Kerzen, Schweigeminuten und Beileid für die Angehörigen der Opfer sind wichtig, können aber nicht alles sein!

 

„Zu allererst gelten unser Mitgefühl und unsere Solidarität den Familien und Freunden der Opfer von Hanau. Wir müssen jedoch jetzt noch stärker präventiv handeln“, so Ulrike Kahn von der Deutschen Gesellschaft für Demokratiepädagogik e.V. (DeGeDe) „um dem Rassismus und der Gewalt von morgen entgegenzutreten – und wir müssen dabei in den Kitas beginnen.“

 

Solidarität ist uns wichtig! 

Der Bundespräsident besuchte die Angehörigen der Opfer und sprach zu ihnen, Fußballer hielten vor den Spielen Schweigeminuten ab und in vielen Städten werden Mahnwachen mit Kerzen für die Opfer abgehalten. Auf Pressekonferenzen der Politiker werden mehr Polizeischutz und Razzien angekündigt.

Kerzen, Schweigeminuten und Solidarität sind wichtig, um Haltung zu zeigen, Opfer zu trösten und Polizeischutz, um für Sicherheit gefährdeter Gruppen zu sorgen. Aber reicht es auch, diese blutige Spur und auch Mobbing und Diskriminierung zu beenden? Claudia Roth von den Grünen sprach in einem TV-Special davon, auch Prävention noch stärker zu fokussieren. Die Bundesministerin Franziska Giffey äußerte sich bei Anne Will zu dem Etat. Der Hinweis von Yassin Musharbbash (DIE ZEIT), dass dieser nur einen Euro pro Person für die Prävention in Deutschland zur Verfügung stellt, macht den Bedarf besonders deutlich.


Primärpräventive Ansätze sind unabdingbar…….

Wir von der DeGeDe sind der festen Überzeugung, es muss endlich noch grundsätzlicher präventiv angesetzt werden, in den Kitas, den Schulen, der Jugendarbeit, der Integration, damit die Jugendlichen nicht zu gesellschaftlich Abgehängten und Opfern werden können, sondern sich als Gestaltende erfahren und wir müssen integrativ aktiv werden.

Fachleute wissen, die bisherigen Programme reichen nicht: Kinder, Jugendliche und Erwachsene müssen überall über Partizipation in Bildungseinrichtungen und Gemeinwesen mitgestalten und so gestärkt werden. Dadurch erfahren sie Wertschätzung und auch ihre im Grundgesetz geschützte Würde wird gewahrt.

So erfahren sie nicht nur sich, sondern auch den anderen als Mitmenschen und nicht als Gegner.


…….und bereits erprobt

Die Handlungsformate dazu gibt es, Demokratie in der Kita, Klassenrat, Schülervertretung, Schülerparlament in der Schule, Jugendparlament und Beteiligung auf der kommunalen Ebene, um nur einige zu nennen. Aber sie sind nicht flächendeckend eingeführt, sondern nur an Vorzeigeeinrichtungen. Die Krankenkassen weisen entsprechend auf die steigenden Krankheitsraten hin.

Die Hirnforschung, Sozialforschung, Psychologie etc. zeigen seit Jahren, dass diese vorhandenen Formate zu Selbstwirksamkeit, Resilienz, besseren Schulabschlüssen und weniger Mobbing und Gewalt und damit zu besserer Gesundheit von Schülern, Lehrkräften und Familien führen. Auch Stiftungen wie u.a. die Bertelsmann-Stiftung haben Studien zur Wirksamkeit gemacht.

 

Impulse für demokratische Bildung müssen gesetzt, Ressourcen bereitgestellt werden

Und dennoch passiert zu wenig. Zu wenige Schulen machen sich auf den Weg. Die Ressourcen fehlen, es gibt noch zu wenig begleitende Prozesse der demokratischen diskriminierungskritischen und diversitätsbewussten Schulentwicklung. Die Bildungsverwaltungen schaffen zwar die Rahmenbedingungen, bieten aber nur geringe und keine flächendeckenden exzellenten Unterstützungsmöglichkeiten für die Umsetzung an. In den Einrichtungen werden die innovativen Akteure, die eine Interdependenz der Bildung im Blick haben, durch die wenig flexiblen Personen, die mit keinem Schritt die gewohnten Bahnen verlassen wollen, gebremst

Die Deutsche Gesellschaft für Demokratiepädagogik (DeGeDe), vor 15 Jahren vom damaligen Max-Plank- Direktor Prof. Wolfgang Edelstein u.a. gegründet, setzt sich für eine flächendeckende Einführung der demokratischen Schulentwicklung ein. www.degede.de Die DeGeDe ist eine Vereinigung von Wissenschaftler*innen, Schulpraktiker*innen und Fachleuten für Demokratiepädagogik, Demokratiebildung und demokratische Schulentwicklung. Die DeGeDe macht seit vielen Jahren aufmerksam, spricht mit der Politik, begleitet Akteure, bündelt Forschung als ehrenamtlicher Verein.

„Demokratie ist eine historische Errungenschaft. Sie ist kein Naturgesetz, sondern Ergebnis menschlichen Handelns und muss gelernt werden, individuell und gesellschaftlich“, heißt es im Magdeburger Gründungsmanifest der DeGeDe von 2005.

„Demokratische Schulentwicklung ist wie eine Impfung gegen Rassismus, Diskriminierung, Antisemitismus, Mobbing und Gewaltanwendung aus politischen Gründen.“

Nehmen wir die Morde von Hanau zum Anlass, zu handeln und Räume für das Lernen demokratischen Umgangs zu schaffen!

„Es ist schon lange überfällig, dass wir aufwachen und uns der Zusammenhänge bewusstwerden. Wir müssen einen nachhaltigen demokratischen Habitus in den Schulen und Kommunen einfordern und praktizieren, Ressourcen zur Etablierung desselben zur Verfügung stellen und alle gemeinsam handeln, um die Demokratie wieder auf stabile Füße zu stellen.“ so Ulrike Kahn.

 

Kontakt für weitere Informationen: Ulrike Kahn,
Mitglied im Geschäftsführenden Vorstand der DeGeDe

Mail: Ulrike.Kahn@degede.de Mobil: +491704947603

24.2.2020