaget und Lawrence Kohlberg die kognitiven Anteile in den Mittelpunkt der Analyse gerückt, heute dagegen richtet sich die Forschung verstärkt auf den Anteil von Intuition und Emotion an der moralischen Urteilsbildung. 

Aber Emotion und Kognition sind aneinandergebunden. So kann z.B. eine moralische Empörung nur auf der Grundlage eines kognitiven Wertbezugs entstehen. Ebenso sind sachliche und moralische Dimensionen aneinandergebunden. Denn z.B. basiert eine zweckrationale Urteilsbildung auch auf Werten, da ihre Ziele und Zwecke begründungspflichtig sind und die Begründungen letztlich auch auf Werten beruhen. 

Diese Zusammenhänge machen eine theoretische Konzeptionalisierung zum Zwecke der Förderung in der Schule schwierig. In der aktuellen Diskussion wurde ein Kompetenzmodell entwickelt, das folgende Komponenten enthält: Wahrnehmung der moralischen Relevanz einer Handlungssituation, Bewusstmachen der eigenen Einstellungen und Gefühle, Analyse der Sachverhalte und Reflexion der Folgen, ethisches Basiswissen, Perspektivenwechsel (Empathie und Mitempfinden), Argumentieren und Begründen sowie Entscheiden (in Anlehnung an Reitzert & Hößle, die ihr Kompetenzmodell allerdings domänenspezifisch verstehen). 

Medien: Literatur, Downloads, Links, Videos
  • Ammicht Quinn, Regina et al. (Hg.) (2007): Wertloses Wissen. Fachunterricht als Ort ethischer Reflexion. 
  • Becker, Günter (2008): Soziale, moralische und demokratische Kompetenzen fördern. Ein Überblick über schulische Förderkonzepte.  
  • Dietrich, Julia (2004): Grundzüge ethischer Urteilsbildung. Ein Beitrag zur Bestimmung ethisch-philosophischer Basiskompetenzen und zur Methodenfrage der Ethik. In: Rohbeck, Johannes (Hg.): Ethisch-philosophische Basiskompetenz, S. 65-96. 
  • Edelstein, Wolfgang; Oser, Fritz; Schuster, Peter (Hg.) (2001): Moralische Erziehung in der Schule.  
  • Heilinger, Jan-Christoph; Keller, Monika (2010): Deliberation und Intuition in moralischen Entscheidungen und Urteilen. In: Fischer, Johannes; Gruden, Stefan (Hg.): Die Struktur der moralischen Orientierung: Interdisziplinäre Perspektiven. Ethik interdisziplinär, Nr. 18, S. 163–181. 
  • Horster, Detlef; Oelkers, Jürgen (Hg.) (2005): Pädagogik und Ethik.  
  • Keller, Monika (2005): Moralentwicklung und moralische Sozialisation. In: Horster, Detlef; Oelkers, Jürgen (Hg.): Pädagogik und Ethik, S. 149-172. 
  • Lind, Georg (2003): Moral ist lehrbar. Handbuch zur Theorie und Praxis moralischer und demokratischer Bildung.  
  • Massing, Peter (2003): Kategoriale politische Urteilsbildung. In: Kuhn, Hans-Werner: Urteilsbildung im Politikunterricht. Ein multimediales Projekt. 
  • Nida-Rümelin, Julian (2013): Philosophie einer humanen Bildung.  
  • Pfeifer, Volker (2009): Didaktik des Ethikunterrichts. Bausteine einer integrativen Wertevermittlung.  
  • Reinhardt, Volker (o.J.): Urteilsbildung durch fächerverbindenden und projektorientierten Unterricht am Beispiel des Kopftuchurteils des Bundesverfassungsgerichts.  
  • Sander, Wolfgang; Igelbrink, Christian; Brüggen, Friedhelm (Hg.) (2014): UrteilsBildung – eine lösbare pädagogische Herausforderung. Theoretische Grundlagen und praktische Hinweise.